Die Zurechnung der Betriebsgefahr eines geparkten Autos

Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht. Steht der Brand eines geparkten Kraftfahrzeuges in einem ursächlichen Zusammenhang mit dessen Betriebseinrichtungen, ist der dadurch verursachte Schaden an Rechtsgütern Dritter im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG regelmäßig der Betriebsgefahr zuzurechnen1.

Die Zurechnung der Betriebsgefahr eines geparkten Autos

Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt bzw. beschädigt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist2. Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist3. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht4.

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Nach diesen Grundsätzen hat das in der Vorinstanz das Landgericht Karlsruhe5 die Beschädigung des Fahrzeuges des Klägers mit Recht der vom Fahrzeug der Beklagten zu 2 ausgehenden Betriebsgefahr zugerechnet. Der Schaden am Fahrzeug des Klägers stand in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit dem Brand des Kraftfahrzeuges der Beklagten zu 2, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch den technischen Defekt einer Betriebseinrichtung dieses Fahrzeuges verursacht worden ist. Dass Dritte durch den Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeuges an ihren Rechtsgütern einen Schaden erleiden, gehört zu den spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren, für die die Haftungsvorschrift des § 7 StVG den Verkehr schadlos halten will. Dabei macht es rechtlich keinen Unterschied, ob der Brand – etwa durch einen Kurzschluss der Batterie – unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eintritt. Wollte man die Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG – wie die Revision meint – auf Schadensfolgen begrenzen, die durch den Fahrbetrieb selbst und dessen Nachwirkungen verursacht worden sind, liefe die Haftung in all den Fällen leer, in denen unabhängig von einem Betriebsvorgang allein ein technischer Defekt einer Betriebseinrichtung für den Schaden eines Dritten ursächlich geworden ist. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist das Schadensgeschehen jedoch auch in diesen Fällen – im Gegensatz etwa zu einem vorsätzlichen Inbrandsetzen eines ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellten Kraftfahrzeuges6 – durch das Kraftfahrzeug selbst und die von ihm ausgehenden Gefahren entscheidend (mit)geprägt worden. Hierzu reicht es aus, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht7. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Januar 2014 – VI ZR 253/13

  1. Abgrenzung zum BGH, Urteil vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06, VersR 2008, 656[]
  2. vgl. BGH, Urteile vom 05.07.1988 – VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 66 f.; vom 19.04.1988 – VI ZR 96/87, VersR 1988, 641; vom 06.06.1989 – VI ZR 241/88, VersR 1989, 923, 924 f.; vom 03.07.1990 – VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112; vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06, VersR 2008, 656 Rn. 7; vom 31.01.2012 – VI ZR 43/11, BGHZ 192, 261 Rn. 17; und vom 26.02.2013 – VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 15[]
  3. vgl. BGH, Urteile vom 03.07.1962 – VI ZR 184/61, BGHZ 37, 311, 315 ff.; vom 27.01.1981 – VI ZR 204/79, BGHZ 79, 259, 262 f.; vom 06.06.1989 – VI ZR 241/88, aaO, 925; vom 03.07.1990 – VI ZR 33/90, aaO; vom 26.04.2005 – VI ZR 168/04, VersR 2005, 992, 993; vom 31.01.2012 – VI ZR 43/11, aaO; und vom 26.02.2013 – VI ZR 116/12, aaO[]
  4. vgl. BGH, Urteile vom 11.07.1972 – VI ZR 86/71, VersR 1972, 1074; vom 10.10.1972 – VI ZR 104/71, VersR 1973, 83; vom 10.02.2004 – VI ZR 218/03, VersR 2004, 529, 531; vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06, aaO Rn. 9; und vom 26.02.2013 – VI ZR 116/12, aaO[]
  5. LG Karlsruhe, Urteil vom 28.05.2013 – 9 S 319/12[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06, aaO Rn. 11 f.[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06, aaO Rn. 12[]
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