Ist zusammen mit einem Grundstückskaufvertrag die Auflassung erklärt worden, führt dies bei Ausübung eines Vorkaufsrechts in der Regel dazu, dass der von dem Vorkaufsberechtigten geschuldete Kaufpreis erst fällig wird, wenn die Auflassung ihm gegenüber erklärt worden ist. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Mitbeurkundung der Auflassung nicht (auch) der Sicherung des Käufers, sondern nur der Erleichterung der Vertragsabwicklung dienen sollte.

Im Ausgangspunkt geht der Bundesgerichtshof zunächst davon aus, dass eine nach dem Erstvertrag bestehende Pflicht dem neuen Kaufvertrag mit dem Vorkaufsberechtigten sinnentsprechend angepasst werden muss, wenn diese bedingt durch die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr rechtzeitig erfüllt werden kann1. Richtig ist auch, dass eine Fälligkeit des Kaufpreises erst nach Ausübung des Vorkaufsrechts eintreten kann, da erst hierdurch der neue Kaufvertrag und damit auch der Kaufpreisanspruch begründet wird2.
Ob die weitere Annahme des Berliner Kammergerichts3 zutrifft, zwischen den Parteien sei ein Kaufvertrag erst mit Bestandskraft des Bescheids der Genehmigungsbehörde zustande gekommen, bedarf hier keiner Entscheidung4, weil die Grundstücksveräußererin Verzugszinsen erst ab einem späteren Zeitpunkt geltend macht.
Rechtlicher Nachprüfung nicht stand hält demgegenüber die Ansicht des Kammergerichts3, es bedürfe (auch) deshalb einer Vertragsanpassung, weil der Erstvertrag mit der Auflassung des Grundstücks verbunden worden und diese als Voraussetzung für die Fälligkeit des Kaufpreises anzusehen sei.
Richtig ist allerdings, dass sich nach der Vertragsstruktur des Erstvertrages bestimmt, wie der Inhalt des durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zustande gekommenen Vertrages erforderlichenfalls anzupassen ist.
Die Bestimmungen des Kaufvertrages zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Vorkaufsverpflichteten werden nicht zwischen diesen ausgehandelt, sondern sind, wie aus § 464 Abs. 2 BGB folgt (hier i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 RSG), dem Vertrag des Verpflichteten mit dem Dritten zu entnehmen. Hierbei handelt es sich um eine technische Regel, die der Struktur des Vorkaufs und der für ihn typischen Interessenlage in der Mehrzahl der Fälle entspricht5. Aus ihr geht zum einen hervor, dass der Vorkaufsberechtigte keine anderen, insbesondere keine ungünstigeren Bedingungen für und gegen sich gelten zu lassen braucht als diejenigen, die mit dem Dritten vereinbart sind. Zum anderen soll auch der Verpflichtete grundsätzlich nicht schlechter gestellt werden als bei der Durchführung des Vertrages mit dem Dritten6.
Ist – wie hier – die Auflassung des Grundstücks im Erstvertrag bereits erklärt worden, wird unterschiedlich beurteilt, ob die Fälligkeit des Kaufpreises die Auflassungserklärung des Vorkaufsverpflichteten voraussetzt. Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, beiden Parteien müsse die Sicherheit des Erstvertrages erhalten bleiben. Daher habe die Zugum-Zug-Leistung entsprechend den Vereinbarungen des Erstvertrages zu erfolgen. Aus dem Gesetz folge, dass der Vorkaufsberechtigte wegen seiner Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung nicht in Verzug komme, solange der Verkäufer seine Verpflichtungen nicht erfüllt habe7. Dieser Ansicht wird entgegen gehalten, sie beachte das Abstraktionsprinzip nicht hinreichend. Dass der Vorkaufsberechtigte im Vergleich zum Erstkäufer eine rechtlich schwächere Position habe, weil ihm ohne Auflassung die Bindungswirkung des § 873 Abs. 2 BGB nicht zugute komme und er die Auflassung nötigenfalls gerichtlich erstreiten müsse, rechtfertige es nicht, die Kaufpreisfälligkeit erst mit der Auflassung eintreten zu lassen. Die Schlechterstellung sei zudem nur theoretischer Natur, da sich ein Verkäufer nicht einem von vornherein aussichtslosen Prozess und Schadensersatzansprüchen aussetzen werde8.
Richtigerweise führt die zusammen mit dem Abschluss des Erstvertrages erklärte Auflassung bei Ausübung des Vorkaufsrechts dazu, dass der von dem Vorkaufsberechtigten geschuldete Kaufpreis in der Regel erst fällig wird, wenn die Auflassung des Grundstücks ihm gegenüber erklärt worden ist. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Mitbeurkundung der Auflassung nicht (auch) der Sicherung des Käufers, sondern nur der Erleichterung der Vertragsabwicklung dienen sollte.
Die Mitwirkung an der Auflassung ist – wie auch die Bewilligung, den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch einzutragen – Bestandteil der sich aus dem Kaufvertrag ergebenden Leistungspflicht des Verkäufers. Die Auflassungserklärung wirkt, weil § 464 Abs. 2 BGB nur für die schuldrechtlichen Vereinbarungen gilt, zwar nicht zu Gunsten des Vorkaufsberechtigten9. Der Aufnahme der für die Eigentumsübertragung erforderlichen Erklärungen des Verkäufers in die notarielle Urkunde zusammen mit dem Kaufvertrag kommt aber Bedeutung für die Bestimmung der Fälligkeit des von dem Vorkaufsberechtigten zu erbringenden Kaufpreises zu. Denn ihr lässt sich, wie das Kammergericht richtig erkennt, regelmäßig entnehmen, dass nach dem Willen der Kaufvertragsparteien die Zahlung des Kaufpreises der Erklärung der Auflassung zeitlich nachfolgen soll. Der aus dieser konkludenten Vereinbarung folgende Vorteil, dass die Auflassung bei Zahlung des Kaufpreises unwiderruflich erklärt ist (§ 873 Abs. 2, § 925 Abs. 1 BGB) und dem Käufer deshalb keine Verzögerung des Eigentumserwerbs bedingt durch eine Nichterreichbarkeit des Verkäufers oder dessen Unwilligkeit, an der Auflassung mitzuwirken, droht, muss auch dem Vorkaufsberechtigten erhalten bleiben.
Allerdings ist eine solche Auslegung des Erstvertrages nicht immer zwingend. Die Aufnahme der Auflassung und der Eintragungsbewilligung in die notarielle Urkunde bei Abschluss des Kaufvertrages kann nämlich auch lediglich Praktikabilitätsinteressen dienen und allein den Zweck haben, einen nochmaligen Beurkundungstermin mit dem Erfordernis des persönlichen Erscheinens der Vertragsparteien oder bevollmächtigter Vertreter zu vermeiden. So kann es etwa liegen, wenn die Zahlung des Kaufpreises nach dem Inhalt des Erstvertrages von keiner Sicherheit abhängig gemacht wurde und sich dies darauf zurückführen lässt, dass dem Verkäufer ein besonderes Vertrauen im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Vertragsabwicklung entgegengebracht worden ist. Hiervon wird insbesondere bei einem in staatlicher Hand befindlichen Unternehmen auszugehen sein, weil das bei Privatpersonen bestehende Insolvenzrisiko in diesem Fall von untergeordneter Bedeutung ist. Schließt der Verkäufer den Vertrag zudem in Erfüllung öffentlicher Aufgaben, kann auch dies den Schluss rechtfertigen, dass die Parteien keinen Zweifel an der Vertragserfüllung seitens des Verkäufers gehegt und deshalb eine uneingeschränkte Vorleistungspflicht der Käufers vereinbart haben.
Nach diesen Grundsätzen hielt im hier entschiedenen Fall die tatrichterliche Würdigung des Berliner Kammergerichts einer rechtlichen Nachprüfung durrch den Bundesgerichtshof nicht stand:
Zwar ist diese in der Revisionsinstanz nur beschränkt daraufhin zu überprüfen, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist10. Hier hat Kammergericht aber wesentliche Bestandteile des zwischen dem Dritten und der Grundstücksveräußererin geschlossenen Kaufvertrages und die Stellung der Grundstücksveräußererin als Unternehmen der öffentlichen Hand nicht in seine tatrichterliche Würdigung einbezogen.
Die Regelungen des hier streitgegenständlichen Kaufvertrages legen nahe, dass der Käufer uneingeschränkt vorleistungspflichtig sein sollte. Dieser hatte den Kaufpreis nämlich unabhängig von dem Vorliegen der erforderlichen Genehmigungen also auch im Falle einer schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages – bis zum im Kaufvertrag kalendermäßig bestimmten Fälligkeitsdatum unmittelbar an die Grundstücksveräußererin zu zahlen. Und obwohl dem Käufer zur Sicherung seines Anspruchs auf Übertragung des Eigentums eine Vormerkung bewilligt wurde, ist die Fälligkeit des Kaufpreises nicht von ihrer Eintragung in das Grundbuch abhängig gemacht worden. Ebenso wenig hat das Kammergericht die besondere Stellung der Grundstücksveräußererin, die mit der Privatisierung ehemals volkseigener landwirtschaftlicher Flächen in den neuen Ländern beauftragt ist und im Eigentum der öffentlichen Hand steht, in seine Überlegungen einbezogen.
Die Auslegung des Erstvertrages, die der Bundesgerichtshof selbst vornehmen kann11, ergibt, dass die Erklärung der Auflassung seitens der Grundstücksveräußererin keine Voraussetzung für die Fälligkeit des Kaufpreises war. Dass die Pflicht zur Kaufpreiszahlung nicht von den ansonsten üblichen Voraussetzungen – Eintragung einer Auflassungsvormerkung und Vorliegen der erforderlichen Genehmigungen – abhängig gemacht wurde, lässt in Verbindung mit der Stellung der Grundstücksveräußererin den Schluss zu, dass dieser besonderes Vertrauen entgegengebracht und deshalb eine uneingeschränkte Vorleistungspflicht des Käufers vereinbart worden ist. Die Erklärung der Auflassung diente hier nicht dem Sicherungsbedürfnis des Käufers, sondern der erleichterten Abwicklung des Kaufvertrages.
Da die Fälligkeit des Kaufpreises im Erstvertrag kalendermäßig bestimmt war, geriet die Vorkaufsrechtsausübende mit dem im Wege der sinnentsprechenden Anpassung zu ermittelnden, an den Vertragsschluss anknüpfenden Fälligkeitszeitpunkt und damit spätestens zu diesem Zeitpunkt (hier: 14 Tage nach Bestandskraft des Genehmigungsbescheids) in Verzug, ohne dass es einer Mahnung bedurfte (§ 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Der Höhe nach sind die von der Grundstücksveräußererin geltend gemachten Verzugszinsen auf der Grundlage der hier maßgeblichen Fassung des § 288 Abs. 2 BGB nicht zu beanstanden; die Vorkaufsrechtsausübende erhebt insoweit auch keine Einwendungen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Mai 2017 – V ZR 210/16
- vgl. BGH, Urteil vom 08.10.1982 – V ZR 147/81, NJW 1983, 682; BGH, Urteil vom 05.05.1988 – III ZR 105/87, NJW 1989, 37, 38[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 08.10.1982 – V ZR 147/81, NJW 1983, 682[↩]
- KG, Urteil vom vom 28.07.2016 – 2 U 35/15[↩][↩]
- vgl. zu den Wirkungen eines solchen Bescheids: BGH, Beschluss vom 28.04.2017 – BLw 2/16, BzAR 2017, 335 Rn.20 ff.[↩]
- vgl. Staudinger/Schermaier, BGB [2013], § 464 Rn. 15[↩]
- vgl. Soergel/Wertenbruch, BGB, 13. Aufl., § 464 Rn. 2[↩]
- so Grziwotz, NVwZ 1994, 215, 217; ders., MittBayNot 1994, 33 f.; ders., MittBayNot 1992, 173, 175 f.[↩]
- so OLG München, MittBayNot 1994, 30, 32[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 21.06.2012 – V ZB 283/11, NJW-RR 2012, 1483 Rn. 12[↩]
- st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 15.07.2016 – V ZR 168/15, WM 2016, 2344 Rn. 22 mwN[↩]
- vgl. nur BGH, Urteil vom 16.04.1999 – V ZR 37/98, NZM 1999, 677, 678[↩]