Einwand der Übersicherung des Gläubigers

Im Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung kann der Schuldner nur durch Widerspruch gemäß § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO und nicht mit der Erinnerung gemäß § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Einwand der Übersicherung des Gläubigers (§ 803 Abs. 1 Satz 2 ZPO) geltend machen.

Einwand der Übersicherung des Gläubigers

Aktuell hat der Bundesgerichtshof so im Fall eines Schuldners entschieden, gegen den der Gläubiger die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen betreibt. Im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat der Schuldner nach § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO Widerspruch eingelegt. Er macht geltend, er sei zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht verpflichtet, weil der Gläubiger bereits durch andere Maßnahmen der Zwangsvollstreckung hinreichend gesichert sei. Nach der Zurückweisung des Widerspruchs durch das Vollstreckungsgericht war auch die sofortige Beschwerde ohne Erfolg, so dass der Schuldner nun Rechtsbeschwerde eingelegt hat.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs darf die Pfändung im Rahmen der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen nach § 803 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht weiter ausgedehnt werden, als es zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung erforderlich ist. Diese Bestimmung dient dem Schutz des Schuldners vor dem Verlust eines Vermögensgegenstandes1.

Den Einwand einer Übersicherung des Gläubigers kann der Schuldner allerdings grundsätzlich mit der Erinnerung gemäß § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO geltend machen2. Gemäß § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet das Vollstreckungsgericht über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr zu beobachtende Verfahren betreffen. Diese Entscheidung ist nach § 20 Nr. 17 Satz 2 RPflG dem Richter vorbehalten.

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Im Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist jedoch der Widerspruch gemäß § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO gegenüber der Erinnerung nach § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO der speziellere und damit vorrangige Rechtsbehelf3. Bestreitet der Schuldner im Termin die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, so hat nach § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO das Gericht durch Beschluss zu entscheiden. Diese Entscheidung des Vollstreckungsgerichts ist nach § 20 Nr. 17 Satz 1 RPflG dem Rechtspfleger übertragen.

Auch den Einwand der Übersicherung kann der Schuldner im Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nur durch Widerspruch gemäß § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO geltend machen4. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann nicht angenommen werden, die Aussichten des Gläubigers, aufgrund anderer Maßnahmen der Zwangsvollstreckung Befriedigung zu erlangen, könnten in der Regel nur im Erinnerungsverfahren hinreichend geprüft werden. Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Entscheidung über den Einwand der Übersicherung dem Richter vorbehalten bleiben müsste. Vielmehr spricht der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie dafür, sämtliche Einwände, die der Schuldner im Termin gegen seine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vorbringt und so auch den Einwand der Übersicherung im Widerspruchsverfahren vom Rechtspfleger überprüfen zu lassen5.

Danach ist der Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Die Vorinstanzen haben sich bislang nicht mit der Frage befasst, ob der Gläubiger hinreichend gesichert ist.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. August 2011 – I ZB 5/11

  1. BGH, Beschluss vom 18.07.2002 – IX ZB 26/02, BGHZ 151, 384, 387[]
  2. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 766 Rn. 15[]
  3. KG, NJW 1956, 115 f.; LG Berlin, Rpfleger 2007, 407 f.; Münch-Komm.ZPO/Eickmann, 3. Aufl., § 900 Rn. 19; Musielak/Voit, ZPO, 8. Aufl., § 900 Rn. 24; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 32. Aufl., § 900 Rn. 30b; vgl. auch Zöller/Stöber aaO § 900 Rn. 22[]
  4. LG Limburg, Rpfleger 1982, 434 f.; LG Detmold, Rpfleger 1990, 432, 433; LG Stuttgart, Rpfleger 2000, 28; Münch-Komm.ZPO/Schmidt aaO § 777 Rn. 19; MünchKomm.ZPO/Eickmann aaO § 900 Rn. 21; Musielak/Lackmann aaO § 777 Rn. 6; Musielak/Voit aaO § 900 Rn. 25; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 900 Rn. 47; aA LG Hannover, Rpfleger 1986, 187; Zöller/Stöber aaO § 777 Rn. 8[]
  5. LG Limburg, Rpfleger 1982, 434, 435; LG Stuttgart, Rpfleger 2000, 28[]