Entspricht der Vertragsschluss nicht den Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB, ist aber eine von beiden Parteien unterzeichnete Mietvertragsurkunde vorhanden, die inhaltlich vollständig die Bedingungen eines später mündlich oder konkludent abgeschlossenen Mietvertrags enthält, ist die Schriftform nach § 550 Satz 1 BGB gewahrt1.

Ein Vertrag unter Abwesenden, für den die gesetzliche Schriftform vorgeschrieben ist, kommt grundsätzlich nur dann rechtswirksam zustande, wenn sowohl der Antrag als auch die Annahme (§§ 145 ff. BGB) in der Form des § 126 BGB erklärt werden und in dieser Form dem anderen Vertragspartner zugegangen sind.
So waren in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die materiellrechtlichen Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB für das Zustandekommen eines Vertrags, der einer gesetzlich vorgesehenen Schriftform genügen muss, nicht erfüllt. Denn der Vermieter hat das ihm vom Beklagten durch die Übersendung des unterzeichneten Vertragsentwurfs übersandte Angebot auf Abschluss eines Mietvertrags nicht angenommen, sondern um eine Preisanpassungsklausel ergänzt an diesen zurückgesandt. Damit hat er gemäß § 150 Abs. 2 BGB ein neues Angebot abgegeben. Dieses hat der Beklagte wiederum nicht angenommen, weil er den Nachtrag, der die Preisanpassungsklausel enthielt, nicht unterzeichnet hat. Auch eine solche Annahme unter Einschränkungen gilt nach § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Antrag. Ein Vertragsschluss, der den sich aus § 126 Abs. 2 BGB ergebenden Anforderungen an die Schriftform genügt, liegt daher nicht vor. Der Mietvertrag ist vielmehr nur mündlich oder konkludent durch den Vollzug des Mietverhältnisses zustande gekommen.
Allerdings ist trotz der fehlenden Einhaltung der materiellrechtlichen Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB im vorliegenden Fall das Schriftformerfordernis des § 550 Satz 1 BGB für Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr erfüllt.
Der Bundesgerichtshof hat bereits für den ähnlich gelagerten Fall der verspäteten Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Mietvertrags für die Einhaltung der Schriftform des § 550 Satz 1 BGB entschieden, dass die Einhaltung der bloßen Schriftlichkeit der Erklärungen (äußere Form) zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB ausreicht2. Ein Mietvertrag genügt danach auch dann der Schriftform des § 550 BGB, wenn er inhaltsgleich mit den in der äußeren Form des § 126 BGB niedergelegten Vertragsbedingungen nur mündlich oder konkludent abgeschlossen worden ist. Die Auslegung von § 550 BGB führt unter Berücksichtigung seines Schutzzwecks und seiner Rechtsfolge zu dem Ergebnis, dass § 550 BGB über die Einhaltung der äußeren Form hinaus nicht voraussetzt, dass der Vertrag durch die schriftlich abgegebenen Erklärungen zustande gekommen ist3. § 550 BGB dient in erster Linie dem Informationsbedürfnis des Erwerbers, dem durch die Schriftform die Möglichkeit eingeräumt werden soll, sich von dem Umfang und Inhalt der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zuverlässig zu unterrichten. Diesen Schutzzweck erfüllt eine nur der äußeren Form genügende Mietvertragsurkunde, in der die von beiden Parteien unterzeichneten Bedingungen des später konkludent abgeschlossenen Vertrages enthalten sind. Eine solche Urkunde informiert den Erwerber über die Bedingungen des Mietvertrages, in die er, wenn der Mietvertrag mit diesem Inhalt zustande gekommen ist und noch besteht, eintritt. Auch die zusätzlich mit der Schriftform des § 550 BGB verfolgten Zwecke, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden sicherzustellen und die Vertragsparteien vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu warnen4, werden durch die bloße Einhaltung der äußeren Form gewahrt5.
Diese Erwägungen gelten auch im vorliegenden Fall. Die von beiden Mietvertragsparteien unterzeichnete Vertragsurkunde entspricht in vollem Umfang den Bedingungen des von den Parteien später mündlich oder jedenfalls konkludent durch Invollzugsetzung des Mietverhältnisses abgeschlossenen Mietvertrags. Ein Erwerber des Grundstücks könnte aus der Vertragsurkunde alle für ihn notwendigen Informationen über das Mietverhältnis entnehmen. Die für die Einhaltung des Schriftformerfordernisses genügende „äußere Form“ des Mietvertrags ist daher gewahrt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Juni 2015 – XII ZR 98/13
- im Anschluss an BGH, Urteil vom 24.02.2010 – XII ZR 120/06 NJW 2010, 1518[↩]
- BGH, Urteil vom 24.02.2010 – XII ZR 120/06 NJW 2010, 1518 Rn. 23 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 24.02.2010 – XII ZR 120/06 NJW 2010, 1518 Rn. 24[↩]
- vgl. BGH, Urteil BGHZ 176, 301 = NJW 2008, 2178 mwN Rn. 17[↩]
- BGH, Urteil vom 24.02.2010 – XII ZR 120/06 NJW 2010, 1518 Rn. 27[↩]