Die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens in der Kostenfesetzung

Die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens sind auch dann als Gerichtskosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens festzusetzen, wenn das Hauptsacheverfahren von einem Rechtsschutzversicherer in Prozessstandschaft für seine Versicherungsnehmer geführt wird.

Die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens in der Kostenfesetzung

Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gehören zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens und werden von der darin getroffenen Kostenentscheidung dann umfasst, wenn Parteien und Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens mit denen des Beweisverfahrens identisch sind1.

Die einseitige Erklärung des Antragstellers, ein selbständiges Beweisverfahren sei in der Hauptsache erledigt, ermöglicht keine Kostengrundentscheidung gegen den Antragsteller; denn in diesem Verfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung2. Nimmt der Antragsgegner nach der Erhebung des beantragten Beweises eine Handlung vor, die das Interesse des Antragstellers entfallen lässt, den Antragsgegner hierauf klageweise in Anspruch zu nehmen, steht dem Antragsteller jedoch die Klage auf Feststellung offen, dass der Antragsgegner zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war; obsiegt er in diesem Verfahren, erreicht er eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfasst3.

Nach diesen Grundsätzen waren aufgrund des der Feststellungsklage stattgebenden Urteils die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens als Teil der Kosten des Feststellungsrechtsstreits gegen den Beklagten festzusetzen.

Die Feststellungsklage und das ihr vorangegangene selbständige Beweisverfahren betreffen in der Sache denselben Gegenstand, nämlich Mängel des von den Versicherungsnehmern der Rechtsschutzversicherung gemieteten Hauses und die Feststellung der aus dem Mietverhältnis folgenden Beseitigungspflicht des Beklagten gegenüber den Versicherungsnehmern der Rechtsschutzversicherung in Bezug auf diese Mängel.

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Es fehlt auch nicht an der erforderlichen Identität der Parteien des selbständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens. Zwar hat anstelle der Versicherungsnehmer, die das selbständige Beweisverfahren betrieben haben, die Rechtsschutzversicherung selbst Klage auf Feststellung erhoben, dass der beklagte Vermieter gegenüber ihren Versicherungsnehmern zur Beseitigung der Mängel verpflichtet war. Das steht der Kostenfestsetzung aber nicht entgegen.

Allerdings lässt sich die Identität der Parteien des selbständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht aus § 86 VVG herleiten. Denn die Rechtsschutzversicherung ist nicht Rechtsnachfolgerin ihrer Versicherungsnehmer hinsichtlich des Mangelbeseitigungsanspruchs geworden, dessen Feststellung sie mit ihrer Klage begehrt.

Nach § 86 VVG gehen lediglich Ansprüche über, die dem versicherten Risiko entsprechen, im Fall einer Rechtsschutzversicherung also materiellrechtliche und prozessuale Kostenerstattungsansprüche, nicht aber ein mietrechtlicher Mangelbeseitigungsanspruch des Versicherungsnehmers. Die Klägerin hat einen nach § 86 VVG übergangsfähigen (materiell-rechtlichen) Kostenerstattungsanspruch ihrer Versicherungsnehmer hinsichtlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens mit ihrer ursprünglichen Zahlungsklage zunächst auch geltend gemacht, ist dann aber zu einer Klage auf Feststellung der Beseitigungspflicht des Beklagten übergegangen, um hinsichtlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens eine Kostengrundentscheidung und damit einen die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfassenden prozessualen Kostenerstattungsanspruch zu erwirken. Dieser prozessuale Kostenerstattungsanspruch ist mit Klageerhebung aufschiebend bedingt originär in der Hand der Rechtsschutzversicherung entstanden und nicht gemäß § 86 VVG von den Versicherungsnehmern der Rechtsschutzversicherung auf diese übergegangen. Da eine Rechtsnachfolge nach § 86 VVG insoweit nicht eingetreten ist, kann diese Bestimmung nicht zur Begründung der Parteiidentität herangezogen werden.

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Jedoch hat die Rechtsschutzversicherung, wie sich aus ihrem Antrag und dem Tenor des landgerichtlichen Urteils im Hauptsacheverfahren ergibt, fremde Rechte nämlich die Feststellung des Beseitigungsanspruchs ihrer Versicherungsnehmer gegenüber dem Beklagten aus deren Mietverhältnis im eigenen Namen und damit in gewillkürter Prozessstandschaft geltend gemacht. Das reicht aus, um eine Identität der Parteien des selbstständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens anzunehmen. Die Klage in zulässiger Prozessstandschaft steht für die Zwecke der Kostenfestsetzung der Klage des materiellen Rechtsinhabers gleich4.

Aufgrund des der Klage stattgebenden Urteils im Hauptsacheverfahren steht fest, dass die Feststellungsklage zulässig war und also auch die Voraussetzungen für die gewillkürte Prozessstandschaft der Rechtsschutzversicherung vorgelegen haben, insbesondere das schutzwürdige Eigeninteresse der Klägerin an der Erwirkung einer Kostengrundentscheidung gegen den Beklagten und die Ermächtigung zur Prozessführung seitens ihrer Versicherungsnehmer. Im Kostenfestsetzungsverfahren findet eine erneute Prüfung der Zulässigkeit der Klage nicht statt.

Ebenfalls nicht gelten lässt der Bundesgrichtshof den Einwand, die Kosten des Beweisverfahrens seien jedenfalls keine notwendigen Kosten im Sinne des § 91 ZPO, weil die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens wegen einer bereits vor Einleitung des Beweisverfahrens erfolgten Zusage des Beklagten, die Mängel zu beseitigen, nicht erforderlich gewesen sei.

Die (gerichtlichen) Kosten des selbständigen Beweisverfahrens stellen Gerichtskosten, keine außergerichtlichen Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens dar5. Die teilweise oder vollständige Überflüssigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens muss im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden und kann in entsprechender Anwendung des § 96 ZPO zu einer dies berücksichtigenden Kostenentscheidung führen. Hat das Gericht der Hauptsache wie hier von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, scheidet eine Korrektur der Kostengrundentscheidung im Wege der Kostenfestsetzung aus; es sind dann die gesamten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens entsprechend dem Kostenausspruch von der unterlegenen Partei zu tragen6.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. Oktober 2013 – VIII ZB 61/12

  1. BGH, Beschluss vom 10.01.2007- XII ZB 231/05, NJW 2007, 1282 Rn. 9; BGH, Beschluss vom 21.10.2004 – V ZB 28/04, NJW 2005, 294 unter III 1; BGH, Beschluss vom 22.07.2004 – VII ZB 9/03, NJW-RR 2004, 1651 unter II[]
  2. BGH, Beschluss vom 12.02.2004 – V ZB 57/03, NJW-RR 2004, 1005 unter III 1 mwN[]
  3. BGH, Beschluss vom 12.02.2004 – V ZB 57/03, aaO unter III 2[]
  4. vgl. OLG Karlsruhe, JurBüro 1986, 1087; Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, 9. Aufl., VV Teil 3 Vorbem. 3 Rn. 81; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 20. Aufl., Anhang III Rn. 48; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rn. 124[]
  5. BGH, Beschlüsse vom 18.12.2002 – VIII ZB 97/02, NJW 2003, 1322 unter [II] 3 a; vom 24.06.2004 – VII ZB 34/03, NZBau 2005, 44 unter 2[]
  6. vgl. BGH, Beschlüsse vom 09.02.2006 – VII ZB 59/05, NJW-RR 2006, 810 Rn. 14 f.; vom 24.06.2004 – VII ZB 34/03, aaO; Gerold/Schmidt/MüllerRabe, aaO Anhang III Rn. 34 f., 64; Werner/Pastor, aaO Rn. 126[]