Die Wohnung für den Erbbau-Mitberechtigten

Überlässt der eine von zwei Erbbauberechtigten eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks dem anderen Erbbauberechtigten eine der Wohnungen ge-gen Entgelt, handelt es sich regelmäßig um einen Mietvertrag1.

Die Wohnung für den Erbbau-Mitberechtigten

Gegenstand eines Mietvertrages ist die entgeltliche Überlassung (Nutzung) einer beweglichen oder unbeweglichen Sache. Diese Voraussetzung ist aber erfüllt, wenn der eine Erbbauberechtigte dem anderen Erbbauberechtigten eine Wohnung des Mehrfamilienhauses gegen ein monatliches Entgelt überlässt. Dem steht nicht entgegen, dass im Vertrag – vor dem Hintergrund, dass beide Erbauberechtigte des Grundstücks sind, auf dem sich die Wohnung befindet – von einer Vermietung der „ideellen Hälfte des Erdgeschosses“ die Rede ist. Der Hinweis auf die Vermietung der ideellen Hälfte hat ersichtlich steuerliche Hintergründe, weil die Finanzbehörden die Überlassung gemeinschaftlichen Eigentums an einen Miteigentümer steuerrechtlich (nur) insoweit als Mietverhältnis anerkennen, als die Nutzung über den Miteigentumsanteil hinausgeht2. Dies ändert aber nichts daran, dass der eine Erbbauberechtigte nach dem Vertrag (weiter) in der Erdgeschosswohnung wohnen sollte und dass somit Gegenstand des Vertrags die Überlassung einer Wohnung gegen Entgelt ist.

Die gleichzeitige Stellung als Erbbauberechtigter zu ½ steht der Annahme eines Mietvertrags gleichfalls nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt vielmehr mit der Überlassung eines gemeinschaftlichen Grundstücks an einen der Miteigentümer regelmäßig ein Mietvertrag zustande3. Für die entgeltliche Überlassung eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks oder – wie hier – einer Wohnung in dem darauf errichteten Mehrfamilienhaus an einen der Erbbauberechtigten gilt nichts anderes.

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Den Gewährleistungsansprüchen des mietenden Erbbauberechtigten steht auch nicht von vornherein entgegen, dass er gleichzeitig – zu ½ neben dem Kläger – Erbbauberechtigter ist und ihn insoweit im Rahmen der §§ 744 ff., 748 BGB selbst Pflichten zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes und insoweit auch zur Beseitigung vorhandener Mängel beziehungsweise zur anteiligen Tragung der entsprechenden Kosten treffen können.

Nach der Regelung des Mietvertrags sind die Parteien davon ausgegangen, dass die Beklagten eine Miete wie alle anderen „fremden“ Mieter entrichten; mit der insoweit auf das Konto der Gemeinschaft zu leistenden Zahlung sollten gleichzeitig die zur Unterhaltung der Immobilie vereinbarten regelmäßigen Zahlungen beider Erbbauberechtigter (je 481 €) erbracht werden. Die Parteien haben mithin gleichzeitig eine Regelung über die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes (§ 745 BGB) getroffen, indem sie die Bildung einer Instandhaltungsrücklage und deren „Verrechnung“ mit den monatlichen Mietzahlungen vereinbart haben. Dies ändert aber nichts an der rechtlichen Einordnung der entgeltlichen Überlassung der Erdgeschosswohnung als Miete und der sich daraus für den Mieter ergebende Befugnis, bei einer Minderung des Gebrauchswerts der Wohnung – etwa durch einen hier geltend gemachten Wasserschaden – die Miete zu mindern.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. September 2010 – VIII ZR 16/10

  1. im Anschluss an BGH, Urteil vom 08.01.1969 – VIII ZR 184/66, WM 1969, 298[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 07.06.2006 – IX R 14/04[]
  3. BGH, Urteile vom 08.01.1969 – VIII ZR 184/66, WM 1969, 298; vom 17.12.1973 – II ZR 59/72, NJW 1974, 364; vom 15.09.1997 – II ZR 94/96, NJW 1998, 372; vom 11.09.2000 – II ZR 324/98, NZM 2001, 45[]
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