Die Wohnungseigentümer können durch Beschluss dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung sowie für die Einschaltung von Sonderfachleuten übertragen, wenn die Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko führt.

Die Frage, ob dem Verwalter im Wege eines Beschlusses besondere Entscheidungsbefugnisse zugewiesen werden können, wird unterschiedlich beantwortet.
Nach verbreiteter Ansicht, der auch das Landgericht Itzehoe folgt, kann die Entscheidung über Art und Umfang von Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten grundsätzlich nicht im Beschlusswege auf den Verwalter übertragen werden. Die gesetzliche Regelung gehe davon aus, dass die Wohnungseigentümer die notwendigen Entscheidungen über das Ob und Wie von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen grundsätzlich selbst treffen müssten. Da mit der Übertragung von Kompetenzen der Wohnungseigentümer auf den Verwalter eine grundlegende Zuständigkeitsänderung vorgenommen werde, sei hierfür grundsätzlich eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer erforderlich. In engen Grenzen sei eine Kompetenzverlagerung durch Beschluss möglich, nämlich dann, wenn die Ermächtigung zu einem nur begrenzten und für den einzelnen Wohnungseigentümer überschaubaren finanziellen Risiko führe und die grundsätzliche Verantwortlichkeit für den Beschluss solcher Maßnahmen bei der Eigentümerversammlung belasse1.
Teilweise wird eine Beschlusskompetenz generell verneint und eine Kompetenzverlagerung auf den Verwalter nur durch Vereinbarung für wirksam gehalten2.
Nach anderer Ansicht haben die Wohnungseigentümer grundsätzlich die Kompetenz, Verwaltungsmacht auf den Verwalter zu übertragen. Die Möglichkeit, den Verwalter durch Beschluss zu ermächtigen, für die Gesamtheit der Eigentümer zu entscheiden, sei im Gesetz angelegt3.
Richtigerweise können die Wohnungseigentümer durch Beschluss dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung sowie für die Einschaltung von Sonderfachleuten übertragen, wenn die Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko führt.
Die Entscheidung über die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums und die Hinzuziehung von Sonderfachleuten obliegt als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 2 WEG aF vorrangig den Wohnungseigentümern. Der Verwalter ist nicht berechtigt, Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung, die weder dringlich sind (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG aF) noch zu den laufenden Maßnahmen zählen (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG aF), ohne Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zu ergreifen4. Die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung dient der selbstbestimmten Verwaltung durch die Wohnungseigentümer. Sie gewährleistet, dass jeder Wohnungseigentümer die Möglichkeit hat, bei der Entscheidung über Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen auf die Willensbildung der Wohnungseigentümer und die mit der Maßnahme verbundene Kostenbelastung Einfluss zu nehmen5.
Dem Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer6 ist aber die Befugnis immanent, den Entscheidungsprozess für Maßnahmen der Instandhaltung- oder Instandsetzung von untergeordneter Bedeutung zu vereinfachen und die Entscheidungskompetenz hierfür durch Beschluss auf den Verwalter zu verlagern. Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG aF, wonach dem Verwalter kraft Gesetzes die Entscheidungskompetenz für laufende Maßnahmen zugewiesen ist, macht deutlich, dass für weniger bedeutsame Maßnahmen eine eigene Entscheidungsbefugnis des Verwalters bereits im Gesetz angelegt ist. Das Selbstorganisationsrecht schließt die Kompetenz der Wohnungseigentümer ein, diesen gesetzlichen Aufgabenkreis des Verwalters in engen Grenzen durch Beschluss zu erweitern und so den Verwaltungsaufwand für nicht vorhergesehene – im Verhältnis zur Größe der Gemeinschaft – kleinere Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen gering zu halten und deren zügige Erledigung sicherzustellen. Maßstab für die Beurteilung, ob sich eine Erweiterung der Befugnisse des Verwalters auf Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung bezieht, ist das finanzielle Risiko der Wohnungseigentümer. Die Einräumung der Entscheidungskompetenz darf nur zu einem begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko für den einzelnen Wohnungseigentümer führen7. Nicht erforderlich ist dagegen, dass sich die Kompetenzübertragung nur auf einen Einzelfall bezieht und die Wohnungseigentümer die maßgeblichen Kriterien für die Entscheidung des Verwalters vorschreiben, so dass dieser nur eine gebundene, nicht freie Entscheidung treffen kann8. Eine solche Einschränkung trüge dem Interesse der Wohnungseigentümer an einer Vereinfachung des Verwaltungsaufwands für Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung nicht ausreichend Rechnung.
Daran gemessen hatten die Wohnungseigentümer die Kompetenz, die in dem Vertragsentwurf genannten Entscheidungsbefugnisse durch Beschluss auf den Verwalter zu übertragen. Dessen Befugnisse sind durch eine Wertobergrenze für die einzelne Maßnahme und eine Jahresgesamtobergrenze beschränkt. Aufgrund dessen beläuft sich die durchschnittliche jährliche Höchstbelastung pro Einheit auf eine niedrige dreistellige Summe. Dies stellt für den einzelnen Wohnungseigentümer ein überschaubares finanzielles Risiko dar. Der Hinweis der Revision, dass ein Wohnungseigentümer bei einer Zahlungsunfähigkeit eines anderen Eigentümers auch für dessen Anteil anteilig aufkommen müsse, führt zu keiner anderen Beurteilung. Das nur abstrakte Risiko eines Zahlungsausfalls genügt nicht für die Annahme eines unüberschaubaren Risikos.
Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf den Verwalter entspricht im hier entschiedenen Fall auch ordnungsmäßiger Verwaltung.
Zu Recht geht das in der Vorinstanz täige Landgericht Itzehoe9 davon aus, dass die entsprechende Klausel des Verwaltervertrages – soweit sie als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen wäre – im Rahmen der Anfechtungsklage nicht einer AGBKontrolle zu unterziehen ist10.
Die Wohnungseigentümer haben ein berechtigtes Interesse an der Übertragung von Entscheidungskompetenzen in dem geregelten Umfang. Angesichts der großen Zahl von Wohnungseigentumseinheiten kann dadurch der Verwaltungsaufwand für kleinere Maßnahmen geringgehalten und deren zügige Erledigung sichergestellt werden. Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über eine Kompetenzverlagerung auf den Verwalter nicht voraus, dass in dem Beschluss zugleich festgelegt wird, in welcher konkreten Weise die Wohnungseigentümer die Kosten der von dem Verwalter veranlassten Maßnahmen begleichen. Angesichts des begrenzten Umfangs der Maßnahmen wird die Finanzierung regelmäßig aus der Rücklage erfolgen.
Der Beschluss über die im Verwaltervertrag vorgesehenen Sondervergütungen entspricht im vorliegenden Fall ebenfalls ordnungsmäßiger Verwaltung:
Zutreffend geht das Landgericht Itzehoe von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, wonach die Verwaltervergütung nach Höhe und Ausgestaltung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, wenn sie dem Gebot der Wirtschaftlichkeit genügt. Dies gilt auch für Sondervergütungen, die für einzelne Leistungen des Verwalters vorgesehen sind11.
Nach diesen Grundsätzen nimmt das Landgericht Itzehoe rechtsfehlerfrei an, dass die Vergütungsregelungen in § 4 nicht zu beanstanden sind.
Hinsichtlich der Vergütung für die Durchführung einer weiteren Eigentümerversammlung stellt das Landgericht Itzehoe darauf ab, dass der Mehraufwand für die Durchführung einer weiteren Versammlung gerade bei einer – wie hier – größeren Gemeinschaft höher ist, so dass die Vergütungshöhe von 700 € noch von dem Ermessen der Wohnungseigentümer gedeckt sei. Dass diese tatrichterliche Würdigung von einem Rechtsfehler getragen ist, zeigt die Revision nicht auf und ist auch nicht ersichtlich. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass die Vergütungsregelung keinen Hinweis darauf enthalte, ob die Vergütung auch dann geschuldet sei, wenn eine weitere Eigentümerversammlung allein aufgrund eines Verschuldens des Verwalters erforderlich geworden ist. Ob darin ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB liegt12, kann dahingestellt bleiben. Denn auch die Bestimmungen über die Vergütung des Verwalters sind im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage nicht darauf zu überprüfen, ob sie einer AGBKontrolle standhalten13.
Rechtsfehlerfrei nimmt das Landgericht Itzehoe an, dass auch die Zu- billigung einer Sondervergütung für die kaufmännische Betreuung von größeren Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen und für Tätigkeiten des Verwalters bei gerichtlichen Auseinandersetzungen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass keine Obergrenze der Vergütung genannt werde. Richtig ist zwar, dass bei den Aufgaben, die in jeder Wohnungseigentümergemeinschaft laufend anfallen, der tatsächliche Gesamtumfang der Vergütung erkennbar sein muss14. Bei der von der Sondervergütungsregelung erfassten kaufmännischen Betreuung größerer Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen und Tätigkeiten des Verwalters bei gerichtlichen Auseinandersetzungen handelt es sich aber nicht um Aufgaben, die laufend zur Erledigung anstehen.
Zu Recht geht das Landgericht Itzehoe auch davon aus, dass die Sondervergütung für die Abwicklung von Versicherungsschäden, wenn (auch) Sondereigentum betroffen ist, ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Soweit die Revision behauptet, die Höhe der Vergütung sei unüblich, beruht dieser Einwand auf erstmals in der Revisionsinstanz gehaltenem Tatsachenvortrag und ist gemäß § 559 Abs. 1 ZPO unbeachtlich. Zudem ist dieses Vorbringen nicht geeignet, einen Rechtsfehler des Landgerichts Itzehoe aufzuzeigen; ein solcher ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.
Rechtsfehlerfrei kommt das Landgericht Itzehoe schließlich zu dem Ergebnis, dass auch in der Gesamtbetrachtung das Vergütungsgefüge nicht zu beanstanden sei. Substantielle Einwände gegen diese Bewertung des Landgerichts Itzehoe bringt die Revision nicht vor.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Juni 2021 – V ZR 215/20
- OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 13, 14; NZM 2001, 390, 391; OLG München, ZWE 2009, 27, 30; LG München I, ZWE 2009, 230, 231 und ZWE 2011, 42, 43; AG Pinneberg, ZMR 2018, 463, 464; Heinemann in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 21 Rn. 74; Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl., § 27 Rn. 41; wohl auch Staudinger/Jacoby, BGB [2018], § 27 WEG Rn. 119; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 5. Aufl., § 26 Rn. 87; Niedenführ in Niedenführ/SchmidtRäntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 27 Rn. 6 und 20[↩]
- BeckOK WEG/Elzer [1.05.2020], § 21 Rn. 17; Elzer in ZWE, 2012, 163, 167[↩]
- Staudinger/LehmannRichter, BGB [2018], § 21 WEG Rn. 47; LehmannRichter, ZWE 2015, 193, 194; BeckOGK/Greiner, WEG [1.04.2020], § 26 Rn.194; Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 26 Rn. 40; § 27 Rn. 43; Deckert, ZWE 2003, 247, 252; im Ergebnis wohl auch AG Hamburg, BeckRS 2016, 122909 Rn.19; vgl. auch Brandau/Rütten, ZfIR 2017, 770, 774 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2019 – V ZR 75/18, NJW-RR 2020, 68 Rn. 9[↩]
- vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 13, 14[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 Rn. 14[↩]
- vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 13, 14; NZM 2001, 390, 391; OLG München, ZWE 2009, 27, 30; LG München I, ZWE 2011, 42, 43; LG Frankfurt, WuM 2017, 729, 730; AG Hamburg, BeckRS 2016, 122909 Rn 19; AG Pinneberg, ZMR 2018, 463, 464; AG Recklinghausen, WuM 2008, 686; Heinemann in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 21 Rn. 74; Staudinger/LehmannRichter, BGB [2018], § 21 WEG Rn. 48; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 5. Aufl, § 26 Rn. 87; Staudinger/Jacoby, BGB [2018], § 27 WEG Rn. 119; Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 26 Rn. 40[↩]
- aA Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl., § 27 Rn. 41; LG München I, ZWE 2009, 230, 231[↩]
- LG Itzehoe, Urteil vom 02.10.2020 – 11 S 7/20[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 05.07.2019 – V ZR 278/17, NJW 2020, 988 Rn. 23[↩]
- vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 05.07.2019 – V ZR 278/17, NJW 2020, 988 Rn. 30 ff.[↩]
- vgl. OLG Düsseldorf, ZWE 2006, 396, 400; OLG München, ZWE 2009, 27, 31; Riecke/Schmidt/Abramenko, WEG, 5. Aufl., § 26 Rn. 139; Fritsch in Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., § 2 Rn. 104[↩]
- BGH, Urteil vom 05.07.2019 – V ZR 278/17, NJW 2020, 988 Rn. 29[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 05.07.2019 – V ZR 278/17, NJW 2020, 988 Rn. 35[↩]