Nach § 117 Abs. 2 S. 2 Halbsatz 2 ZPO darf das Gericht die von dem Antragsteller im Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eingereichte Erklärung nebst Belegen dem Gegner u.a. dann zugänglich machen, wenn der Gegner nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers hat.

Der Gesetzgeber hat diese Befugnis dem Gericht jedoch allein im Interesse der Richtigkeitsgewähr der Feststellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers im Verfahren auf Bewilligung von Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe eingeräumt, nicht aber einen (verfahrensrechtlichen) Anspruch des Antragsgegners begründen wollen1.
So heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO2: „Durch die Ergänzung in Absatz 2 Satz 2 wird dem Gericht im Interesse der Richtigkeitsgewähr der Feststellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers grundsätzlich die Befugnis gegeben, die Erklärung des Antragstellers dem Gegner zur Stellungnahme zuzuleiten. Voraussetzung ist, dass zwischen den Parteien ein materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch über Einkünfte und Vermögen besteht… Wenn der Gegner auf die Kenntnis der Angaben, die Gegenstand der Erklärung des Antragstellers sind, ohnehin einen zivilrechtlichen Anspruch hat, erscheint es verfahrensökonomisch, den Gegner sogleich in das Verfahren einzubeziehen, um etwaige Unrichtigkeiten in der Erklärung so früh wie möglich korrigieren zu können…“
Dem Antragsgegner steht vielmehr in dem nicht kontradiktorischen Verfahren auf Bewilligung von Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe ein Beschwerderecht nicht zu. Die Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe ist eine Leistung der staatlichen Daseinsfürsorge. Der Gegner wird zwar in diesem zwischen Gericht und Antragsteller geführten Nebenverfahren zu den sachlichen Voraussetzungen der Bewilligung nach § 118 Abs. 1 ZPO angehört. Er wird aber durch die Bewilligung der Prozesskosten-/Verfahrenskostenhilfe rechtlich nicht beschwert, was zur Unzulässigkeit aller Rechtsmittel des Gegners führt3.
Ein – ggf. ein Beschwerderecht i.S.d. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO begründendes – Recht auf Einsicht in die vom Antragsteller beigebrachten Unterlagen des Prüfungsverfahrens zur Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe steht dem Antragsgegner auch nicht aus § 13 FamFG/§ 299 ZPO zu. Die nach § 117 Abs. 2 ZPO vom Antragsteller beizubringenden Unterlagen unterliegen nicht dem Akteneinsichtsrecht des § 13 FamFG/§ 299 Abs. 1 ZPO, wie bereits der spezielleren Vorschrift des § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO entnommen werden kann4.
Der Verneinung einer Beschwerdebefugnis des Antragsgegners gegenüber einer abschlägigen Entscheidung des Gerichts nach § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO steht nicht entgegen, dass mehrere Oberlandesgerichte5 Antragstellern gegen die in der Offenlegung der Antragsunterlagen liegende Nebenentscheidung im Verfahrenskostenhilfeverfahren in entsprechender Anwendung von § 127 Abs. 2 ZPO die Beschwerde eröffnet haben. Insoweit liegen nämlich die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung von § 127 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 76 Abs. 2 FamFG vor, weil durch die Einsichtnahme des Antragsgegners in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen das Verfassungsrang genießende Recht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt werden kann und hiergegen ein effektiver Rechtschutz zu gewährleisten ist.
Schleswig ‑Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 15. Dezember 2014 – 13 WF 189/14
- vgl. OLG Bremen, FamRZ 2012, 649 f; OLG Oldenburg, FamRZ 2013, 805 f; OLG Nürnberg, Beschluss vom 10.10.2014, Az. 9 WF 1163/14, iuris; MünchKomm-ZPO/Motzer, 4. Aufl.2013, § 117, Rdnr. 25; Zöller-Geimer, ZPO, Kommentar, 30. Aufl.2014, § 117, Rdnr.20; vgl. auch Viefhues, FuR 2013, 488, 493: „kein Anspruch des Verfahrensgegners“[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 325 zu Nummer 6[↩]
- vgl. BGH NJW 2002, 3554[↩]
- vgl. Keidel-Sternal, FamFG, Kommentar, 17. Aufl.2011, § 13, Rdnr. 9; Zöller-Greger, aaO, § 299, Rdnr. 4 m.w.N.; Zöller-Geimer, aaO, § 117, Rdnr.20; Müko-ZPO/Prütting, aaO, § 299, Rdnr. 5; Musielak-Huber, ZPO, Kommentar, 11. Aufl.2014, § 299, Rdnr. 2[↩]
- vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 2011, 125; OLG Koblenz, FamRZ 2011, 389; OLG Naumburg, NZFam 2014, 1057; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.08.2014, Az. 2 WF 167/14[↩]