Der Anspruch des Gläubigers gegen den Drittschuldner auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten für die erste Zahlungsaufforderung setzt nach § 840 Abs.2 S.2 ZPO voraus, dass die Nichtabgabe oder nicht rechtzeitige Abgabe der Drittschuldnererklärung für jene Tätigkeit des Rechtsanwalts ursächlich ist. Das ist nur dann der Fall, wenn die Hauptforderung nicht durchsetzbar ist und sich das aus der richtig und rechtzeitig abgegebenen Drittschuldnererklärung ergeben hätte. Anderenfalls kommt ein solcher Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten – bei der ersten Zahlungsaufforderung liegt regelmäßig kein Verzug vor – nicht in Betracht.

Zu einem schlüssigen Klagvortrag für eine auf § 840 Abs.2 S.2 ZPO gestützte Klage gehört ein Tatsachenvortrag zur Begründung der Kausalität der Nichtabgabe oder der nicht rechtzeitigen Abgabe der Drittschuldnererklärung für die fruchtlose Tätigkeit des Rechtsanwalts. Erfolgt der schlüssige Vortrag erst in der zweiten Instanz, hat dies die Kostenfolge des § 97 Abs.2 ZPO.
Der Anspruch aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO entfällt nicht deshalb, weil die Gläubigervertreter bereits mit der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen die Drittschuldnerin mandatiert waren. Denn die Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung und die streitgegenständliche außergerichtliche Zahlungsaufforderung stellen unterschiedliche gebührenrechtliche Angelegenheiten nach dem RVG dar. Es ist unzutreffend, wenn die Berufung davon ausgeht, dass aufgrund der bereits erfolgten Beauftragung der Gläubigervertreter mit der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auch die außergerichtliche Durchsetzung des Zahlungsanspruches bereits „mandatiert und begleitet, gesichert und alternativlos“ war und damit auch die außergerichtliche Zahlungsanforderung rein deklaratorisch gewesen sei. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Beantragung eines Pfändung- und Überweisungsbeschlusses kann nicht so ausgelegt werden, dass damit automatisch auch die außergerichtliche Beitreibung der gepfändeten Forderungen beauftragt wäre. Selbst wenn man den Auftrag dergestalt auslegen würde, änderte sich hierdurch im Übrigen nichts an der gebührenrechtlichen Trennung der Angelegenheiten.
Die Gläubigerin kann die entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten vorliegend nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO ersetzt verlangen, da diese kausal durch den auf der Nichterfüllung der der Drittschuldnerin nach § 840 Abs. 1 ZPO obliegenden Pflicht zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung beruhenden Entschluss, die gepfändete Forderung außergerichtlich geltend zu machen, verursacht wurde1.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Anwaltskosten für eine nochmalige Aufforderung an den Drittschuldner zur Abgabe der Erklärung und weitere vorprozessuale Aufforderungsschreiben nicht zu erstatten sind2. Dies wird damit begründet, dass der Pfändungsgläubiger, unterlässt der Drittschuldner die nach § 840 Abs. 1 ZPO geforderten Angaben, von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen und diesen ohne Kostenrisiko einklagen kann3. Der Pfändungsgläubiger kann den Drittschuldner daher unmittelbar auf Leistung in Anspruch nehmen, ohne weitere Schritte zu unternehmen, um den Drittschuldner zur Abgabe der Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO – worauf nach ständiger Rechtsprechung4 auch kein Anspruch des Pfändungsgläubigers besteht – zu veranlassen.
Das Landgericht Stuttgart Das Landgericht teilt in diesem Zusammenhang nicht die Ansicht des OLG Dresden5, nach der sich die Ursächlichkeit der verspäteten Abgabe einer Drittschuldnererklärung für die Entstehung der Kosten einer außergerichtlichen Zahlungsaufforderung (die den nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu ersetzenden Schaden darstellen) bereits daraus ergibt, dass eine Veranlassung zur außergerichtlichen Zahlungsaufforderung nicht bestehen würde, wenn sich der Drittschuldner rechtzeitig über eine bestehende Leistungsbereitschaft erklärt hätte.
Denn auch in dem Fall, in dem der Drittschuldner seine Leistungsbereitschaft positiv (und rechtzeitig) erklärt, muss er in der Folge vorgerichtlich zur Zahlung aufgefordert werden. Würde der Pfandgläubiger seinen Leistungsanspruch bei ausdrücklicher Erklärung der Leistungsbereitschaft durch den Drittgläubiger nämlich ohne außergerichtliche Zahlungsaufforderung sogleich gerichtlich geltend machen, setzte er sich prozessual dem Kostenrisiko eines sofortigen Anerkenntnisses aus. Eine Veranlassung, den Drittschuldner zunächst außergerichtlich zur Zahlung aufzufordern, besteht also auch in dieser Konstellation. Die Kausalität des Unterbleibens der Drittschuldnererklärung für die Vornahme der außergerichtlichen Zahlungsaufforderung entfällt jedoch damit. Denn Schäden, die auch bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten des Schädigers entstanden wären, werden vom Schutzzweck der Haftungsnormen regelmäßig nicht erfasst6.
Dieses Ergebnis erschließt sich auch vor dem Hintergrund folgender Überlegungen: Ein Anspruch auf die Tragung der Kosten der Vornahme der vorgerichtlichen Zahlungsaufforderung durch einen Rechtsanwalt besteht in der Konstellation, in der sich der Drittschuldner rechtzeitig erklärt hat, lediglich nach den allgemeinen Regeln, normalerweise also nur unter Verzugsgesichtspunkten. Wenn nun aber nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs3 der Gläubiger im Fall einer unterbliebenen bzw. verspäteten Drittschuldnererklärung von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen darf, also durch den sich nicht bzw. verspätet erklärenden Drittschuldner konkludent ein entsprechender Schein gesetzt ist, kann insofern nichts anderes gelten als im Fall einer ausdrücklichen Erklärung des Drittschuldners.
Zwar kann der Gläubiger in diesem Fall gerichtlich ohne Kostenrisiko gegen den Drittschuldner vorgehen. Denn der Gläubiger, der mangels Auskunft des Drittschuldners gegen diesen eine nicht begründete Zahlungsklage erhoben hat, kann im Prozess gegen den Drittschuldner Ersatz des durch die Nichtabgabe bzw. verspätete Abgabe der Auskunftserklärung entstandenen Schadens auf Grundlage des § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO in der Weise geltend machen, dass er von der Leistungsklage zur Feststellungsklage übergeht7. Voraussetzung einer Haftung nach § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO ist aber auch in dieser Konstellation, dass der entstandene Schaden kausal durch die Nichtabgabe bzw. verspätete Abgabe der Drittschuldnererklärung verursacht wurde.
Eine solche Kausalität besteht nach Ansicht des Landgerichts aber nur dann, wenn die Forderung gegen den Drittschuldner von Beginn an nicht beitreibbar war, dies aber erst nach einer vom Drittschuldner verspätet abgegebenen Erklärung feststeht8. Denn nur in diesem Fall sind die Rechtsverfolgungskosten zur Geltendmachung der Forderung unnütz aufgewandt worden. War die Forderung gegen den Drittschuldner dagegen von Beginn an beitreibbar, so sind die Rechtsverfolgungskosten gerade nicht aufgrund der unterlassenen bzw. verspäteten Drittschuldnererklärung entstanden, sondern im Rahmen der regulären Rechtsverfolgung.
Vorliegend hat die Gläubigerin durch Vorlage des Schreibens der Drittschuldnerin jedoch eine Kausalität der verzögerten Abgabe der Drittschuldnererklärung für die Entstehung der Kosten der außergerichtlichen Zahlungsaufforderung nachgewiesen. Mit diesem nach Ablauf der Frist für die Abgabe der Drittschuldnererklärung bei der Gläubigerin eingegangenen Schreiben teilte die Drittschuldnerin der Gläubigerin nämlich mit, dass nicht davon auszugehen sei, dass nach Abzug der Kosten für die Pfändung ein Betrag für die Gläubiger verbleibe. Von einer Beitreibbarkeit der gepfändeten Forderung war folglich nicht auszugehen. Wäre die Erklärung vom 02.01.2013 durch die Drittschuldnerin rechtzeitig abgegeben worden, hätte die Gläubigerin von der außergerichtlichen Geltendmachung der gepfändeten Forderung abgesehen. Es kam folglich lediglich aufgrund der verzögerten Abgabe der Drittschuldnererklärung und des hierdurch entstandenen Anscheins der Beitreibbarkeit der gepfändeten Zahlungsaufforderung zur vorgerichtlichen Zahlungsaufforderung vom 03.12.2012. Die hierdurch entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 70, 20 EUR sind demnach gemäß § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu ersetzen.
Die Gläubigerin hat die Kosten der Berufungsinstanz gem. § 97 Abs. 2 ZPO zu tragen, nachdem die Gläubigerin nach der von der Landgericht vertretenen Auffassung in der ersten Instanz unterlegen wäre und erst die Vorlage der Erklärung der Drittschuldnerin in der Berufungsinstanz der Klage zum Erfolg verhelfen konnte. Einer Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO steht nicht entgegen, dass die Gläubigerin bereits in 1. Instanz obsiegt hat. Denn es ist nicht Voraussetzung, dass die siegende Partei im vorausgegangenen Rechtszug unterlegen ist. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift kann sie auch gegenüber der in erster Instanz siegreichen Partei in Betracht kommen9. Dass das Landgericht eine andere Rechtsauffassung als das Amtsgericht vertritt, ist für die Kostenfolge des § 97 Abs. 2 ZPO unerheblich. Denn die Vorschrift ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen die in zweiter Instanz obsiegende Partei aufgrund desjenigen neuen Vortrags obsiegt, den das Ausgangsgericht vermisst hat. Sie gilt vielmehr für alle die Fälle, in denen das Berufungsgericht tatsächlich auf Grund des neuen Vortrages der Klage stattgegeben hat. Auch wenn das „neue Vorbringen” vom Boden der Rechtsauffassung des Ausgangsgerichts aus unbehelflich war, bleibt zu prüfen, ob die Partei imstande war, das neue Vorbringen schon dem Ausgangsgericht zu unterbreiten10. Dies ist vorliegend aber der Fall. Es liegt entgegen der Ansicht der Gläubigerin keine Fallgestaltung vor, in der keinerlei Anlass zum Vortrag der entsprechenden Tatsachen gegeben war. Denn die Gläubigerin machte Schadensersatz gem. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO geltend, es lag daher nahe, vorzutragen, ob die Drittschuldnerin eine Drittschuldnererklärung abgegeben hatte, und falls ja, wann diese Erklärung erfolgte und mit welchem Inhalt sie abgegeben wurde. Anspruchsvoraussetzung des § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO ist gerade die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß § 840 Abs. 1 ZPO. Vorliegend hatte die Gläubigerin aber erstinstanzlich lediglich vorgetragen, dass die Drittschuldnererklärung am 4.01.2013 einging, der Inhalt der Erklärung wurde nicht dargetan, obwohl dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre.
Landgericht Stuttgart, Urteil vom 25. März 2015 – 13 S 66/14
- so sinngemäß der Leitsatz der Entscheidung BGHZ 98, 291[↩]
- BGH, Urteil vom 04.05.2006 – IX ZR 189/04; BGH Beschluss vom 14.01.2010 – VII ZB 79/09[↩]
- BGH, Urteil vom 04.05.2006 – IX ZR 189/04, Rz. 14; BGH Beschluss vom 14.01.2010 – VII ZB 79/09, Rz. 14[↩][↩]
- BGH a.a.O.[↩]
- OLG Dresden, Urteil vom 01.12.2010 – 1 U 475/10[↩]
- vgl. nur Palandt, BGB, 74. Aufl.2015, vor § 249 Rn. 64 m.w.N.[↩]
- grundlegend BGH, Urteil vom 04.02.1981 – VIII ZR 43/80[↩]
- so auch die Fallgestaltung im Urteil des BGH vom 04.02.1981 – VIII ZR 43/80, Rz. 10[↩]
- OLG Stuttgart, Urteil vom 24.08.1999 – 12 U 53/99, Rn. 7[↩]
- BGH NJW 1960, 818[↩]