Dadurch, dass behinderte Menschen einer intensiveren Betreuung durch die Reiseleitung bedürfen, ist kein Mangel gegeben, sondern es zählt zum allgemeinen Risiko einer Gruppenreise. Außerdem schuldet ein Reiseunternehmen keine nicht behinderten Menschen.

Mit dieser Begründung hat das Amtsgericht München in dem hier vorliegenden Fall die Klage auf Zahlung wegen Mängelansprüchen aufgrund einer Reise nach Südafrika abgewiesen. Ein Ehepaar reiste im November 2010 für drei Wochen nach Südafrika. Gebucht war eine Studienreise zum Preis von 9990 Euro. Die Reise stand unter keinem ganz günstigen Stern. So verzögerte sich der Hinflug um 4 Stunden und 45 Minuten, wodurch der für diesen Tag geplante Ausflug erst am nächsten Tag stattfand. Auch das Bad des Hotels in Kapstadt, in dem das Paar drei Nächte verbrachte, wies Schimmelbefall auf. Auf der Fahrt nach Pretoria kam es zu einer Buspanne, wodurch sich die Stadtbesichtigung dort auf 30 Minuten verkürzte. Auf die Beschwerden der Reisenden hin bezahlte das Reiseunternehmen 285 Euro und übersandte einen Reisegutschein in Höhe von 200 Euro. Das genügte dem Ehepaar nicht. Sie verlangten weitere 714 Euro. Sie bemängelten, dass die ansonsten gute Reiseleitung mit einer schwerstbehinderten, beinahe blinden Mitreisenden beschäftigt und dadurch weniger präsent gewesen sei. Sie waren der Ansicht, dass das Reiseunternehmen die Verantwortung habe, nur solche Gäste auf einer Reise mitzunehmen, die die Strapazen entweder selbstständig oder mit Hilfe einer dauernden persönlichen Betreuungsperson meistern können, ohne den zeitlichen Ablauf einer solchen Studienreise an jedem Programmpunkt durch zeitaufwendige Betreuungsleistungen durch die Reiseleitung zu behindern und zu verzögern. Als das Reiseunternehmen nicht bezahlte, erhob die Ehefrau Klage vor dem Amtsgericht München.
In seiner Urteilsbegründung führt das Amtsgericht München aus, dass die Beklagte durch ihre Zahlung bereits ausreichend Ausgleich gewährt habe, soweit Mängelansprüche bestanden hätten (Schimmel, Flugverspätung).
Bezüglich der nach Ansicht der Klägerin ihr zustehenden Ansprüche, weil sich die Reiseleiterin um eine behinderte Mitreisende mehr kümmern musste, sei diese Meinung bereits im Ansatz verfehlt. Nach Auffassung des Amtsgerichts München erfordere ein Mangel die Abweichung der erbrachten Leistung von der geschuldeten Leistung. Das Reiseunternehmen schulde aber keine nicht behinderten Mitreisenden. Die Klägerin möge sich daran erfreuen, dass sie nicht behindert sei und sich nicht darüber beschweren, dass es auch behinderte Menschen gäbe, welche ebenfalls an Reisen teilnehmen wollen und hierbei eine intensivere Betreuung benötigen. Dies sei im Übrigen das allgemeine Risiko bei einer Gruppenreise und stelle keinen Mangel dar.
Auch die Buspanne sei kein Mangel, sondern eine im Rahmen einer Rundreise hinzunehmende Unannehmlichkeit.
Amtsgericht München, Urteil vom 1. Dezember 2011 – 223 C 17592/11