Die Einsetzung des Urkundsnotars als Testamentsvollstrecker, die in einem eigenhändigen Testament im Anschluss an die Beurkundung einer letztwilligen Verfügung erfolgt ist, ist nicht nach §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG unwirksam.

Nach §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG ist die Beurkundung einer letztwilligen Verfügung insoweit unwirksam, als darin der Urkundsnotar zum Testamentsvollstrecker ernannt wird. Der Notar hat jedoch die Verfügung, durch die der Erblasser ihn zum Testamentsvollstrecker ernannt hat, nicht beurkundet. Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf zutreffend entschieden hat, ist dieser Teil der letztwilligen Verfügungen des Erblassers nicht gemäß § 2232 BGB zur Niederschrift eines Notars errichtet worden.
Der vom Notar nach § 2232 Satz 1 Alt. 1 BGB i.V.m. § 2276 Abs. 1 Satz 2 BGB beurkundete Erbvertrag enthält keine Benennung eines Testamentsvollstreckers. Der so bezeichnete „Nachtrag zu dem Erbvertrag“, in dem der Notar entsprechend benannt wird, wurde dagegen eigenhändig als Testament errichtet. Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf zutreffend angenommen hat, ist dieser Nachtrag auch nicht gemäß § 2232 Satz 1 Alt. 2 BGB durch eine Übergabe an den Notar zum öffentlichen Testament geworden; es wurde keine notarielle Niederschrift über eine Übergabe erstellt1. Es ist daher für die Entscheidung ohne Bedeutung, auf welche Weise der „Nachtrag“ in das Notariat des Urkundsnotars gelangte.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in der Vorinstanz außerdem zutreffend angenommen, dass sich die Urkundstätigkeit des Notars auch nicht deswegen auf das eigenhändige Testament erstreckte, weil dieses mit dem Erbvertrag verbunden und zusammen verwahrt wurde2. Ein Schriftstück wird allein durch die feste Verbindung mit einer notariellen Urkunde durch Schnur und Prägesiegel nicht ein Teil dieser Urkunde, der dann vom Mitwirkungsverbot der §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG erfasst würde. Daher kann offenbleiben, ob der handschriftliche „Nachtrag“, wie die Erben unter Verweis auf den Vortrag in der Vorinstanz geltend machen, mit dem notariellen Erbvertrag durch Schnur und Prägesiegel fest verbunden worden ist. A
Aus § 44 BeurkG ergibt sich nicht, dass der Notar durch die Verbindung der beiden Schriftstücke eine einheitliche Urkunde geschaffen hätte. Nach § 44 Satz 1 BeurkG sollen Urkunden, die aus mehreren Blättern bestehen, mit Schnur und Prägesiegel miteinander verbunden werden. Der Anwendungsbereich dieser Regelung setzt also voraus, dass es sich bei den Blättern bereits um eine einheitliche Urkunde handelt. Beigefügte Unterlagen gelten nur dann als Teil der notariellen Niederschrift, wenn in der Niederschrift auf sie verwiesen wird, § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 37 Abs. 1 Satz 2 und 3 BeurkG; unter diesen Voraussetzungen sind auch sie nach § 44 Satz 2 BeurkG fest mit der Niederschrift zu verbinden. An einer solchen Verweisung des Erbvertrages auf den handschriftlichen Nachtrag fehlt es hier aber. Die Verbindung von Unterlagen durch den Notar hat dagegen als solche keine Folgen für die rechtliche Einordnung der verbundenen Unterlagen. § 44 BeurkG hat keine konstitutive Wirkung; diese Sollvorschrift dient nach der Gesetzesbegründung3 nur dem Zweck, einem Verlust einzelner Blätter vorzubeugen, da sich andere Arten der Verbindung als nicht ausreichend zuverlässig erwiesen haben4.
Sind mehrere Schriftstücke durch Schnur und Prägesiegel miteinander verbunden worden, kann daraus auch nicht geschlossen werden, dass es sich dabei bereits um eine einheitliche Urkunde gehandelt hätte. Ein Notar kann auch andere Unterlagen, die keine einheitliche Urkunde sind, auf diese Weise verbinden. Dieselbe feste Verbindung erlaubte § 18 Abs. 2 DONot (in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung) in bestimmten Fällen auch zwischen Urkunden und anderen Urkunden oder Unterlagen, so etwa wenn diese die Haupturkunde ergänzen (§ 18 Abs. 2 Satz 1 Spiegelstrich 3 DONot a.F.) oder für die Durchführung des darin beurkundeten Rechtsvorgang von Bedeutung sind (§ 18 Abs. 2 Satz 1 Spiegelstrich 2 DONot a.F.). Auch wenn aufgrund der Regelung in § 44 BeurkG die fehlende feste Verbindung eines formlosen Dokuments mit einer notariellen Urkunde als Indiz dafür gewertet werden kann, dass es sich bei dem Dokument nicht um einen Teil der beurkundeten Niederschrift handelt5, lässt dies daher entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht den Umkehrschluss zu, dass die Verbindung von Schriftstücken mit Schnur und Prägesiegel das Bestehen einer einheitlichen Urkunde belegt.
In der hier vorgenommenen Gestaltung liegt keine Umgehung des Mitwirkungsverbots aus den §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG. Diese Vorschriften sind daher nicht nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen über Umgehungsgeschäfte entsprechend auf die Ernennung des Testamentsvollstreckers im eigenhändigen Testament anzuwenden und können nicht zur Unwirksamkeit dieser Verfügung führen.
Eine Gesetzesumgehung bildet dann einen Nichtigkeitsgrund, wenn durch die gewählte rechtliche Gestaltung der Zweck einer Rechtsnorm vereitelt wird; dem liegt die Erwägung zugrunde, dass ein vom Gesetz missbilligter Erfolg nicht durch die Umgehung des Gesetzes erreicht werden darf6. Das Geschäft ist daher grundsätzlich nur dann nichtig, wenn das Verbot die Verwirklichung des beabsichtigten praktischen Erfolges überhaupt verhindern, nicht dagegen, wenn es nur eine bestimmte Geschäftsform untersagen will7.
Nach diesem Maßstab liegt hier keine Umgehung vor. Das Gesetz verbietet weder die Ernennung des Urkundsnotars zum Testamentsvollstrecker noch dessen Tätigwerden in diesem Amt, also das vom Erblasser mit seiner letztwilligen Verfügung angestrebte Ziel. Die §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG schließen lediglich einen bestimmten Weg zur Erreichung dieses Zieles aus, nämlich eine Beurkundung der Ernennungserklärung durch den betreffenden Notar8. Eine materielle Einschränkung der Testierfreiheit ist diesen Vorschriften nicht zu entnehmen; vielmehr handelt es sich bei den §§ 27, 7 BeurkG (nur) um eine verfahrensrechtliche Regelung über Mitwirkungsverbote bei der Beurkundung9.
Dies entspricht dem Zweck der §§ 27, 7 BeurkG, das Beurkundungsverfahren von Interessenkonflikten freizuhalten. Es gilt zu verhindern, dass der Notar durch die Einräumung ihm ansonsten nicht zustehender rechtlicher Vorteile in der Urkunde in die Gefahr eines Konflikts zu seinen sonstigen Pflichten kommt, insbesondere zu den Prüfungs- und Belehrungspflichten nach § 17 BeurkG10. Die Gefahr eines Widerspruchs zwischen den Interessen des Erblassers sowie möglichen Eigeninteressen des Notars ist in solchen Fällen nicht von vornherein auszuschließen. Einen derartigen möglichen Interessengegensatz wollte der Gesetzgeber durch § 7 BeurkG von Anfang an verhindern11. Diesem Rechtsgedanken hat der Gesetzgeber dagegen im materiellen Erbrecht keinen Vorzug vor der Testierfreiheit des Erblassers eingeräumt12.
Die §§ 27, 7 BeurkG dienen dagegen nicht dem Zweck, den Erblasser vor einer Beeinflussung durch den als Testamentsvollstrecker vorgesehenen Notar bei der Errichtung eines eigenhändigen Testaments zu schützen. Wenn der Erblasser durch falsche Beratung zu einer überflüssigen Testamentsvollstreckung bewogen worden ist, kann das Testament gemäß § 2078 BGB angefochten werden13. Ist eine Testamentsvollstreckung dagegen sachgerecht, ist es erfahrungsgemäß meist ein Anliegen des Erblassers, dass der Notar, dem er zu Lebzeiten seine Angelegenheiten anvertraut hat, auch seinen letzten Willen vollziehen soll14.
Der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckerernennung in einem eigenhändigen Testament steht es daher nicht entgegen, wenn dieses in den Räumen des Notars in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Beurkundung einer letztwilligen Verfügung vom Erblasser abgefasst wurde15 oder der Notar den Text des eigenhändigen Testaments entworfen hat16.
Es kann daher offenbleiben, ob der Erblasser im Anschluss an die Beurkundung des Erbvertrages den handschriftlichen Nachtrag im Notariat des Notars mit einem von diesem diktierten Text erstellt hat.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Februar 2022 – IV ZB 24/21
- anders dagegen der Sachverhalt in OLG Bremen ErbR 2016, 100 unter – II 2 b 14]; FamRZ 2015, 533 unter – II 2 a 19][↩]
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2021 – I3 Wx 63/20[↩]
- BT-Drs. V/3282 S. 38[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 24.09.1997 – XII ZR 234/95, BGHZ 136, 357 unter – II 5 34][↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 20.03.2019 – XII ZB 310/18, BGHZ 221, 308 Rn. 24[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 06.12.1990 – IX ZR 44/90, NJW 1991, 1060 unter – II 2 c aa 25][↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 30.11.1955 – VI ZR 95/54, WM 1956, 25 unter 4 c[↩]
- vgl. OLG Köln ZEV 2018, 271 Rn.19; Reimann in Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung 7. Aufl. § 2 Rn. 223[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 18.12.1996 – IV ZB 9/96, BGHZ 134, 230 unter – II 2 d 20][↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 10.10.2012 – IV ZB 14/12, FamRZ 2013, 32 Rn. 11[↩]
- BGH, Beschluss vom 10.10.2012 aaO Rn. 12[↩]
- vgl. auch OLG Bremen, FamRZ 2016, 1505, 1506 13]; Staudinger/Dutta, BGB (2021) § 2197 Rn. 91[↩]
- BGH, Beschluss vom 18.12.1996 – IV ZB 9/96, BGHZ 134, 230 unter – II 2 d 21][↩]
- BGH, Beschluss vom 18.12.1996 aaO[↩]
- vgl. OLG Köln ZEV 2018, 271 Rn. 18; Sandkühler in Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung 7. Aufl. § 11 Rn. 28a; Reimann aaO § 2 Rn. 223: „in zeitlicher Nähe“; a.A. Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung 5. Aufl. Kap. D. Rn. 94a[↩]
- vgl. BeckOK-BeurkG/Seebach, § 27 Rn. 45.10 (Stand: 1.11.2021); Fröhler in Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung 5. Aufl. Kap. 3 Rn. 364; a.A. BeckOGK/Grziwotz, BeurkG § 27 Rn. 15 (Stand: 1.10.2021): „ohne Veranlassung des Urkundsnotars“[↩]
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