Gemäß § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB sind gesetzliche Ansprüche nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies zwar nicht selbst erkannt hat, ihm aber in entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis einer anderen Person von dieser irrigen Vorstellung des Unternehmers zuzurechnen ist.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall führte der beklagte Ehemann und seine damalige Ehefrau bei der P-Bank ein gemeinsames Konto. Auf dieses Konto überwies die Darlehensgeberin am 26.03.2019 einen Betrag in Höhe von 3.490 €. Aus ihrer Sicht erfolgte damit die Auszahlung der Darlehensvaluta aus einem unter dem 19.03.2019 zwischen ihr und dem Ehemann geschlossenen Darlehensvertrag. Tatsächlich war der Ehemann aber nicht an dem vermeintlichen Vertragsschluss beteiligt, vielmehr handelte seine damalige Ehefrau unter seinem Namen. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurden die Kreditvertragsunterlagen im Wege des Post-Ident-Videoverfahrens an den Ehemann übersandt. Daraufhin erhielt die Darlehensgeberin die Antragsunterlagen nebst Kopien von Lohnabrechnungen, des Personalausweises des Ehemanns, der Bankkarte und von Kontoauszügen. Bei dem durchgeführten Video-Identverfahren trat der Stiefvater der damaligen Ehefrau des vermeintlichen Darlehensnehmers unter Vorlage des Personalausweises des Ehemanns auf. Die Unterschrift des Kreditnehmers auf dem Kreditvertrag wurde von der damaligen Ehefrau des vermeintlichen Darlehensnehmers gefälscht. Nachdem die Darlehensgeberin im weiteren Verlauf die Kündigung des vermeintlichen Darlehensvertrags wegen Zahlungsrückstandes erklärt hatte, erfolgten Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 1.055, 20 €. Mit ihrer Klage begehrt die Darlehensgeberin die Verurteilung des Ehemanns zur Zahlung von 2.434, 80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.03.2020.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Amtsgericht Duisburg-Hamborn hat der Klage stattgegeben1. Auf die Berufung des Ehemanns hat das Landgericht Duisburg die Klage abgewiesen2. Die Darlehensgeberin habe gegen den Ehemann keinen Anspruch auf Rückzahlung des auf das Konto überwiesenen Betrages, insbesondere nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Ob die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch erfüllt seien, könne dahinstehen, da er jedenfalls nach § 241a BGB ausgeschlossen sei. Es liege eine unbestellte Leistung im Sinne von § 241a Abs. 1 BGB vor, da es an einer dem Ehemann zurechenbaren Aufforderung fehle. Der Ehemann habe die Darlehensgeberin unstreitig nicht um ein Darlehen bzw. um die Auszahlung auf das mit seiner Ehefrau gemeinsam geführte Konto gebeten. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Ausschluss gesetzlicher Ansprüche nach § 241a Abs. 2 BGB lägen nicht vor. Die Leistung sei bereits nach dem eigenen Vorbringen der Darlehensgeberin für den Ehemann bestimmt gewesen und es sei nicht ersichtlich, dass der Ehemann erkannt habe oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Leistung in der irrigen Annahme einer Bestellung erbracht worden sei. Insofern sei unstreitig, dass bis zur Trennung des Ehemanns von seiner Ehefrau diese sich um die finanziellen Angelegenheiten der Familie und insbesondere die Verwaltung des gemeinsamen Kontos gekümmert habe. Vor diesem Hintergrund habe der Ehemann selbst eine entsprechende Kenntnis nicht gehabt. Nach dem Wortlaut von § 241a Abs. 2 BGB komme es für die Kenntnis bzw. die fahrlässige Unkenntnis auf die Person des Empfängers an. Es könne dahinstehen, ob in diesem Rahmen eine Zurechnung des Wissens der Ehefrau aufgrund einer entsprechenden Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB möglich sei. Denn eine solche Zurechnung setze voraus, dass derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, sich das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen müsse. Die Ehefrau des vermeintlichen Darlehensnehmers habe ihre Kenntnis aber nicht im Rahmen des ihr übertragenen Regelungsbereichs „finanzielle Angelegenheiten“ bzw. „Verwaltung des gemeinsamen Kontos“ erlangt, sondern sie beruhe auf ihren Täuschungen im Zusammenhang mit dem vermeintlich zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag. Sonstige Anhaltspunkte, die für eine Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Ehemanns sprächen, habe die insoweit darlegungsbelastete Darlehensgeberin trotz eines gerichtlichen Hinweises nicht vorgetragen.
Mit der vom Landgericht Duisburg zugelassenen Revision begehrt die Darlehensgeberin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils und hatte vor dem Bundesgerichtshof Erfolg; die Ausführungen des Landgerichts hielten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Bundesgerichtshof hob das Berufungsurteil auf und stellte das zusprechende amtsgerichtliche Urteil wieder her.
Dabei konnte der Bundesgerichtshof dahinstehen, ob – wie das Landgericht Duisburg gemeint hat – es sich bei der Überweisung der „Darlehensvaluta“ um eine sonstige unbestellte Leistung im Sinne von § 241a Abs. 1 BGB handelt, oder ob die Erfüllung eines Scheinvertrages wie hier nicht unter § 241a Abs. 1 BGB fällt.
Denn selbst wenn § 241a Abs. 1 BGB eingreifen würde, wären gesetzliche Ansprüche der Darlehensgeberin nach § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB nicht ausgeschlossen.
Nach dieser Vorschrift sind gesetzliche Ansprüche dann nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. In einem solchen Fall soll es nach dem Willen des Gesetzgebers bei den allgemeinen Regeln verbleiben, weil diese zu einer angemessenen Rückabwicklung führen3.
Wegen des eindeutigen Willens des Gesetzgebers käme eine unionsrechtskonforme Auslegung nicht in Betracht, selbst wenn die Vorschrift gegen Unionsrecht verstieße.
§ 241a BGB dient der Umsetzung mehrerer Richtlinien und zwar von Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz4 und Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.09.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG5, die jeweils durch Art. 15 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr.2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken)6 mit Wirkung vom 12.06.2005 geändert wurden (künftig: Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG nF und Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG nF), sowie von Art. 27 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates7, durch den Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG nF mit Wirkung vom 13.06.2014 ersetzt wurde.
Der im vorliegenden Fall einer Darlehensgewährung und damit einer Finanzdienstleistung im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/65/EG und Art. 3 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2011/83/EU einschlägige Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG nF bestimmt, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, um die Verbraucher für den Fall, dass unbestellte Waren geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, von jeder Verpflichtung zu befreien, wobei das Ausbleiben einer Antwort nicht als Zustimmung gilt.
Es kann dahinstehen, ob der nationale Gesetzgeber mit § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB zulasten des Verbrauchers hinter den Anforderungen aus Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG nF zurückgeblieben ist, auch wenn mit dieser Richtlinie nach ihrem Erwägungsgrund 13 grundsätzlich eine Vollharmonisierung unionsrechtlicher Vorschriften über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen bezweckt ist und Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG nF keine ausdrückliche Ausnahme von diesem Grundsatz enthält. Denn selbst wenn diese Vorschrift dahingehend auszulegen sein sollte, dass der Verbraucher, dem eine unbestellte Finanzdienstleistung erbracht worden ist, von sämtlichen vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen zu befreien ist8, kommt eine entsprechende unionrechtskonforme Auslegung von § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB nicht in Betracht.
Die Entscheidung darüber, ob im Rahmen des nationalen Rechts ein Spielraum für eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung besteht, obliegt den nationalen Gerichten9. Eine richtlinienkonforme Auslegung darf nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Richterliche Rechtsfortbildung berechtigt den Richter nicht dazu, seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen10. Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur infrage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Der Grundsatz unionsrechtskonformer Auslegung und Rechtsfortbildung darf nicht zu einer Auslegung des nationalen Rechts contra legem führen11. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union12. Die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege findet ihre Grenzen an dem nach der innerstaatlichen Rechtstradition methodisch Erlaubten13.
Nach diesen Maßgaben kommt eine einschränkende Auslegung von § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB nicht in Betracht.
Der Gesetzgeber hat § 241a BGB mit Wirkung vom 30.06.2000 eingefügt, um Art. 9 zweiter Spiegelstrich der Richtlinie 97/7/EG aF umzusetzen14, der den Mitgliedstaaten aufgibt, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um „den Verbraucher von jedweder Gegenleistung für den Fall zu befreien, dass unbestellte Waren geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, wobei das Ausbleiben einer Reaktion nicht als Zustimmung gilt.“ Dabei ist er davon ausgegangen, dass die verbraucherschützende Gesamtintention der Richtlinie 97/7/EG aF eher eine weite Auslegung des Gegenleistungsbegriffs nahelege, und deshalb eine klarstellende Regelung im allgemeinen Schuldrecht geschaffen werden soll, die den Verbraucher im Falle bewusst unbestellt zugesendeter Waren oder der Erbringung unbestellter Dienstleistungen von sämtlichen Verbindlichkeiten, auch von solchen auf Nutzungsherausgabe, Schadensersatz und Rückgabe freistellt15. Dagegen sollten dem Unternehmer mit § 241a Abs. 2 BGB16 ausnahmsweise seine gesetzlichen Ansprüche belassen werden, wenn vom Empfänger nicht bestellte Waren oder sonstige Leistungen irrtümlich bei diesem landen, dieser jedoch erkennen konnte, dass es sich nicht um bewusst unbestellte Leistungen, sondern lediglich um eine irrtümliche Leistung an ihn handelt. Voraussetzung dafür sollte sein, dass der Leistungserbringer tatsächlich von einer Bestellung ausgegangen ist und der Leistungsempfänger hätte erkennen können, dass die Leistung für einen anderen bestimmt war oder der Leistungserbringer irrtümlich von einer Bestellung durch den Empfänger ausgegangen ist. Denn in einem solchen Fall führten die allgemeinen Regeln zu einer angemessenen Rückabwicklung3.
Im Rahmen der Umsetzung von Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG aF, der den Mitgliedstaaten aufgab, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um „bei Erbringung unaufgefordert erbrachter Leistungen die Verbraucher von jeder Verpflichtung zu befreien“, ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass § 241a BGB bereits die erforderliche Regelung enthält17. Auch im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG, durch deren Art. 15 Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG aF und Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG aF teilweise geändert worden waren, ist keine Änderung von § 241a BGB erfolgt. Insoweit wurde ein Umsetzungsbedarf verneint, weil § 241a BGB bereits eine für Schuldverhältnisse allgemein geltende Regelung enthalte, welche auch die in den geänderten Richtlinien geregelten Fälle erfasse18. Schließlich ist § 241a Abs. 2 BGB anders als die Absätze 1 und 3 auch im Rahmen der Umsetzung der bisher Finanzdienstleistungen nicht erfassenden Richtlinie 2011/83/EU durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.201319 unverändert geblieben.
Damit hat der nationale Gesetzgeber wiederholt deutlich gemacht, dass er an der Ausnahmeregelung des § 241a Abs. 2 BGB festhält.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts Duisburg ist dem Ehemann in entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis seiner Ehefrau von der irrigen Vorstellung einer Bestellung auf Seiten der Darlehensgeberin zuzurechnen.
Die Rechtsprechung hat der Regelung des § 166 Abs. 1 BGB den allgemeinen Rechtsgedanken entnommen, dass sich unabhängig von dem Vorliegen eines Vertretungsverhältnisses derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss20. So liegt der Fall hier.
Denn nach den Feststellungen des Landgerichts Duisburg hat sich bis zur Trennung des Ehemanns von seiner damaligen Ehefrau allein letztere um die finanziellen Angelegenheiten der Familie und insbesondere um die Verwaltung des gemeinsamen Kontos gekümmert. Sie hatte deshalb bei der Vornahme und Abwicklung von Geldgeschäften eine tatsächlich ähnliche Stellung wie ein Vertreter. Der Ehemann ließ sich insoweit bewusst von seiner Ehefrau in ähnlicher Weise repräsentieren wie durch einen rechtsgeschäftlichen Stellvertreter. Allein weil der Ehemann sich um das Konto nicht kümmerte, konnte die Ehefrau bei der Darlehensgeberin den Irrtum hervorrufen, mit dem Ehemann einen Darlehensvertrag geschlossen zu haben, und die Darlehensgeberin ohne dessen Wissen dazu veranlassen, die vermeintliche Darlehensvaluta auf das gemeinsame Konto zu überweisen. Die im vorliegenden Fall gegebene Interessenlage entspricht daher so sehr der Interessenlage eines rechtsgeschäftlichen Vertretungsverhältnisses, dass es sachgerecht ist, das Wissen, das die Ehefrau in Ausübung des ihr übertragenen Wirkungskreises erworben hat, in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB dem Ehemann zuzurechnen21. Unerheblich ist, ob die damalige Ehefrau des vermeintlichen Darlehensnehmers mit der Aufnahme des Darlehens unter seinem Namen ihre Befugnisse im Innenverhältnis vorsätzlich überschritten hat. Das schließt entgegen der Ansicht des Landgerichts Duisburg eine Wissenszurechnung im Verhältnis zum Ehemann nicht aus, weil die Darlehensaufnahme unter dem Namen des Ehemanns noch in innerem Zusammenhang mit dem ihr überlassenen Wirkungskreis stand.
Das Berufungsurteil des Landgerichts Duisburg war daher vom Bundesgerichtshof aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Da weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind, kann der Bundesgerichtshof in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Berufung des Ehemanns zurückweisen. Der Darlehensgeberin steht der geltend gemachte Bereicherungsanspruch, der wie unter II. ausgeführt nicht durch § 241a BGB ausgeschlossen ist, zu und der Ehemann kann diesem Anspruch keinen Schadensersatzanspruch wegen unsorgfältiger Durchführung des Video-Identifizierungsverfahrens entgegenhalten.
Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Darlehensgeberin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB in Höhe von 2.434, 80 €, der Differenz zwischen dem auf das Konto überwiesenen Betrag und den nach der Kündigung erfolgten Teilrückzahlungen, liegen vor.
Der Ehemann ist durch die Überweisung auf das gemeinsame Konto, mit der die Darlehensgeberin den vermeintlich mit dem Ehemann geschlossenen Darlehensvertrag erfüllen wollte, durch Leistung der Darlehensgeberin rechtsgrundlos bereichert worden22, weil durch das Handeln der damaligen Ehefrau des vermeintlichen Darlehensnehmers unter dessen Namen zwischen den Parteien kein Darlehensvertrag zustande gekommen ist. Denn das Handeln seiner Ehefrau unter seinem Namen ist ihm nicht zuzurechnen, weil nicht festgestellt ist und von der Revision auch nicht geltend gemacht wird, dass die Ehefrau bei Abschluss des Darlehensvertrags und Unterzeichnung der Auszahlungsanweisung unter dem Namen des Ehemanns in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB analog) gehandelt hätte, der Ehemann den Vertragsschluss genehmigt hätte (§ 177 Abs. 1 BGB analog) oder die Voraussetzungen für das Eingreifen der Grundsätze über die Anscheins- oder die Duldungsvollmacht vorlägen23. Insbesondere ist nicht festgestellt und wird von der Revision auch nicht geltend gemacht, dass die nach der Kündigung durch die Darlehensgeberin erfolgten Teilzahlungen von dem Ehemann veranlasst worden wären.
Der Ehemann kann sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, auch wenn die damalige Ehefrau des vermeintlichen Darlehensnehmers den überwiesenen Betrag abgehoben hatte, bevor der Ehemann von dem Zahlungseingang erfuhr. Der Ehefrau des vermeintlichen Darlehensnehmers war bekannt, dass der überwiesene Betrag von der Darlehensgeberin als Darlehen gewährt worden war und deshalb nicht dauerhaft behalten werden durfte, sondern zurückgezahlt werden musste. Diese Kenntnis, die für die Anwendung des § 819 Abs. 1 BGB ausreicht24, muss sich der Ehemann ebenso wie im Rahmen von § 241a BGB in entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, weil er seiner Ehefrau die finanziellen Angelegenheiten der Familie und insbesondere die Verwaltung des gemeinsamen Kontos vollständig überlassen und sich nicht um die Kontobewegungen gekümmert hatte25. Außerdem hat der Ehemann auch nach Aufhebung von § 279 BGB aF ohne Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen26.
Der Ehemann kann dem Bereicherungsanspruch der Darlehensgeberin keinen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB wegen mangelhafter Sorgfalt bei der Identifizierung des (vermeintlichen) Darlehensnehmers im Rahmen der Durchführung des Video-Identifizierungsverfahrens sowie des Vergleichs der Unterschriften auf dem gezeigten Personalausweis und den Vertragsunterlagen entgegenhalten. Soweit der Ehemann aufgrund der Auszahlung der Valuta auf das gemeinsame Konto einem Bereicherungsanspruch der Darlehensgeberin ausgesetzt ist, ergibt sich aus §§ 814, 815 BGB, dass einem solchen Anspruch nur eine positive Kenntnis des Bereicherungsgläubigers entgegengehalten werden kann, während fahrlässige und auch grob fahrlässige Unkenntnis unerheblich sind. Diese Wertung kann nicht durch einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB wegen unsorgfältiger Prüfung der Identität des Empfängers vor der Leistungserbringung überspielt werden.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. September 2023 – XI ZR 98/22
- AG Duisburg-Hamborn, Urteil vom 07.04.2021 – 8 C 191/20[↩]
- LG Duisburg, Urteil vom 25.02.2022 – 7 S 48/21[↩]
- BT-Drs. 14/2658, S. 46[↩][↩]
- ABl.EG 1997, L 144, S.19, künftig: Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG aF[↩]
- ABl.2002, L 271, S. 16, künftig: Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG aF[↩]
- ABl.2005, L 149, S. 22, berichtigt in ABl.2009, L 253, S. 18[↩]
- ABl.2011, L 304, S. 64, künftig: Richtlinie 2011/83/EU[↩]
- vgl. dazu Staudinger/Olzen, BGB, Neubearb.2019, § 241a Rn. 37; Erman/Saenger, BGB, 17. Aufl., § 241a Rn. 1; PWW/Kramme, BGB, 18. Aufl., § 241a Rn. 2, 14; Schinkels in Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, 3. Aufl., Kapitel 8 Rn. 60 f.; Förderer, Der Anspruchsausschluss nach § 361 Abs. 1 BGB im Lichte des unionsrechtlichen Verbots des Rechtsmissbrauchs, 2021, S. 38 f.[↩]
- BVerfG, WM 2012, 1179, 1181; NVwZ-RR 2018, 169 Rn. 37[↩]
- BVerfG, WM 2012, 1179, 1181[↩]
- BGH, Urteile vom 22.05.2012 – XI ZR 290/11, BGHZ 193, 238 Rn. 50; vom 03.07.2018 – XI ZR 702/16, WM 2018, 1601 Rn. 13; und vom 26.10.2021 – XI ZR 608/20, WM 2021, 2248 Rn.20; BVerfG aaO[↩]
- EuGH, Urteile vom 04.07.2006 – C-212/04, Slg. 2006, I6057 Rn. 110 – Adeneler; vom 24.01.2012 – C-282/10, NJW 2012, 509 Rn. 25 – Dominguez; vom 11.09.2019 – C-143/18, WM 2019, 1919 Rn. 38 – Romano; und vom 18.01.2022 – C-261/20, NJW 2022, 927 Rn. 28 – Thelen Technopark Berlin[↩]
- BGH, Urteile vom 07.05.2014 – IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn.20; und vom 28.06.2017 – IV ZR 440/14, BGHZ 215, 126 Rn. 24; BGH, Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19, WM 2020, 838 Rn. 13 mwN; BVerfG aaO[↩]
- vgl. BT-Drs. 14/2658, S. 22 ff., 46[↩]
- BT-Drs. 14/2658, S. 23 f., 46[↩]
- im Gesetzentwurf noch § 241a Satz 2 BGB, BT-Drs. 14/2658, S. 6[↩]
- BT-Drs. 15/2946, S. 16[↩]
- BT-Drs. 16/10145, S.19[↩]
- BGBl. I, S. 3642[↩]
- BGH, Urteile vom 25.03.1982 – VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296; vom 13.12.2012 – III ZR 298/11, WM 2013, 155 Rn.19 mwN; und vom 23.01.2014 – III ZR 436/12, WM 2014, 900 Rn. 11, 16 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.03.1982 – VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296 f.; OLG Hamm, WM 1985, 1290 f.; OLG Köln, WM 1998, 1327, 1328 f.; OLG Schleswig, FamRZ 2008, 512, 513[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.03.1982 – VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 294; OLG Hamm, WM 1985, 1290; OLG Schleswig, FamRZ 2008, 512 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 03.03.1966 – II ZR 18/64, BGHZ 45, 193, 195 f.; vom 08.12.2005 – III ZR 99/05, NJW-RR 2006, 701 Rn. 11; und vom 11.05.2011 – VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346 Rn. 11 f. mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 25.03.1982 – VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 295; BGH, Urteile vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 34; und vom 12.09.2006 – XI ZR 296/05, ZIP 2006, 2119 Rn. 16, jeweils mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.03.1982, aaO S. 295 f.; OLG Hamm, WM 1985, 1290 f.; OLG Schleswig, FamRZ 2008, 512, 513[↩]
- BGH, Urteil vom 04.02.2015 – VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 18; Grüneberg/Sprau, BGB, 82. Aufl., § 818 Rn. 53 und Grüneberg/Grüneberg, aaO, § 275 Rn. 3, § 276 Rn. 28[↩]