Das eigenhändig geschriebene Testament – und die Schreibhilfe

Die zwingende Formvorschrift des § 2247 Abs. 1 i.V.m. § 2231 BGB, wonach das Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung zu errichten ist, muss vom Erblasser eingehalten werden. Ein Verstoß gegen § 2247 Abs. 1 BGB bewirkt die Nichtigkeit des Testaments gemäß § 125 BGB, selbst wenn die Urheberschaft des Erblassers und die Ernstlichkeit seiner Erklärung feststehen.

Das eigenhändig geschriebene Testament – und die Schreibhilfe

Die Eigenhändigkeit soll bezwecken, den wirklichen Willen des Erblassers zur Geltung kommen zu lassen, der durch die Einhaltung der Form angehalten wird, sich selbst klar darüber zu werden, welchen Inhalt seine Verfügung von Todes wegen haben soll, um dann seinen Willen möglichst deutlich zum Ausdruck zu bringen. Außerdem dient die Form dazu, Entwürfe und Vorüberlegungen von der maßgebenden Verfügung abzugrenzen.

Schließlich soll sie die Echtheit der Erklärung sicherstellen und nach Möglichkeit auch die Selbstständigkeit des Erblasserwillens verbürgen. In ihrer Gesamtheit sollen die verschiedentlichen Zwecke ein verantwortliches Testieren fördern und Streitigkeiten über den Testamentsinhalt vermeiden1.

Die Formvorschrift hat der Erblasser nicht beachtet, indem er den Text überwiegend von einem Dritten schreiben ließ. Der vom Erblasser eigenhändig geschriebene Textteil ergibt im hier entschiedenen Fall aber unter der notwendigen Negierung des übrigen Textteiles allein nicht den Sinn einer Einsetzung als Alleinerbin. Denn die Person des Erben muss vom Erblasser so bestimmt sein, dass sie allein aufgrund seiner in der letztwilligen Verfügung enthaltenen Willensäußerung festgestellt werden kann2. Dies kann nicht aus den ausschließlich zu berücksichtigenden Worten „bevollmächtige… in privaten und geschäftlichen Angelegenheiten wahrzunehmen. allein Erbin bei Tod danach“ abgeleitet werden – auch nicht durch eine Auslegung gemäß § 2084 BGB, weil der vom Erblasser eigenhändig geschriebene Text keinerlei Rückschlüsse auf die Person des Erben zulässt.

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Unerheblich ist wegen der zwingenden Formvorschrift des § 2247 Abs. 1 BGB, ob er tatsächlich die Alleinerbeinsetzung seiner Lebensgefährtin gewollt hat. Dies hätte im Übrigen in den folgenden elf Jahren bis zu seinem Tod formgültig nachgeholt werden können, zumal der Erblasser nach den Angaben der Beschwerdeführerin trotz seines ausgeprägten Alkoholismus testierfähig gewesen ist.

Ein erteilter Erbschein ist gemäß § 2361 Abs. 1 BGB nur einzuziehen, wenn er unrichtig ist. Dies wäre der Fall, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung entweder schon ursprünglich nicht gegeben waren oder nachträglich nicht mehr vorhanden sind, insbesondere weil eine erneute Überprüfung nicht die im Erbschein ausgewiesene Erbenstellung ergibt, etwa bei unrichtiger Angabe der Erben oder der Erbteile, beim Übersehen von Erbberechtigten oder eines Testaments oder auch im Falle einer nachträglichen anderen rechtlichen Beurteilung3.

Nachdem der Formmangel gemäß § 125 BGB zur Nichtigkeit der betreffenden Verfügung führt, ist das Nachlassgericht nach wie vor zu Recht vom Eintritt der gesetzlichen Erbfolge ausgegangen (§ 1925 BGB) und hat den Einzug des der Adoptivmutter auf ihren Erbscheinsantrag erteilten Erbscheins abgelehnt.

Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 8 W 387/14

  1. Weidlich in Palandt, a.a.O., § 2231 BGB Rn. 1, § 2247 BGB Rn. 3 und 7; je m.w.N.[]
  2. Weidlich in Palandt, a.a.O., § 1937 BGB Rn. 7, § 2065 BGB Rn. 7; OLG München NJW 2013, 2977, zu § 2065 Abs. 2 BGB[]
  3. Weidlich in Palandt, BGB, 73. Aufl.2014, § 2361 BGB Rn.2, m.w.N.[]
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