Bringt der Verpflichtete die mit einem Vorkaufsrecht belastete Sache in eine von ihm beherrschte Gesellschaft ein und überträgt er anschließend die Gesellschaftsanteile entgeltlich an einen Dritten, kann eine den Vorkaufsfall auslösende kaufähnliche Vertragsgestaltung vorliegen. Der Verpflichtete kann die Erstreckung des Vorkaufs auf andere Gegenstände als diejenigen, auf die sich das Vorkaufsrecht bezieht, nicht schon deshalb verlangen, weil ein Verkauf im „Paket“ für ihn vorteilhaft ist, sondern nur dann, wenn sich infolge der Trennung der vorkaufsbelasteten Sache kein adäquater Preis für die verbleibenden Gegenstände erzielen lässt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eröffnet § 463 BGB (§ 504 BGB aF) nicht nur dann die Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn der Verpflichtete mit einem Dritten formell einen Kaufvertrag über den mit dem Vorkaufsrecht belasteten Gegenstand geschlossen hat. Vielmehr gebietet eine interessengerechte Auslegung der Norm, sie auch auf solche Vertragsgestaltungen zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten anzuwenden, die bei materieller Betrachtung einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechts so nahe kommen, dass sie ihm gleichgestellt werden können, und in die der Vorkaufsberechtigte zur Wahrung seines Erwerbs- und Abwehrinteresses „eintreten“ kann, ohne die vom Verpflichteten ausgehandelten Konditionen zu beeinträchtigen [1].
Eine kaufähnliche Vertragsgestaltung in diesem Sinne kann gegeben sein, wenn der Verpflichtete die mit einem Vorkaufsrecht belastete Sache in eine von ihm beherrschte Gesellschaft einbringt und anschließend die Gesellschaftsanteile entgeltlich an einen Dritten überträgt [2]. Maßgeblich ist auch hier, ob ein interessengerechtes Verständnis der gewählten Vertragsgestaltung zu dem Ergebnis führt, dass allen formellen Vereinbarungen zum Trotz der Wille der Vertragsschließenden auf eine Eigentumsübertragung (auch) der vorkaufsbelasteten Sache gegen Zahlung eines bestimmten Preises gerichtet war [3]; mehrere Verträge sind dabei in ihrem Zusammenhang zu betrachten [4].
Mit der Einbringung der Grundstücke in die Gesellschaft und dem Verkauf der Anteile an dieser Gesellschaft beabsichtigte der ursprüngliche Grundstückseigentümer, einen Teil der Insolvenzmasse zu verwerten, indem er diese gegen Übertragung des Eigentums zu Geld machte. Auch aus Sicht des Käufers handelte es sich um ein kaufähnliches Rechtsgeschäft. Das zeigt sich daran, dass das wirtschaftliche Ergebnis der Transaktion kein anderes gewesen wäre, wenn der Insolvenzverwalter die 87 Grundstücke an den Käufer verkauft und diese anschließend eine Verwaltungsgesellschaft gegründet und die Grundstücke darin eingebracht hätte.
Diese Bewertung lässt sich auch nicht unter Hinweis darauf in Frage stellen, nicht der Verkauf der Grundstücke habe im Vordergrund gestanden, sondern die Übertragung eines – durch die Ausgliederung eines Betriebsteils der Schuldnerin in die Gesellschaft entstandenen – Unternehmens mit dem Zweck der Gewinnerzielung durch die Einnahme von Erbbauzinsen. Hierbei wird bereits verkannt, dass die Veräußerung eines Unternehmens, welches keinen anderen Zweck hat, als die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke zu verwalten, wirtschaftlich dem Verkauf dieser Grundstücke gleichsteht. Im hier zu beurteilenden Fall kommt hinzu, dass ein solches selbständiges Unternehmen zu keiner Zeit existierte; denn die Gesellschaft ist erst am Tag des Verkaufs der Gesellschaftsanteile und damit erkennbar zwecks Verwertung der Grundstücke gegründet worden. Dass mit den Anteilen an der Gesellschaft eine Sachgesamtheit auf den Käufer übertragen wurde, ist für den Eintritt des Vorkaufsfalls ohne Bedeutung (vgl. § 467 BGB). Weiter ist es schließlich ohne Belang, dass die Gesellschaft noch existiert. Denn die Feststellung, was durch den Verkauf von Gesellschaftsanteilen bewirkt werden soll, hängt nicht davon ab, wie der Käufer dieser Anteile nach dem Erwerb mit der Gesellschaft und deren Vermögen verfährt.
Der gegen den ehemaligen Eigentümer gerichtete Anspruch auf Verschaffung des Eigentums scheitert nicht daran, dass die Gesellschaft zwischenzeitlich als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden ist. Ausgeschlossen wäre der Anspruch nur dann, wenn dem ehemaligen Eigentümer die Leistung deshalb unmöglich geworden wäre (§ 275 Abs. 1 BGB). Dies setzte voraus, dass sich das durch die Veräußerung eingetretene Leistungshindernis nicht durch einen Rückerwerb des Grundstücks bzw. des Miteigentumsanteils, auf das sich das Vorkaufsrecht bezieht, beheben lässt [5].
Dem Anspruch steht nicht die Vorschrift des § 471 BGB entgegen, wonach das Vorkaufsrecht ausgeschlossen ist, wenn der Verkauf aus der Insolvenzmasse erfolgt. Ein dingliches Vorkaufsrecht, wie es nach den getroffenen Feststellungen hier besteht, kann auch dann ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem Insolvenzverwalter aus freier Hand verkauft wird (§ 1098 Abs. 1 Satz 2 BGB); dem steht die Eigentumsübertragung aufgrund kaufähnlichen Rechtsgeschäfts gleich.
Ein Nachteil im Sinne von § 467 Satz 2 BGB (§ 508 Satz 2 BGB aF), der den (verkaufswilligen) Eigentümer zu dem Einwand berechtigte, der Vorkauf müsse auf alle 87 Grundstücke oder auf alle Miteigentumsanteile des vorkaufsbelasteten Grundstücks erstreckt werden, ist nicht schon im Wegfall der Vorteile zu sehen, die sich aus der Veräußerung der Grundstücke im „Paket“ ergeben. Grundsätzlich bestimmt das Vorkaufsrecht, und nicht der den Vorkaufsfall auslösende Vertrag, welche Gegenstände der Berechtigte erwerben kann; er ist deshalb in der Ausübung seines Rechts nicht gehindert, wenn der vorkaufsbelastete Gegenstand als Teil einer Sachgesamtheit veräußert wird [6]. Die Bestimmung des § 467 Satz 2 BGB, die aus Gründen der Billigkeit den Nachteil berücksichtigt, welcher mit der Trennung des vorkaufsbelasteten Gegenstands von der Sachgesamtheit verbunden sein kann, ist als Ausnahme von diesem Grundsatz restriktiv zu handhaben. Kein Nachteil im Sinne dieser Vorschrift ist es, wenn der Mengenverkauf für den Vorkaufsverpflichteten vorteilhafter war als ein Einzelverkauf; denn mit der Auflösung des „Pakets“ musste der Verpflichtete angesichts des Vorkaufsrechts von vornherein rechnen. Die Erstreckung des Vorkaufs auf sämtliche Gegenstände kann der Verpflichtete nur dann verlangen, wenn sich infolge der Trennung des vorkaufsbelasteten Gegenstands kein adäquater Preis für die verbleibenden Sachen erzielen lässt [7]. So kann es beispielsweise liegen, wenn zusammen mit dem vorkaufsbelasteten Grundstück eine isoliert nicht sinnvoll nutzbare Fläche oder ein speziell für ein Haus angefertigter Einrichtungsgegenstand verkauft worden ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Januar 2012 – V ZR 272/10
- BGH, Urteil vom 11.10.1991 – V ZR 127/90, BGHZ 115, 335, 339 f.; Urteil vom 20.03.1998 – V ZR 25/97, NJW 1998, 2136, 2137; Urteil vom 26.09.2003 – V ZR 70/03, NJW 2003, 3769[↩]
- vgl. OLG Nürnberg, NJW-RR 1992, 461, 462; MünchKomm-BGB/Westermann, 6. Aufl., § 463 Rn.19a; Soergel/Wertenbruch, BGB 13. Aufl., § 463 Rn. 47[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2003 – V ZR 70/03, aaO. S. 3770[↩]
- BGH, Urteil vom 15.06.1957 – V ZR 198/55, WM 1957, 1162, 1165[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 30.10.2009 – V ZR 42/09, NJW 2010, 1074, 1075 Rn. 11[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2006 – V ZR 17/06, BGHZ 168, 152, 157 f. Rn. 23 f.[↩]
- vgl. Soergel/Wertenbruch, BGB, 13. Aufl., § 467 Rn. 9[↩]