Mit den Amtspflichten des Notars bei der Beurkundungen von Maklercourtageklauseln hatte sich aktuell der Notarsenat des Bundesgerichtshofs im Rahmen eines Disziplinarverfahrens zu befassen:

Im entschiedenen Fall hatte der Notar bei der Beurkundung sämtlicher Grundstückskaufverträge die folgende Klausel verwendet:
„Dieser Vertrag ist durch die Vermittlung des/der … zustande gekommen. Daher verpflichtet sich der Erwerber zur Zahlung einer Maklercourtage in Höhe von 3,57% inklusive Umsatzsteuer des in der Urkunde vereinbarten Kaufpreises an den vorgenannten Vermittler.
Die Courtage ist sofort mit der Rechtswirksamkeit dieses Vertrages zur Zahlung fällig.
Der Notar soll dem vorgenannten Vermittler eine Abschrift dieser Urkunde zuleiten. Auf die Bedeutung dieser Klausel hat der Notar hingewiesen, insbesondere auch darauf, dass hierdurch kein Vertrag zu Gunsten Dritter begründet wird.“
Es erfolgte keine Klärung dahingehend, ob die Aufnahme der Klausel dem Willen der Urkundsbeteiligten entsprach. Entgegen dem Wortlaut des Passus belehrte der Notar auch nicht über die Bedeutung der Klausel.
Hierdurch hat der Notar nach Ansicht des Bundesgerichtshofs gegen seine aus § 17 Abs. 1 BeurkG resultierenden Amtspflichten verstoßen. Die in dieser Vorschrift genannten Pflichten sollen gewährleisten, dass der Notar eine rechtswirksame Urkunde über das von den Beteiligten beabsichtigte Rechtsgeschäft errichtet. Zu diesem Zweck muss er den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und deren Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Bei der Erforschung des Willens muss er bedenken, dass die Beteiligten möglicherweise entscheidende Gesichtspunkte übersehen, auf die es für das Rechtsgeschäft ankommen kann1. § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG gebietet dem Notar, Irrtümer und Zweifel der Urkundsbeteiligten sowie Benachteiligungen unerfahrener Beteiligter zu vermeiden.
Die fragliche Klausel ist inhaltlich in sich widersprüchlich und steht deshalb mit § 17 Abs. 1 BeurkG, einer Kernregelung des Beurkundungsgesetzes2, nicht in Einklang.
Nach ihrem Wortlaut enthält diese eine Verpflichtung des Erwerbers zur Zahlung einer näher bestimmten Maklercourtage und einen bestimmbaren Fälligkeitszeitpunkt zur Erfüllung dieser Verpflichtung. Im Gegensatz dazu steht die nach der Beanstandung der ursprünglich von dem Notar jeweils beurkundeten Klausel hinzugefügte Wendung, es werde „hierdurch“ kein Vertrag zugunsten Dritter bewirkt. Ein Schuldanerkenntnis der Erwerber gegenüber dem das zu beurkundende Geschäft vermittelnden Makler sollte nach dem Willen der Urkundsbeteiligten auch nicht abgegeben werden. Der erste Teil der von dem Notar stammenden Formulierung der Courtageklausel beinhaltet aber ein solches Schuldanerkenntnis. Gerade derartige Widersprüchlichkeiten von beurkundeten Erklärungen zu vermeiden, war der Notar durch § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG verpflichtet. Für die auf Erwerberseite an den betroffenen Verträgen Beteiligten wurde der Eindruck, aufgrund des Beurkundeten zur Zahlung verpflichtet zu sein, durch die ebenfalls unstreitig erfolgte Art und Weise der Gebührenerhebung des Notars, die von einem Schuldanerkenntnis ausging, noch verstärkt.
Verstößen gegen die Pflichten aus § 17 Abs. 1 BeurkG kommt besonderes Gewicht zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich bei den den Notaren übertragenen Aufgaben um Staatsaufgaben vorsorgender Rechtspflege3. Die in § 17 Abs. 1 BeurkG enthaltenen Pflichten dienen dazu, wichtige Rechtsgeschäfte vorab einer qualifizierten rechtlichen Überprüfung zu unterziehen und dabei die Beteiligten nicht nur über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren, sondern auch eine Benachteiligung rechtlich ungewandter Beteiligter zu vermeiden4. Verstöße, die sich als unzureichende Erforschung des Willens der Urkundsbeteiligten erweisen und mit der Gefahr unzureichender Sorge um die Interessen zumindest eines Beteiligten verbunden sind, stellen die vorsorgende Rechtspflege in Frage.
Das Gewicht der mit jeder der unstreitig wenigstens in 442 Fällen erfolgten Beurkundung der genannten widersprüchlichen Courtageklausel verbundenen Amtspflichtverletzung wird nicht durch den von dem Notar für sich in Anspruch genommenen Charakter als „Serienfehler“ gemindert. Zwar geht die durchgängige Verwendung der Klausel in aufgrund der Vermittlungstätigkeit von Maklern zustande gekommenen Kaufverträgen auf die einmal vorgenommene Umgestaltung der Klausel nach der Beanstandung aufgrund der Geschäftsprüfung im Jahr 2005 zurück. § 17 Abs. 1 BeurkG verpflichtet den Notar jedoch, bei jeder Beurkundung den Willen der Beteiligten zu erforschen und diesen unzweideutig in der Niederschrift wiederzugeben. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts hat der Notar aber – entgegen dem weiteren Wortlaut der Beurkundungen – über die Bedeutung der Klausel nicht belehrt und in der notariellen Verhandlung nicht geklärt, ob die Aufnahme der Klausel dem Willen der Urkundsbeteiligten entspricht.
Mit der durchgängigen Verwendung der Maklercourtageklausel ohne die durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG gebotene Erforschung des Willens der Urkundsbeteiligten hat der Notar zugleich gegen seine Dienstpflichten aus § 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 BNotO verstoßen. Die beanstandete Klausel begünstigt angesichts des durch sie hervorgerufenen Eindrucks eines Schuldanerkenntnisses der Erwerber gegenüber den nicht unmittelbar am zu beurkundenden Erwerbsgeschäft beteiligten Vermittlern Letztere. Da der Notar nach seinem eigenen Eingeständnis bei der Abrechnung gegenüber den Gebührenschuldnern die (auch) beurkundete Klausel – entgegen dem, was die eigentlichen Urkundsbeteiligten gewollt haben, – selbst als Schuldanerkenntnis behandelt hat, verstärkt sich der durch Verwendung der Klausel zugunsten der Vermittler mögliche Anschein einer Parteilichkeit noch. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund der Beanstandung der von dem Notar zunächst jeweils beurkundeten Maklercourtageklausel. Aus den unter II. 1.a))aa)) genannten Gründen wird der Eindruck eines in der Urkunde enthaltenen Schuldanerkenntnisses hinsichtlich des Courtageanspruchs des Maklers allein durch den Zusatz „kein Vertrag zugunsten Dritter begründet“ bei Festhalten an den sonstigen zuvor verwendeten Formulierungen gerade nicht beseitigt. Das Bestreben, an einer – bereits beanstandeten – Courtageklausel zugunsten der Vermittler des beurkundeten Geschäfts möglichst weitgehend festzuhalten, erweckt den Anschein mangelnder Unparteilichkeit und Unabhängigkeit.
Aus den vom Oberlandesgericht festgestellten Gesamtumständen der Tätigkeit des Notars lässt sich über das erstinstanzliche Gericht hinausgehend der Schluss auf eine wenigstens bedingt vorsätzliche Verletzung der Amtspflichten aus § 17 Abs. 1 BeurkG und § 14 Abs. 1 und 3 BNotO schließen.
Im Rahmen der Geschäftsprüfung 2005 war gerade beanstandet worden, dass durch die bis dahin verwendete, oben genannte Maklercourtageklausel der Eindruck bei den Erwerbern entstehe, aus dem beurkundeten Kaufvertrag heraus (auch) zu der Zahlung der Maklercourtage rechtlich verpflichtet zu sein. Wie vorstehend dargelegt, ist die bereits in der ursprünglichen Klausel enthaltene Verknüpfung der Zahlungspflicht zu der Vermittlungstätigkeit des Maklers („daher“) ebenso vollständig erhalten geblieben wie die im Kaufvertrag niedergelegte Bestimmung eines Fälligkeitstermins.
Der Notar hat lediglich durch die Ergänzung um den Satz, „Auf die Bedeutung dieser Klausel hat der Notar hingewiesen, insbesondere auch darauf, dass hierdurch kein Vertrag zu Gunsten Dritter begünstigt wird“, den Versuch unternommen, den von Seiten der Aufsichtsbehörde erhobenen Beanstandungen nachzukommen. Das übrige Verhalten des Notars im Anschluss an den Übergang zu der neuen Klausel steht aber dazu in Widerspruch. Er hat entgegen dem Wortlaut der Niederschrift die Urkundsbeteiligten nicht auf die Bedeutung der Klausel hingewiesen. Bereits damit wird die Bedeutung der Aufnahme der Wendung über die fehlende Begründung eines Vertrages zu Gunsten Dritter erheblich relativiert.
Da der Notar zudem die Maklercourtageklausel weiterhin gebührenrechtlich als Schuldanerkenntnis behandelt hat, lässt sein Gesamtverhalten nur den Schluss zu, entgegen seinen Amtspflichten materiell weiter an einer als unzulässig beanstandeten Maklercourtageklausel festgehalten zu haben und darüber hinaus die Bedeutung des auf die Beanstandungen hin erfolgten Klauselzusatzes planmäßig zu relativieren bzw. aufzuheben. Unter weiterer Berücksichtigung des Verhaltens des Notars hinsichtlich der unterbliebenen bzw. verzögerten Gebührenbeitreibung gegenüber im Immobiliensektor agierenden Gebührenschuldnern trägt dies den Schluss, dass der Notar (wenigstens) bedingt vorsätzlich die vorgenannten Dienstpflichten vor allem im Interesse der seine Tätigkeit initiierenden Immobilienmakler und sonst im Immobilienbereich involvierten Personen und Unternehmen verletzt hat.
Die von dem Notar seit der vorherigen Geschäftsprüfung verwendete Maklercourtageklausel hat die an dem zu beurkundenden Vertrag nicht unmittelbar beteiligten Makler gegenüber den Erwerbern begünstigt, indem der Eindruck eines Schuldanerkenntnisses erweckt worden ist. Die Verwendung der Klausel ist in sämtlichen Einzelfällen erfolgt, obwohl der Notar die Willensrichtung der unmittelbaren Urkundsbeteiligten entgegen seiner Pflicht aus § 17 Abs. 1 BeurkG gerade nicht erforscht hatte. Die Pflicht zur Unparteilichkeit (§ 14 Abs. 1 und 3 BNotO) und die Pflicht zur Erforschung des Willens der Beteiligten sind bereits je für sich genommen für das öffentliche Amt des Notars5 konstitutiv. Werden durch eine Verhaltensweise des Notars im Zusammenhang mit seiner Amtstätigkeit beide Pflichten zugleich verletzt, verleiht dies dem Dienstvergehen schon in objektiver Hinsicht ein besonderes Gewicht.
In subjektiver Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der Notar an einer Klausel festgehalten hat, die in ihrem Kern bei der vorausgegangenen Geschäftsprüfung beanstandet worden war. Mit dem ergänzenden Hinweis auf die fehlende Begründung eines Vertrages zu Gunsten Dritter hätte der Notar der Beanstandung allenfalls dann Rechnung tragen können, wenn er den als geschehen beurkundeten Hinweis auf die Bedeutung der Klausel tatsächlich erteilt hätte.
Gerade dies ist jedoch in keinem der Fälle erfolgt. Darin liegt innerhalb eines einheitlichen Beurkundungsvorgangs eine weitere Amtspflichtverletzung, die wiederum mit einer schwerwiegenden Vernachlässigung der Interessen der auf Erwerberseite Beteiligten einhergeht. Bereits in der Zusammenschau insoweit stellen die einzelnen Amtspflichtverletzungen auch in subjektiver Hinsicht gravierende Verstöße gegen das Gebot der Unparteilichkeit des Notars dar.
Das Gewicht dieser Verstöße als Dienstvergehen wird noch durch die von dem Notar verfolgten wirtschaftlichen Eigeninteressen verstärkt, indem er die Maklercourtageklausel gebührenrechtlich als Schuldanerkenntnis behandelte. Dem kommt besondere Bedeutung zu, weil die Missverständlichkeit der Klausel insoweit Grund und Gegenstand der Beanstandung bei der Geschäftsprüfung 2005 war. Die bei der vorherigen Geschäftsprüfung gegebene Zusage, dies abzustellen, hat der Notar nicht nur nicht eingehalten, sondern darüber hinaus an dem beanstandeten Verständnis selbst zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil festgehalten.
Die spätere Rückerstattung der zu viel vereinnahmten Gebühren reduziert das ursprüngliche Gewicht der planmäßig völlig unzureichenden Berücksichtigung der Interessen der Urkundsbeteiligten auf der Erwerberseite nur in geringem Umfang. Das gilt erst recht angesichts des Umstandes, dass – wie sich aus den Pflichtverstößen im Zusammenhang mit der Gebührenbeitreibung ergibt – der Notar in einem großem Maße durch im Immobilienbereich tätige Personen oder Unternehmen beauftragt worden ist.
Das Verhalten des Beklagten insgesamt lässt im vorliegenden Fall für den Bundesgerichtshof den Schluss zu, dass er planmäßig unter Verletzung mehrerer bedeutsamer Dienstpflichten den Interes-sen von Mandanten aus der genannten Branche entgegen gekommen ist, um sich hierdurch unberechtigte Vorteile im Wettbewerb mit anderen Notariaten zu verschaffen.
In der Gesamtschau ergibt sich ein so schwerwiegend dienstpflichtwidri-ges, auf einseitige Rücksichtnahme auf die Interessen von Urkundsbeteiligten aus dem Immobilienbereich gerichtetes Verhalten, dass ein weiterer Verbleib im Amt mit dessen Prägung als unparteiisch und unabhängig nicht vereinbar ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. November 2014 – NotSt(Brfg) 1/14