Ist ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling vom Erblasser als Nacherbe eingesetzt, steht ihm ein Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses gegen den Erben, bzw. gegen den Vorerben, erst dann zu, wenn er die Nacherbschaft ausgeschlagen hat. Die bloße Absicht, die Nacherbschaft auszuschlagen, rechtfertigt einen Auskunftsanspruch nicht. Beruht der Erfolg einer Klage auf Auskunft gemäß § 2314 BGB in der zweiten Instanz darauf, dass der Nacherbe erst nach Klageabweisung in der ersten Instanz die Nacherbschaft ausgeschlagen hat, treffen ihn gemäß § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Auskunftsanspruch des Nacherben beruht auf § 2314 Abs. 1 BGB.
Der Erbe bzw. der befreite Vorerbe gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zur Auskunftserteilung verpflichtet. Die Stellung als befreiter Vorerbe ergibt sich aus dem Ehegattentestament vom 29.05.1996. Das Testament enthält hinsichtlich der Einsetzung des jeweils anderen Ehegatten zum Vorerben wechselbezügliche Verfügungen im Sinne von § 2270 Abs. 1 BGB. Daher konnte die Erblasserin gemäß § 2271 Abs. 1 Satz 2 BGB die Einsetzung des Erben als Vorerben nicht durch das spätere Testament vom 12.06.2008 abändern. Im vorliegenden Verfahren ist im Übrigen – anders als im vorausgegangenen Erbscheinsverfahren – unstreitig, dass ein Widerruf des Ehegattentestaments durch ein einvernehmliches Vernichten bzw. Zerreißen gemäß §§ 2255, 2271 Abs. 1 BGB nicht erfolgt ist. Das gemeinschaftliche Testament vom 29.05.1996 ist mithin bis zum Tod der Erblasserin wirksam geblieben.
Der Nacherbe ist vorliegend als Abkömmling der Erblasserin pflichtteilsberechtigt gemäß § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zwar war er zunächst noch nicht von der Erbfolge ausgeschlossen, weil er als Nacherbe im Ehegattentestament eingesetzt war. Die Berufung zum Nacherben steht einem Ausschluss von der Erbfolge im Sinne von § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gleich (§ 2306 BGB; vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 73. Auflage 2014, § 2303 BGB, RdNr. 2). Die Pflichtteilsberechtigung ist jedoch entstanden durch die Ausschlagung der Nacherbschaft gemäß § 2306 Abs. 1, 2 BGB. Die Ausschlagung in der notariell beglaubigten Urkunde entspricht den Anforderungen gemäß § 1945 BGB. Mit dieser Ausschlagung hat der Nacherbe die Stellung eines Pflichtteilsberechtigten erworben.
Zur Vorbereitung eines möglichen Zahlungsanspruchs steht dem Nacherben ein Auskunftsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zu. Der Erbe hat ein vollständiges Verzeichnis der Erbschaft zu erstellen, welches sich auf das Datum des Todes der Erblasserin beziehen muss. Im Hinblick auf mögliche Ansprüche gemäß § 2325 BGB (Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen) muss sich die Auskunft auch auf Schenkungen der Erblasserin in den letzten zehn Jahren vor ihrem Tod erstrecken.
Der Auskunftsantrag ist hingegen insoweit nicht begründet, als der Nacherbe eine Auskunft zum „Kontoverlauf“ eines bestimmten Festgeldkontos der Erblasserin in den letzten zehn Jahren vor ihrem Tod verlangt. Für dieses Verlangen gibt es keine rechtliche Grundlage. Soweit die Erblasserin in den letzten zehn Jahren vor ihrem Tod Beträge von dem Festgeldkonto abgehoben haben sollte zum Zwecke der Schenkung, ergibt sich die Auskunftspflicht des Erben bereits aus der vom Oberlandesgericht tenorierten Auskunftspflicht zu Schenkungen in dem angegebenen Zeitraum. Soweit hingegen Kontobewegungen auf dem Festgeldkonto nichts mit Schenkungen zu tun haben, gibt es auch keine Grundlage für eine Auskunftspflicht.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 18. Juni 2014 – 9 U 147/13
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