Die bei Begründung einer Vereinbarungstreuhand im Treuhandvertrag übernommene Verpflichtung des Treuhänders, das Treugut jederzeit unentgeltlich auf den Treugeber zu übertragen, und die dem Treugeber hierzu vom Treuhänder erteilte Vollmacht erlöschen nicht bereits mit der Beendigung des Treuhandverhältnisses auf Grund der Kündigung des Treuhandvertrages.

Auch hinsichtlich des Geschäftsanteils an einer GmbH kann ein Treuhandverhältnis begründet werden1. Insoweit ist im vorliegenden Fall mit dem notariellen Treuhandvertrag eine Vereinbarungstreuhand begründet worden. Die Vereinbarungstreuhand zeichnet sich dadurch aus, dass der Treuhänder mit dem Treugeber vereinbart, einen bisher ihm (dem Treuhänder) gehörenden Geschäftsanteil nunmehr als Treugut für den Treugeber innezuhaben; die Vereinbarungstreuhand setzt – was hier der Fall war – einen bestehenden Geschäftsanteil voraus2.
Die Beendigung des Treuhandvertrages durch Kündigung führt – sofern keine auflösend bedingte Übertragung vereinbart wurde – nicht zu einem automatischen Übergang der Anteile auf den Treugeber. Vielmehr ist eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Beteiligung durch den Treuhänder auf den Treugeber erforderlich. Eine entsprechende Übertragungspflicht des Treuhänders folgt in der Regel aus dem Treuhandvertrag3. Bei der Vereinbarungstreuhand kann eine entsprechende Herausgabepflicht demgegenüber nicht auf § 667 BGB gestützt werden, weil der Treuhänder den Anteil hier gerade nicht durch die Geschäftsbesorgung erlangt hat4.
Bei der Vereinbarungstreuhand ist die Treuhandabrede – was hier erfolgt ist – notariell zu beurkunden5. Der Treuhandvertrag ist insoweit auch nicht nach §§ 125, 139 BGB nichtig. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Juli 19616 betrifft insoweit einen mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbaren Sachverhalt. Denn in dem dort entschiedenen Fall stand der Treuhandvertrag in einem entsprechenden rechtlichen Zusammenhang mit einem nur privatschriftlich geschlossenen Kaufvertrag.
Auch der Gesellschaftsvertrag der GmbH steht im vorliegenden Fall weder der Wirksamkeit des Treuhandvertrages noch der Wirksamkeit der Abtretung des streitgegenständlichen Geschäftsanteils an die Treugeberin entgegen.
Gesellschaftsvertragliche Beschränkungen nach § 15 Abs. 5 GmbHG finden grundsätzlich auch auf die Treuhand an Geschäftsanteilen Anwendung und zwar auch bei der Vereinbarungstreuhand7. Darüber hinaus ist im vorliegenden Treuhandvertrag ausdrücklich geregelt, dass der Treugeber gegenüber dem Treuhänder keine Ansprüche oder Rechte geltend machen kann, zu deren Erfüllung oder Ausübung der Treuhänder nach dem Gesellschaftsvertrag nicht berechtigt ist. Nach dem Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages bedarf die Verfügung über einen Geschäftsanteil eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses.
Eine solche insoweit jeweils ausreichende Zustimmung ist unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Treuhandvertrages darin zu sehen, dass sämtliche Gesellschafter bei der Beurkundung des Treuhandvertrages mitgewirkt und diesen unterschrieben haben8.
Die Ansicht, dass sich die Treugeberin auf diese Zustimmung der Gesellschafter nicht berufen könne, ist unzutreffend. Insbesondere kann dies nicht darauf gestützt werden, dass den Gesellschaftern eine gesonderte Prüfung der Person im Einzelfall nicht möglich gewesen sei und eine Übertragung an einen Dritten, der die Anforderungen der kassenärztlichen Zulassung nicht erfülle, hätte verweigert werden dürfen. Denn einerseits ist die Treugeberin den Gesellschaftern bekannt gewesen. Anderseits sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Treugeberin die Anforderungen der kassenärztlichen Zulassung nicht erfüllt oder ein wichtiger Grund vorliegt, der die Ausschließung der Treugeberin rechtfertigen und zum Einzug des Geschäftsanteils führen könnte.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das vorliegend im Gesellschaftsvertrag geregelte Vorkaufsrecht der anderen Gesellschafter. Denn bei der Übertragung des Treugutes vom Treuhänder auf den Treugeber der bereits wirksam begründeten Vereinbarungstreuhand auf Grundlage des unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter geschlossenen Treuhandvertrages handelt es sich um keinen „Vorkaufsfall“, im Hinblick auf den im Sinne dieser Regelungen ein entsprechendes Vorkaufsrecht hätte geltend gemacht werden können. Lediglich ergänzend ist daher anzumerken, dass auch nicht ersichtlich ist, dass ein solches überhaupt ausgeübt worden ist.
Nach den Bestimmungen des Treuhandvertrages hat sich die Treuhänderin gegenüber der Treugeberin ausdrücklich verpflichtet, den streitgegenständlichen Geschäftsanteil „ganz oder in Teilen jederzeit unentgeltlich an den Treugeber oder einen oder mehrere von diesem zu benennende/n Dritte/n durch Notariatsakt abzutreten, und zwar unter Verzicht auf alle Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte“. Diese Verpflichtung und die der Treugeberin gemäß den Bestimmungen des Treuhandvertrages insoweit „unwiderruflich“ erteilte Vollmacht „zur Übertragung/Abtretung von Geschäftsanteilen an den Treugeber bzw. von diesem zu benennende Dritte“, die zugleich konkludent eine Gestattung des Insichgeschäfts umfasst, sind nicht bereits mit Wirkung der erklärten Kündigung erloschen.
Verträge sind gemäß § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, wobei bei der Auslegung einer Willenserklärung gemäß § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen ist, was auch bei formbedürftigen Erklärungen gilt. Auszulegen ist insoweit der Inhalt der Erklärung durch Ermittlung eines vom üblichen Wortlaut abweichenden Sprachgebrauchs, durch Eliminierung von Falschbezeichnungen und Beseitigung von Widersprüchen. Dagegen können versehentlich weggelassene Abreden oder formunwirksam getroffene Nebenabreden nicht im Wege der Auslegung zum Inhalt der Erklärung gemacht werden9. Im Zweifel ist anzunehmen, dass die Parteien Vernünftiges gewollt und nichts Unredliches angestrebt haben10.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze führt die Auslegung des notariell beurkundeten Treuhandvertrages dazu, dass die dort bestimmte Pflicht der Treuhänderin, den Geschäftsanteil jederzeit an die Treugeberin abzutreten, gerade auch für den Fall der Beendigung des Treuhandverhältnisses gelten sollte, was dem regelmäßigen Erscheinungsbild eines Treuhandverhältnisses entspricht und nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB ist. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte nach dem Willen der Vertragsparteien den Geschäftsanteil nach dem Ablauf der Kündigungsfrist behalten können sollte, obwohl sie jedenfalls zuvor zur unentgeltlichen Übertragung verpflichtet war.
Eine solche Differenzierung folgt nicht aus dem pauschalen Vortrag der Treuhänderin, dass der Vertrag „wirtschaftlich oder rechtlich nie gelebt worden“ sei und Zahlungen „nur zwischen den Beteiligten des Anteilsübertragungsvertrages geflossen“ seien, und kann auch nicht mit dem Vortrag der Treuhänderin begründet werden, die Treugeberin habe für die Dauer des Treuhandvertrages die Möglichkeit erhalten sollen, „auf die Geschicke des Gesellschaftsanteils Einfluss nehmen zu können“ und „sich im Umkehrschluss verpflichtet, solange auch und nur für die Zeit des Laufes des Vertrages dann wirtschaftlich die laufenden Rechte und Lasten des Anteils zu tragen“. Denn auch mit einer vor Ablauf der Kündigungsfrist (oder sogar vor Kündigung) erfolgten Übertragung des Treugutes vom Treuhänder auf den Treugeber wäre das Treuhandverhältnis beendet worden, weshalb der Ablauf der Kündigungsfrist für die von der Treuhänderin angesprochene Frage nach der Gegenleistung für die Übertragung ohne Bedeutung ist, zumal sogar ausdrücklich die Verpflichtung zur unentgeltlichen Abtretung vereinbart worden ist.
Die im Treuhandvertrag vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten sind gleichwohl nicht ohne Bedeutung. Denn sie stellen sicher, dass das Treuhandverhältnis von beiden Seiten auch dann beendet werden kann, wenn eine Übertragung des Treugutes nicht (sofort) erfolgt, insbesondere von der jeweils anderen Seite nicht verlangt oder verweigert wird. Da auch im Rahmen des nachfolgenden Abwicklungsverhältnisses wechselseitige Rechte und Pflichten bestehen, ist dies weder mit sachwidrigen Vorteilen für die Treugeberin noch unzumutbaren Nachteilen für die Beklagte verbunden. Unklarheiten über ihre Gesellschafterstellung hätte die Beklagte zudem selbst vermeiden können, wenn sie die Treugeberin mit der Kündigung zugleich zur Übernahme des streitgegenständlichen Geschäftsanteils aufgefordert hätte.
Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände ist auch davon auszugehen, dass die im streitgegenständlichen Treuhandvertrag erteilte Vollmacht zur Übertragung des Geschäftsanteils nicht mit Beendigung des Treuhandverhältnisses erlöschen sollte und auch die Gestattung eines Insichgeschäfts beinhaltet.
Für etwaige Abwicklungsverhältnisse besteht die Vollmacht grundsätzlich trotz Beendigung des Grundverhältnisses fort; die gesetzliche Regelung des § 168 BGB, die auf den Inhalt des Grundverhältnisses abstellt und zudem ohnehin nicht zwingend ist, steht dem nicht entgegen11. Da die Verfügung über das Treugut entweder selbst zur Beendigung des Treuhandverhältnisses führt oder Folge der Beendigung des Treuhandverhältnisses ist, bestimmt sich der Zeitpunkt des Erlöschens der im Treuhandvertrag erteilten Vollmacht zur Übertragung des Treugutes im vorliegenden Fall nach ihrem Sinn und Zweck danach, wann die Herausgabe des Treuguts an den Treugeber oder einen durch den Treugeber bestimmten Dritten vollzogen ist.
Die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 11. Oktober 197612 und vom 26. Februar 198813 führen zu keiner anderen Bewertung. Denn einerseits ist die der Treugeberin im Treuhandvertrag erteilte Vollmacht anders als in dem Sachverhalt, welcher dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Februar 1988 zu Grunde lag, nicht isoliert erteilt worden, sondern ausdrücklich im Hinblick auf aus dem Treuhandvertrag folgende Verpflichtungen des Treuhänders und damit im Interesse des Treugebers. Andererseits begründen die betreffenden Regelungen des Treuhandvertrages auch im Hinblick auf die Stimmrechtsvollmacht nicht die Gefahr einer dauernden, von Seiten des Gesellschafters unabänderlichen Abspaltung eines wesentlichen Mitgliedschaftsrechts, die vielmehr durch die beiderseitige Kündigungsmöglichkeit und anschließende Übertragung des Treugutes gerade vermieden wird14.
Die Gestattung eines Insichgeschäfts im Sinne des § 181 BGB, die durch den Vertretenen – mithin die Beklagte – zu erfolgen hat, kann auch durch schlüssiges Handeln erklärt werden und in der Vollmacht enthalten sein15. Dies ist hier der Fall. Denn die Erteilung der Vollmacht an den Treugeber ausdrücklich auch zur Abtretung des Treugutes an diesen selbst wäre völlig sinnlos, wenn hiermit nicht zugleich eine entsprechende Gestattung erfolgt. Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Erklärungsbedeutung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Ansicht, dass dem „im Rahmen des GmbHG gesetzlich geregelte strenge Anforderungen an die Publizität“ der Befreiung von dem Verbot des Selbstkontrahierens entgegenstehen würden, ist nicht zutreffend. Insbesondere handelt es sich im vorliegenden Fall bei der entsprechenden Gestattung durch die Beklagte nicht um eine Tatsache, die in das Handelsregister oder die Gesellschafterliste eingetragen werden muss, §§ 39, 40 GmbHG.
Es sind auch keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, aus denen eine unzulässige Rechtsausübung der Treugeberin – etwa wegen einer Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr – abgeleitet werden könnte16. Für die Annahme, dass die Treuhänderin nach Beendigung des Treuhandvertrages Anspruch darauf habe, so gestellt zu werden wie unmittelbar vor Abschluss des Treuhandvertrages, fehlt jeder Anhalt. Eine diesbezügliche Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich dem Vortrag der Treuhänderin nicht entnehmen, dass sie die aus dem Treuhandvertrag folgenden Pflichten ohne Rechtsgrund übernommen hat.
Kammergericht, Urteil vom 21. Januar 2013 – 23 U 179/12
- vgl. BGHZ 141, 208-214; Reichert/Weller, in: MünchKomm-GmbHG, Band 1, § 15 Rz.208[↩]
- vgl. Reichert/Weller aaO. Rz.202[↩]
- vgl. Reichert/Weller aaO. Rz. 239; Armbrüster, in: DNotZ 1997, 762ff., 781-782[↩]
- vgl. Armbrüster aaO.[↩]
- vgl. Reichert/Weller aaO. Rz. 215; Fastrich, in: Baumbach, GmbHG, 20. Aufl., § 15 Rz. 57; Armbrüster aaO. S. 781-783 jeweils m. w. N.[↩]
- BGH, Urteil vom 06.07.1961 – II ZR 219/58, BGHZ 35, 272-287[↩]
- vgl. Reichert/Weller aaO. Rz. 218, 222[↩]
- vgl. DNotI-Report 2003, 185-186; Fastrich, in: Baumbach, GmbHG, 20. Aufl., § 15 Rz. 45 und 58; BGHZ 15, 324-333; BGH BB 1968, 1053; BGH NJW 1965, 1376; BGHZ 77, 392-400[↩]
- vgl. Palandt/Ellenberger, 72. Aufl., § 133 BGB Rz.19[↩]
- vgl. Palandt/Ellenberger, 72. Aufl., § 133 BGB Rz. 26[↩]
- vgl. BGH NJW 1981, 282-285; Schramm, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 6. Aufl., § 168 BGB Rz. 1[↩]
- BGH, Urteil vom 11.10.1976 – II ZR 119/75, WM 1976, 1247-1250[↩]
- BGH, Urteil vom 26.02.1988 – V ZR 231/86, NJW 1988, 2603-2604[↩]
- vgl. BGH WM 1976, 1247-1250[↩]
- vgl. Palandt/Ellenberger, 72. Aufl., § 181 BGB Rz. 17-18[↩]
- vgl. Palandt/Grüneberg, 72. Aufl., § 242 BGB Rz. 38ff., 52[↩]