Für die missglückte Sanierung einer Flutlichtanlage haftet außer dem Bauunternehmer bei Planungsmängel auch der Architekt.

Die Thüringer Landeshauptstadt Erfurt hatte im Jahr 1999 die Flutlichtanlage des Steigerwaldstadions erneuern lassen. Noch vor der Abnahme der Bauleistungen knickte einer der neuen Lichtmäste (in der Nacht vom 30.11. zum 01.12.1999) über dem Seilanschluss ab; das abgebrochene 7,2 t schwere Teil des Mastes hing pendelnd herab und drohte abzustürzen. Aus Sicherheitsgründen wurden deshalb alle vier Masten demontiert. Hierfür und für die anschließende Neuplanung und Neuerrichtung der Flutlichtanlage musste die Stadt Erfurt mehr als 1 Mio € aufwenden.
Diese sog. Mängelbeseitigungskosten waren Gegenstand eines Bauprozesses, der jetzt mit dem Berufungsurteil des Thüringer Oberlandesgerichts sein (vorläufiges) Ende fand. Die Landeshauptstadt hatte nach Abzug einbehaltenen Restwerklohns von rund 450.000 € einen Betrag von rund 570.000 € als Schadensersatz von dem Bauunternehmen und dem Architekten verlangt.
Mit der Klage war sie in der ersten Instanz nur teilweise erfolgreich. Das Landgericht Erfurt verurteilte (nur) das Bauunternehmen zur Zahlung; und zwar in Höhe von 492.807,43 €. Die Klage gegen den Architekten wies das Landgericht hingegen ab1.
Gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt haben das Bauunternehmen und die Stadt Erfurt Berufung eingelegt; das Bauunternehmern mit dem Ziel der Klageabweisung und (widerklagend) des Zuspruchs von rund 600.000 € Werklohn (einbehaltener Restwerklohn für die Ersterrichtung der Masten, daneben Demontagekosten und Werklohn für die Neuerrichtung). Ziel der Berufung der Landeshauptstadt war eine Verurteilung auch des Architekten.
Das Thüringer Oberlandesgerichts änderte das Urteil des Landgerichts nun teilweise ab: Während die Berufung des Bauunternehmens erfolglos blieb, hat das OLG der Berufung der Stadt Erfurt teilweise stattgegeben. In Höhe von 191.400 € kann die Landeshauptstadt nun auch den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch nehmen; er haftet in dieser Höhe gemeinsam (als Gesamtschuldner) mit dem Bauunternehmen. Bei den restlichen 301.407,43 € bleibt es hingegen bei der Alleinhaftung des Bauunternehmens.
An der Flutlichtanlage habe es sowohl durch Ausführungsfehler, als auch durch Planungsfehler verursachte Baumängel gegeben, so das Thüringer Oberlandesgericht in seinen Urteilsgründen. Zwar sei der Lichtmast 1 deshalb (ab)gebrochen, weil das Bauunternehmen einen ungeeigneten (zu spröden) Stahl verwendet habe. Neben der Ausführungsleistung sei aber auch die Planungsleistung des Architekten mangelhaft gewesen; die (von ihm geplante) Konstruktion sei unterhalb der Seilabspannung – auf Sicht gesehen – nicht tragsicher gewesen und habe die Windbeanspruchung nur unzureichend berücksichtigt. Für den sowohl durch Ausführungs- als auch Planungsmängel entstandenen identischen Schaden seien Bauunternehmer und Architekt gemeinsam verantwortlich; für den darüber hinausgehenden Schaden oberhalb der Seilabspannung hafte das Bauunternehmen hingegen allein. Deshalb hätten das Bauunternehmen und der Architekt als Gesamtschuldner nur die Kosten zu ersetzen, die fiktiv allein für die Beseitigung der Planungsfehler am unteren Teil der Flutlichtmaste angefallen wären. Da hierfür die Masten hätten stehen bleiben können, beliefen sich die in die gesamtschuldnerische Haftung fallenden fiktiven Mängelbeseitigungskosten (nur) auf 191.400 €. Die vollständige Demontage und Sanierung der Anlage sei allein wegen des Ausführungsmangels erforderlich gewesen. Den größeren Anteil von 301.407,43 € der mit insgesamt 492.807,43 € festgestellten Mängelbeseitigungskosten habe das Bauunternehmen deshalb allein zu tragen.
Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 21. Juli 2011 – 1 U 1223/05
- LG Erfurt, Urteil vom 17.11.2005 – 8 O 2564/03[↩]
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- Landgericht Hamburg: Juliette Kober