Erbrechtsreform

Der Bundestag hat eine des Erb- und Verjährungsrechts verabschiedet. Das Erbrecht besteht in seiner heutigen Struktur seit über 100 Jahren und hat sich grundsätzlich bewährt, allerdings sah der Gesetzgeber in einigen Bereichen Handlungsbedarf aufgrund der sich zwischenzeltlich gewandelten Wertvorstellungen. Dies betrifft insbesondere die Frage der Entziehung von Pflichtteilsrechten, dem Schutz der Erben bei der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen sowie die Berücksichtigung von Pflegeleistungen, die für den Erblasser erbracht wurden:

Erbrechtsreform

Modernisierung der Pflichtteilsentziehungsgründe

Das Pflichtteilsrecht lässt Abkömmlinge oder Eltern sowie Ehegatten und Lebenspartner auch dann am Nachlass teilhaben, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Der Pflichtteil umfasst die Hälfte des gesetzlichen Erbteils; diese Höhe bleibt durch die geplanten Neuerungen unberührt. Ein wesentliches Anliegen der Reform ist die Stärkung der Testierfreiheit des Erblassers, also seines Rechts, durch Verfügung von Todes wegen über seinen Nachlass zu bestimmen. Dementsprechend werden die Gründe überarbeitet, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen:

  • Die Entziehungsgründe sollen vereinheitlicht werden, indem sie künftig für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten oder Lebenspartner gleichermaßen Anwendung finden. Bislang gelten insoweit Unterschiede.
  • Darüber hinaus sollen künftig alle Personen geschützt werden, die dem Erblasser ähnlich wie ein Ehegatte, Lebenspartner oder Kind nahe stehen, z. B. auch Stief- und Pflegekinder. Eine Pflichtteilsentziehung soll auch dann möglich sein, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen Personen nach dem Leben trachtet oder ihnen gegenüber sonst eine schwere Straftat begeht. Nach derzeitiger Gesetzeslage ist dies nur bei entsprechenden Vorfällen gegenüber einem viel engeren Personenkreis möglich.
  • Der Entziehungsgrund des „ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels“ soll entfallen. Zum einen gilt er derzeit nur für Abkömmlinge, nicht aber für die Entziehung des Pflichtteils von Eltern und Ehegatten. Zum anderen hat er sich als zu unbestimmt erwiesen. Stattdessen soll künftig eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen. Zusätzlich muss es dem Erblasser unzumutbar sein, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu belassen. Gleiches soll bei Straftaten gelten, die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen wurden.
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Erweiterung der Stundungsgründe

Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, müssen die Erben diese Vermögenswerte nach der bisher bestehenden Regelung oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Lösung bietet hier die bereits geltende Stundungsregelung, die jedoch derzeit eng ausgestaltet und nur dem pflichtteilsberechtigten Erben, also insbesondere den Kindern und dem Ehegatten, eröffnet ist. Mit der jetzt beschlossenen Reform soll die Stundung dagegen unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben durchsetzbar sein.

Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch

Schenkungen des Erblassers können zu einem Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils gegen den Erben oder den Beschenkten führen. Durch diesen Anspruch wird der Pflichtteilsberechtigte so gestellt, als ob die Schenkung nicht erfolgt und damit das Vermögen des Erblassers durch die Schenkung nicht verringert worden wäre. Die Schenkung wird in voller Höhe berücksichtigt. Sind seit der Schenkung allerdings 10 Jahre verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Dies gilt auch, wenn der Erblasser nur einen Tag nach Ablauf der Frist stirbt.

Die Reform sieht nun vor, dass die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird demnach voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. berücksichtigt.

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Bessere Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich

Eine Änderung außerhalb des Pflichtteilsrechts betrifft die Berücksichtigung von Pflegeleistungen im Rahmen der Erbauseinandersetzung. Derzeit werden Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, über die finanzielle Seite wird dabei selten gesprochen. Trifft der Erblasser auch in seinem Testament keine Ausgleichsregelung, geht der pflegende Angehörige heute oftmals leer aus. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche gibt es nur für einen Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser über längere Zeit gepflegt hat. Künftig soll der Anspruch unabhängig davon sein, ob für die Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet wurde.

Abkürzung der Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen

Weitere Änderungen betreffen die Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen, die nunmehr an die Verjährungsvorschriften des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von 2001 angepasst wird. Diese sehen eine Regelverjährung von drei Jahren vor. Dagegen unterliegen die familien- und erbrechtlichen Ansprüche bisher noch einer Sonderverjährung von 30 Jahren, von denen das Gesetz zahlreiche Ausnahmen macht. Dies führt zu Wertungswidersprüchen in der Praxis und bereitet Schwierigkeiten bei der Abwicklung der betroffenen Rechtsverhältnisse. Die Verjährung familien- und erbrechtlicher Ansprüche wird daher mit dem jetzt beschlossenen Gesetz der Regelverjährung von 3 Jahren angepasst. Jedoch bleibt bei einzelnen Ansprüchen auch zukünftig die lange, 30jährige Verjährung erhalten.

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