Die Widerrufsfrist beginnt zu laufen, wenn ein Unternehmer eine exakt dem Text der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV i.d. vom 8. Dezember 2004 bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung während der Geltungsdauer dieser Fassung der Anlage 2 verwendet. Hat der Fehler der Musterbelehrung sich im konkreten Fall nicht ausgewirkt und kann der Unternehmer dies auch beweisen, so kann er sich auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen.

So die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe in dem hier vorliegenden Fall eines Streits über die Ersatzansprüche aus einem Leasingvertrag. Nachdem ein Zahlungsrückstand von insgesamt 2.626,20 Euro aufgelaufen war, hat die Klägerin den Vertrag fristlos gekündigt. Das Landgericht Konstanz hat der Klage stattgegeben, woraufhin vom Beklagten Berufung eingelegt worden ist.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe haben die Parteien einen wirksamen Leasingvertrag abgeschlossen. Die Beklagte hat ihn nicht wirksam widerrufen, weil die Widerrufsfrist abgelaufen war und ihr kein sonstiges Widerrufsrecht zustand, als sie ihre Erklärung mit Anwaltsschreiben vom 22. Februar 2010 widerrief. Widerrufserklärungen zu einem früheren Zeitpunkt behauptet die Beklagte nicht.
Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, ihr stünde ein Widerrufsrecht aufgrund von § 312 Abs. 1 BGB zu. Im Streitfall hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass ein etwaiges Widerrufsrecht aufgrund einer Haustürsituation gemäß § 312a BGB ausgeschlossen ist, weil der Beklagten ein Widerrufsrecht aufgrund von § 500 BGB a.F. i.V.m. § 495 BGB a.F. zustand. Denn bei dem abgeschlossenen Vertrag handelte es sich um ein Finanzierungsleasing im Sinne des § 500 BGB a.F. Anders als die Beklagte meint kommt es insoweit nicht darauf an, ob die Widerrufsrechte zum gleichen Zeitpunkt entstanden sind oder das Widerrufsrecht bei einem Finanzierungsleasingvertrag die gleichen Prämissen erfüllt wie das Widerrufsrecht für ein Haustürgeschäft, solange nur das Widerrufsrecht für das Finanzierungsleasinggeschäft wirklich besteht1. Dies ist der Fall. Gleichgültig ist, ob die Haustürsituation erst am 6. Nov. 2006 entstanden ist. Mit „zugleich“ in § 312a BGB ist nicht gemeint, dass das Widerrufsrecht zum gleichen Zeitpunkt entstehen und enden müssen. Die Norm stellt lediglich darauf ab, ob ein bestimmtes Rechtsgeschäft des Verbrauchers neben dem Tatbestand des Haustürgeschäfts auch den Tatbestand eines anderen Widerrufsrechts erfüllt.
Mithin kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich eine Haustürsituation bestand und ob die Widerrufsbelehrung auch den Anforderungen des § 312 Abs. 2 BGB a.F. genügt. Unabhängig davon zeigt die Beklagte nicht auf, dass am 6. November 2006 tatsächlich eine Haustürsituation vorgelegen hat.
Ebensowenig kann sich die Beklagte darauf berufen, dass die Widerrufsbelehrung im Hinblick auf die Anforderungen des § 355 BGB a.F. für ein Widerrufsrecht aufgrund des abgeschlossenen Finanzierungsleasingvertrags unwirksam ist.
Allerdings hat die Klägerin exakt den Text der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV verwendet.
Nach Anm. 6 zur Musterbelehrung war bei Finanzdienstleistungen hinter dem Wörtern „ggf. Wertersatz leisten“ der Satz „Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen.“ einzufügen. Auch diesen Satz hat die Klägerin in die von ihr verwendete Belehrung aufgenommen.
Diese Widerrufsbelehrung setzte die Widerrufsfrist in Lauf. Zwar sah die konkrete Widerrufsbelehrung – ebenso wie die Musterbelehrung – für den Beginn der Widerrufsfrist vor, dass der Lauf der Frist „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ beginne. Eine solche Belehrung über den Fristbeginn hält der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für unzureichend2. Ist die Belehrung über den Fristbeginn unzureichend, wird die Widerrufsfrist überhaupt nicht in Gang gesetzt3; das Widerrufsrecht erlischt auch nicht, weil es an einer wirksamen Belehrung fehlt (§ 355 Abs. 3 BGB a.F.).
Dies gilt nach Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe jedoch dann nicht, wenn der Unternehmer die Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV wörtlich und vollständig übernimmt. Dies hat der Bundesgerichtshof bislang offen gelassen4. Die veröffentlichen Entscheidungen von Obergerichten divergieren. Unwirksamkeit hat das Oberlandesgericht Jena5 angenommen; die vom Oberlandesgericht Jena zugelassene Revision hat aber schon deshalb keinen Erfolg gehabt, weil die Widerrufsbelehrung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs vom Text der Musterbelehrung abwich6. Soweit wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche auf die Verwendung von Musterbelehrungen gestützt wurden, haben das OLG Hamm7 und das OLG Naumburg8 die Belehrung für unwirksam gehalten, das OLG Köln9 für wirksam. Das OLG Brandenburg10 hat die Belehrung bei einem Finanzierungsleasing als wirksam angesehen, ohne die Frage näher zu erörtern. Das OLG Frankfurt11 hat in einem Beschluss nach § 91a ZPO angenommen, dass die Verwendung der Musterbelehrung nur dann zur Unwirksamkeit der Belehrung führe, wenn sich der unrichtige Teil der Musterbelehrung („frühestens“) konkret ausgewirkt habe.
Es ist bereits zweifelhaft, ob der Fehler der Musterbelehrung tatsächlich dazu führt, dass § 14 Abs. 1 BGB-InfoV wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam ist. Vielmehr enthält Art. 245 EGBGB eine wirksame Ermächtigungsgrundlage, wonach das BMJ durch Rechtsverordnung „Inhalt und Gestaltung der dem Verbraucher […] mitzuteilenden Belehrung über das Widerrufs- und Rückgaberecht festzulegen“ hat. Diese Ermächtigungsgrundlage deckt auch eine nicht perfekte und deswegen fehlerhafte Musterbelehrung, soweit der Fehler nur geringfügig ist und den Rahmen der durch die Musterbelehrung erstrebten Typisierung nicht überschreitet12. Mithin ist die Musterbelehrung in der BGB-InfoV – auch soweit mit der Verwendung des Wortes „frühestens“ der Beginn der Widerrufsfrist nicht ganz korrekt beschrieben ist – wirksam. Jedenfalls aber kann sich die Klägerin auf den von der BGB-InfoV und § 14 Abs. 1 BGB-InfoV begründeten Vertrauenstatbestand berufen, wenn und soweit sich die falsche Belehrung im konkreten Fall tatsächlich nicht ausgewirkt hat. Sofern die unzureichende Belehrung über den Fristbeginn keinen Einfluss auf die Entscheidung des Verbrauchers hatte, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, so hat der Unternehmer ein berechtigtes Vertrauen, dass die von ihm in gutem Glauben verwendete Belehrung der BGB-InfoV auch wirksam ist.
Im Streitfall entspricht die von der Klägerin verwendete Belehrung wörtlich dem Text der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV. Sie ist zudem vollständig und auch entsprechend übersichtlich gestaltet. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat keinen Zweifel, dass sich die falsche Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht ausgewirkt hat. Denn die Formulierung, dass die Widerrufsfrist „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ beginne, konnte bei der Beklagten höchstens falsche Vorstellungen über den Beginn des Fristlaufs hervorrufen. In allen anderen Punkten war die Belehrung zutreffend. Es ist insoweit zwar möglich, dass die Beklagte angenommen hat, die Widerrufsfrist beginne erst mit der Übergabe des Fahrzeugs oder mit der Zulassung des Fahrzeugs (hier am 6. November 2006) zu laufen. Möglicherweise hat die Beklagte angenommen, es komme auf die Fälligkeit der ersten Leasingrate an. Sämtliche dieser Umstände haben sich im Streitfall jedoch offensichtlich nicht ausgewirkt. Die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt vor der Kündigung durch die Klägerin im September 2009 Anstalten gemacht, den Vertrag zu widerrufen. Sie behauptet auch nicht, dass sie im Laufe des Jahres 2006 (oder sonst zu einem Zeitpunkt vor der Kündigung durch die Klägerin im September 2009) eine solche Absicht gehabt habe. Demgemäß hat sich die ungenaue Belehrung über den Fristbeginn im Streitfall nicht ausgewirkt. Die Klägerin ist in einem solchen Fall berechtigt, sich auf ihr Vertrauen in die „amtliche“ Formulierung der Belehrung zu berufen.
Dies entspricht auch den gesetzgeberischen Wertungen. Zunächst hat der Verordnungsgeber in § 16 BGB-InfoV bestimmt, dass die Vermutungsregelung von § 14 Abs. 1 bis 3 BGB-InfoV auch auf solche Informationen und Belehrungen über das Widerrufs- oder Rückgaberecht anzuwenden sind, die den bis zum 31. März 2008 geltenden Mustern entsprechen und dem Verbraucher vor dem 1. Oktober 2008 in Textform mitgeteilt worden sind. Auch wenn es sich bei § 16 BGB-InfoV ebenfalls um eine im Rang unter dem Gesetz stehende Regelung handelt, bestätigt diese Regelung des Verordnungsgebers jedoch, dass ein Unternehmer aus Sicht des Verordnungsgebers ein schützenswertes Vertrauen in die Wirksamkeit einer den Bestimmungen der BGB-InfoV entsprechenden Widerrufsbelehrung hat.
Weiterhin enthalten auch die Neuregelung durch Art. 246 § 1 ff. EGBGB und die hierzu – nunmehr im Gesetzesrang stehenden – erstellten Musterbelehrungen eine gesetzgeberische Wertung, dass der Unternehmer ein schutzwürdiges Vertrauen hat, wenn er den „amtlichen“ Text der Widerrufsbelehrung verwendet. Zwar kennt diese am 11. Juni 2010 in Kraft getretene Neuregelung keine Übergangsregelung für Fälle, in denen die fehlerhafte Musterbelehrung verwendet wurde. Ein Pendant zu § 16 BGB-InfoV fehlt. Auch § 360 Abs. 3 BGB n.F. bestimmt hierzu nichts. Insbesondere entspricht die im Streitfall erteilte Widerrufsbelehrung nicht dem nunmehr aktuellen (und allein von § 360 Abs. 3 BGB n.F. in Bezug genommenen) Stand der Musterbelehrung nach Anlage 1 zum EGBGB. Allerdings enthält § 360 Abs. 3 BGB n.F. eine gesetzgeberische Wertentscheidung, dass über die zutreffenden Anforderungen an die Belehrung in erster Linie die Musterbelehrungen entscheiden sollen. Diese Wertung lässt sich auch auf den Streitfall übertragen13.
Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerin den Leasingvertrag wirksam gekündigt hat. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach Ziff. XIV. 2. der Leasingbedingungen waren erfüllt, als die Klägerin mit Schreiben vom 3. September 2009 die fristlose Kündigung aussprach.
Am 3. September 2009 befand sich die Klägerin mit drei Leasingraten aus drei aufeinanderfolgenden Monaten in Verzug, weil die Leasingraten für die Monate Juni, Juli und August 2009, die nach Ziff. V.1. der Leasingbedingungen jeweils am Monatsersten im Voraus fällig waren, nicht bezahlt worden waren. Mit Schreiben vom 10. August 2009 hatte die Klägerin der Beklagten zudem eine entsprechende Zahlungsaufforderung zukommen lassen und eine Nachfrist zur Bezahlung der rückständigen Raten gesetzt. Schon die rückständigen Leasingraten aus diesen drei Monaten beliefen sich insgesamt auf 1.969,59 EUR; dies sind – wie die Beklagte selbst einräumt – 5,5% der Gesamtsumme der Leasingraten und damit mehr als die im Streitfall erforderlichen 5% der Gesamtsumme. Denn der Leasingvertrag hatte eine Laufzeit von 54 Monaten und damit mehr als drei Jahren. Dass die Beklagte am 3. September 2009 zudem auch noch mit der Leasingrate für September 2009 in Verzug war, kann daher dahinstehen.
Auf die am 7. September 2009 bei der Klägerin eingegangene Zahlung über 1.500 EUR kommt es nicht an, weil die Klägerin zu diesem Zeitpunkt durch das Schreiben vom 3. September 2009 bereits wirksam die fristlose Kündigung des Leasingvertrags ausgesprochen hatte.
Eine Stundungsvereinbarung hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan. Schon nach ihrem eigenen Vortrag der Beklagten ging es allein darum, mit der Verwertung des Fahrzeugs noch zuzuwarten. Insoweit soll die Klägerin nach der eigenen Behauptung der Beklagten sich allenfalls dazu bereit erklärt haben, ein weiteres Zuwarten in Erwägung zu ziehen (bzw. sich um einen Zahlungsaufschub bis zum 1. Feb. 2010 zu bemühen), ohne der Beklagten in dieser Hinsicht irgendwelche Zusagen zu machen. Dass sich die Klägerin damit einverstanden erklärt hat, auf eine Verwertung des Fahrzeugs bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verzichten, behauptet die Beklagte selbst nicht. Sie hat in erster Instanz lediglich behauptet, die Sachbearbeiterin der Klägerin habe erklärt, sie sei um einen Zahlungsaufschub bemüht bzw. sie kümmere sich um die Gewährung eines Zahlungsaufschubs. Auf den Beweisantritt der Beklagten kommt es daher nicht an. Unabhängig davon zeigt die Beklagte nicht auf, welcher Schaden ihr aus der vorzeitigen Verwertung des Fahrzeugs entstanden sein soll. Mehr könnte sie ohnehin nicht ersetzt verlangen.
Die Angriffe der Beklagten auf die Höhe des Verkaufserlöses sind unerheblich. Die Rechtsfolgen der Kündigung richten sich nach Ziff. XV. der Leasingbedingungen. Die Voraussetzungen sind eingehalten. Die Beklagte zeigt nicht auf, dass die Klägerin das Fahrzeug treuwidrig zu einem zu geringen Wert veräußert hätte. Die nicht näher substantiierte Behauptung der Beklagten, der Verkaufserlös sei zu niedrig, genügt angesichts des konkreten und im einzelnen substantiierten Vortrags der Klägerin zur Ermittlung des Verkaufserlöses und zu ihren Verwertungsbemühungen nicht.
Zutreffend hat das Landgericht der Klägerin auch die Sicherstellungskosten zugesprochen. Die Klägerin hat die Beklagte im Kündigungsschreiben vom 3. September 2009 deutlich auf dieses Risiko hingewiesen. Da die Beklagte bis zum 20. Oktober 2009 auf die Aufforderung zur Ablieferung des Fahrzeugs in keiner Weise reagiert hatte, war die Klägerin berechtigt, zur Sicherung ihres Eigentums die … GmbH mit der Sicherstellung des Fahrzeugs zu beauftragen. Ob das Fahrzeug – wie die Beklagte behauptet – tatsächlich nicht von ihr, sondern von Herrn G. genutzt worden ist, ist unerheblich. Vertragspartnerin war die Beklagte; sie war demgemäß bei Kündigung des Leasingvertrags verpflichtet, das Fahrzeug umgehend an die Klägerin herauszugeben. Zumindest hätte sie die Klägerin über etwaige Schwierigkeiten, das Fahrzeug zurückzuerlangen, rechtzeitig informieren können.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 8. Dezember 2012 – 9 U 52/11
- Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, § 312a Rn. 2[↩]
- vgl. etwa BGH, NJW 2010, 989, Tz. 15 f.; WM 2011, 86, Tz. 12; WM 2011, 474, Tz. 14[↩]
- arg. § 355 Abs. 2 BGB a.F.[↩]
- zuletzt etwa BGH, WM 2011, 474, Tz. 21 ff.; WM 2011, 1799, Tz. 36 ff.[↩]
- OLG Jena, Urt. v. 28. Sept. 2010 – 5 U 57/10, ZIP 2011, 1063; ebenso OLG Schleswig, OLGR 2007, 929 [↩]
- BGH, WM 2011, 1799 Tz. 36[↩]
- OLG Hamm, ZIP 2007, 824[↩]
- OLG Naumburg, NJW-RR 2008, 776[↩]
- OLG Köln, GRUR-RR 2008, 88[↩]
- OLG Brandenburg, Urt. v. 23. April 2008 – 3 U 115/07[↩]
- OLG Frankfurt, NJW-RR 2010, 637[↩]
- ebenso Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. 2010, § 14 BGB-InfoV Rn. 6 sowie – für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch – OLG Köln, GRUR-RR 2008, 88[↩]
- vgl. auch Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 360 Rn. 7, wonach die Zweifel an der Wirksamkeit von § 14 BGB-InfoV durch § 360 Abs. 3 BGB beseitigt seien[↩]