Die nicht ruhende Berufungsbegründungsfrist

Der Antrag, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, enthält nicht zugleich einen Antrag auf Verlängerung einer laufenden Berufungsbegründungsfrist.

Die nicht ruhende Berufungsbegründungsfrist

Die Berufung ist unzulässig, wenn sie nicht innerhalb der in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmten Frist begründet worden ist. Die Anordnung des Ruhens des Verfahrens hat den Lauf dieser Frist nach § 251 Satz 2, § 233 ZPO nicht beeinflusst. Der Verwerfung der Berufung steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht nicht über eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entschieden hat1. Insbesondere ist der Antrag auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens nicht zugleich als Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung auszulegen.

Bei Auslegung einer Prozesserklärung darf eine Partei nicht am buchstäblichen Sinn ihrer Wortwahl festgehalten werden, sondern es ist davon auszugehen, dass sie mit ihrer Prozesshandlung das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht2. Dabei bestimmen allerdings, was die Rechtsbeschwerde übersieht, nicht allein die tatsächlichen Interessen der erklärenden Partei das Verständnis der abgegebenen Erklärung. Vielmehr müssen sich diese aus den im Zeitpunkt der Erklärung äußerlich in Erscheinung tretenden Umständen ersehen lassen. Maßgebend ist unter Beachtung der durch die gewählte Formulierung gezogenen Auslegungsgrenzen der objektiv zum Ausdruck kommende Wille des Erklärenden3.

Nach diesen Grundsätzen eröffnet bereits der Wortlaut des Antrags der Kläger auf Anordnung des Ruhens des Verfahres keinen Raum für eine Auslegung als doppelte Prozesserklärung, die sowohl auf die Anordnung des Ruhens des Verfahrens als auch auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gerichtet ist. Weder der Antrag noch die Mitteilung der Zustimmung der Klägerseite weisen irgendeinen Bezug auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf.

Weiterlesen:
Berufungsbegründungsfrist nach PKH-Gewährung

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. November 2009 – XI ZB 15/09

  1. vgl. BGH, Beschlüsse vom 03.02.1988 – IVb ZB 19/88, NJW-RR 1988, 581 und vom 05.04,2001 – VII ZB 37/00, NJW-RR 2001, 931[]
  2. vgl. BGH, Urteile vom 24.11.1999 – XII ZR 94/98, NJW-RR 2000, 1446, vom 17.05.2000 – VIII ZR 210/99, WM 2000, 1512, 1514 und vom 16.092008 – VI ZR 244/07, NJW 2009, 751, Tz. 11; Beschlüsse vom 30.04.2003 – V ZB 71/02, NJW 2003, 2388, vom 02.07.2004 – V ZR 290/03, NJW-RR 2005, 371, 372 und vom 24.03.2009 – VI ZB 89/08, MDR 2009, 760[]
  3. BGH, Beschlüsse vom 15.03.2006 – IV ZB 38/05, NJW-RR 2006, 862, Tz. 13; vom 30.05.2007 – XII ZB 82/06, NJW 2007, 3640, Tz. 26; und vom 24.03.2009 – VI ZB 89/08, MDR 2009, 760[]