Dingliches Wohnrecht und die Betriebskostenumlage

Der Inhaber eines dinglichen Wohnungsrechts hat sich an den Kosten zu beteiligen, die dem Eigentümer durch die gewöhnliche Unterhaltung der zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen entstehen1. Die anteilig auf seine Wohnung entfallenden verbrauchsunabhängigen Kosten von Heizung und Warmwasserbereitung trägt der Wohnungsberechtigte auch dann, wenn er die Wohnung nicht nutzt.

Dingliches Wohnrecht und die Betriebskostenumlage

Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof in einem Fall, in dem die Parteien nicht – wie es schuldrechtlich möglich wäre2 – vereinbart hatten, dass der Wohnungsberechtigte die Grundkosten der Heizung und der Warmwasserbereitung zu tragen hat.

Allerdings hat der Wohnungsberechtigte trotz der Unentgeltlichkeit des Wohnungsrechts verbrauchsabhängige Kosten wie Strom, Wasser und Heizung zu tragen, weil es sich nicht um Kosten der Wohnung, sondern um die erst durch die Ausübung des Wohnungsrechts verursachten Kosten ihrer Nutzung handelt3. Ob die Grundkosten der Heizung und Warmwasserbereitung dazu gehören, wenn der Wohnungsberechtigte die Wohnung tatsächlich nutzt, kann dahinstehen. Denn diese Kosten beruhen jedenfalls dann nicht auf einem Verbrauch, wenn es an einer solchen Nutzung fehlt. Grund hierfür ist, dass 30 % bis 50 % der Gesamtkosten für Heizung und Warmwasserbereitung verbrauchsunabhängig umgelegt werden müssen (§ 7 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1 HeizkostenV4, was dem nicht durch das Nutzerverhalten beeinflussbaren Kostenanteil Rechnung tragen soll5. Dies hat zur Folge, dass der auf die Wohnung des Wohnungsberechtigten bezogene Anteil an diesen Grundkosten nicht auf die Inhaber anderer Wohnungen umgelegt werden kann, sondern auch ohne Nutzung auf seine Wohnung entfällt.

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Aus der Pflicht des Wohnungsberechtigten, für die gewöhnliche Unterhaltung der Wohnung zu sorgen6, kann nicht hergeleitet werden, dass er diese Grundkosten zu tragen hat. Für die Warmwasserbereitung ist ohnehin nicht ersichtlich, inwieweit sie der Erhaltung der Wohnung dienen sollte. Nichts anderes gilt für die Grundkosten der Heizung, weil die Kostentragungspflicht des Wohnungsberechtigten nur so weit wie seine Erhaltungspflicht reicht. Die Bereitstellung einer funktionsfähigen Heizung ist keine Maßnahme der gewöhnlichen Erhaltung. Sie ist ebenso wie die Installation der Heizungsanlage lediglich Voraussetzung dafür, dass die Wohnung infolge der Beheizung erhalten werden kann. Nichts anderes ergibt sich aus dem Hinweis des Berufungsgerichts auf den drohenden Verfall der Bausubstanz. Durch die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Heizung wird die Wohnung für sich genommen weder erhalten noch wird ihr Zustand verbessert. Dazu bedürfte es der Beheizung der Wohnung selbst, die verbrauchsabhängige Kosten nach sich ziehen würde.

Eine Pflicht des Wohnungsberechtigten, anteilige verbrauchsunabhängige Kosten von Heizung und Warmwasserbereitung zu tragen, leitet der Bundesgerichtshof aber aus dem Umstand her, dass die Zentralheizung ebenso wie die Warmwasserbereitungsanlage zu den gemeinschaftlichen Anlagen im Sinne von § 1093 Abs. 3 BGB gehört.

Ob der Wohnungsberechtigte verpflichtet ist, sich an den Kosten der gewöhnlichen Unterhaltung von gemeinschaftlichen Anlagen zu beteiligen, ist umstritten. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bislang offen gelassen7. Die überwiegende Ansicht geht von einer Pflicht zur Beteiligung an Betriebs- und Unterhaltungskosten aus8. Andere sehen für eine Kostenbeteiligung keine gesetzliche Grundlage9.

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Mit der überwiegenden Auffassung sieht der Bundesgerichtshof eine Kostenbeteiligung des Wohnungsberechtigten für die gewöhnliche Unterhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen als gerechtfertigt an.

Allerdings verweist § 1093 Abs. 3 BGB anders als § 1093 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht auf § 1041 BGB. Demzufolge obliegt die Unterhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen dem Eigentümer. Hinsichtlich der Zentralheizung ist der Eigentümer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sogar dazu verpflichtet, für ihre Instandhaltung und Instandsetzung zu sorgen, obwohl eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Pflicht aufgrund einer sachgerechten Interessenabwägung angenommen, weil dem Wohnungsberechtigten andernfalls die ordnungsgemäße Benutzung seiner Räume unmöglich gemacht würde10.

Ob der Eigentümer berechtigt ist, die Kosten für die gewöhnliche Unterhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen im Sinne von § 1041 Satz 2 BGB auf die Nutzungsberechtigten umzulegen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Unentgeltlichkeit des Wohnungsrechts spricht jedenfalls nicht dagegen, weil ein solcher Kostenanteil kein Entgelt für das Wohnungsrecht selbst darstellt. Fest steht nur, dass der Wohnungsberechtigte nicht für die außergewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung gemeinschaftlicher Anlagen und Einrichtungen aufkommen muss. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 1093 Abs. 1 Satz 2 i.V.m § 1041 Satz 2 BGB11. Schon aus diesem Grund scheitert eine analoge Anwendung von § 748 BGB12.

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Maßgeblich ist auch insoweit eine sachgerechte Abwägung der beiderseitigen Interessen. Sie führt im Ergebnis zu einer Pflicht des Wohnungsberechtigten zur Kostenbeteiligung. Er kann lediglich die Mitbenutzung verlangen, ohne dass sich sein Wohnungsrecht als solches auf die gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen erstreckt. Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen darf er selbst nicht vornehmen, obwohl funktionsfähige gemeinschaftliche Anlagen und Einrichtungen in seinem Interesse liegen. Dagegen wird der Eigentümer mit der Vornahme von Unterhaltungsmaßnahmen belastet, zu denen er dann, wenn die Gebrauchsfähigkeit der Heizung gefährdet ist, sogar verpflichtet ist13.

Ein wirtschaftlicher Anreiz zur Vornahme von Unterhaltungsmaßnahmen, die über diese Verpflichtung hinausgehen, wäre nicht gegeben, wenn ihre Kosten einseitig dem Eigentümer überbürdet würden. Die Pflicht zur Kostenbeteiligung ist deshalb nicht davon abhängig, dass der Eigentümer zu der Unterhaltungsmaßnahme verpflichtet ist14. Ebenso wenig ist eine Unterscheidung zwischen Unterhaltungs- und Betriebskosten angezeigt15, zumal die Betriebskosten im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV auch verbrauchsabhängige Kosten umfassen. Derartige Differenzierungen sind schon im Hinblick auf sonst unvermeidbare Abgrenzungsprobleme nicht sachgerecht.

Unerheblich ist, dass der Wohnungsberechtigte die Wohnung nicht nutzt. Die gewöhnliche Unterhaltung von gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen liegt – wie ausgeführt – in seinem Interesse. Die fehlende Nutzung beruht auf seiner freien Entscheidung, deren wirtschaftliche Folgen er nicht auf den Eigentümer verlagern kann.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Oktober 2011 – V ZR 57/11

  1. Fortführung von BGH, Urteil vom 04.07.1969 – V ZR 37/66, BGHZ 52, 234 ff.[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 25.09.2010 – V ZR 36/09, NJW 2009, 3644 Rn. 9 mwN[]
  3. BeckOK/Wegmann, BGB [2011], § 1093 Rn. 26; MünchKomm-BGB/Joost, 5. Aufl., § 1093 Rn. 9; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1093 Rn. 10[]
  4. in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung[]
  5. Danner/Theobald/Schumacher, Energierecht [2011], § 7 HeizkostenV Rn. 5 f.[]
  6. § 1093 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1041 Satz 2 BGB[]
  7. BGH, Urteil vom 04.07.1969 – V ZR 37/66, BGHZ 52, 234, 236 f.[]
  8. Erman/Grziwotz, BGB, 13. Aufl., § 1093 Rn. 15; MünchKomm-BGB/Joost, 5. Aufl., § 1093 Rn. 14; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1093 Rn. 13; RGRK/Rothe, BGB, 12. Aufl., § 1093 Rn. 8; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1093 Rn. 9; Staudinger/Mayer, BGB [2009], § 1093 Rn. 33; für die gleichlautende Vorschrift des § 33 Abs. 3 WEG: Timme/Munzig, WEG, § 33 Rn. 28; anders Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 5. Aufl., Rn. 1257: nur Beteiligung an Betriebskosten[]
  9. BeckOK/Wegmann, BGB [2011], § 1093 Rn. 25; vgl. auch LG Hamburg, MDR 1963, 218[]
  10. BGH, Urteil vom 04.07.1969 – V ZR 37/66, BGHZ 52, 234, 237 ff.; zustimmend Staudinger/Mayer, BGB [2009] § 1093 Rn. 33, 39; abl. MünchKomm-BGB/Joost, 5. Aufl., § 1093 Rn. 14[]
  11. BGH Urteil vom 04.07.1969 – V ZR 37/66, BGHZ 52, 234, 236 f.[]
  12. hierfür aber Schöner/Stöber, aaO, Rn. 1257[]
  13. BGH, Urteil vom 04.07.1969 – V ZR 37/66, BGHZ 52, 234, 237 ff.[]
  14. so aber wohl Timme/Munzig, WEG, § 33 Rn. 28[]
  15. hierfür Schöner/Stöber, aaO, Rn. 1256 f.[]
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