Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG hat der Zuweisungserwerber die weichenden Miterben, soweit es der Billigkeit entspricht, so zu stellen, wie wenn der in Betracht kommende Gegenstand im Zeitpunkt des Erwerbs verkauft und der Kaufpreis unter den Miterben entsprechend ihren Erbteilen verteilt worden wäre. Der hypothetische Verkaufserlös ist der damalige Verkehrswert, der sich nach dem Preis bestimmt, der im Zeitpunkt der Zuweisung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen gewesen wäre1.

Auf den (niedrigeren) Verkehrswert in dem Zeitpunkt der Veräußerung kommt es für die Berechnung des Nachabfindungsanspruchs nach § 17 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG nicht an. Eine Berücksichtigung von nach der Zuweisungsentscheidung eintretenden Wertänderungen ist zwar unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit nicht generell ausgeschlossen, kommt indes nur in Betracht, wenn anderenfalls eine sachlich nicht gerechtfertigte Belastung des Zuweisungserwerbers die Folge wäre.
Das ist bei einem Rückgang der Grundstückspreise im Regelfall zu verneinen. Durch die Regelung des § 17 GrdstVG soll das Opfer ausgeglichen werden, das die weichenden Miterben dadurch erbracht haben, dass sie im Interesse der geschlossenen und lebensfähigen Erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs2 mit einer Abfindung auf der Grundlage des – im Vergleich zu dem Verkaufswert regelmäßig niedrigeren – Ertragswerts vorlieb nehmen mussten. Dieses Opfer, dessen Rechtfertigung nachträglich entfällt, wenn der Erwerber innerhalb der durch das Gesetz bestimmten Frist den Betrieb (vollständig oder teilweise) an einen Dritten veräußert, soll durch den Anspruch auf Nachabfindung eine Kompensation erfahren3. Dessen Maßstab ist der Verkehrswert zum Zeitpunkt der Zuweisung. Eine Beteiligung der weichenden Miterben an einer Wertsteigerung der betriebszugehörigen Grundstücke ist nicht vorgesehen; ein darauf beruhender Veräußerungserlös verbleibt insgesamt dem Zuweisungserwerber. Diese gesetzliche Wertung beansprucht auch für den umgekehrten Fall Geltung. Sie führt dazu, dass eine rückläufige Wertentwicklung zu Lasten des Erwerbers geht.
Die für die gegenteilige Rechtsauffassung angeführten Äußerungen im Schrifttum stehen dazu nicht in Widerspruch. Zwar wird befürwortet, den Nachabfindungsanspruch nach dem Kaufpreis auszurichten, sofern dieser niedriger als der Verkehrswert zum Zeitpunkt der Zuweisung ist. Das soll jedoch nicht allgemein, sondern nur für den Fall gelten, dass der Kaufpreis nicht ausreicht, um die weichenden Miterben nach Maßgabe des (früheren) Verkehrswerts abzufinden4. Diese zusätzliche Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
Verbindlichkeiten, die anlässlich der Zuweisung eingegangen werden mussten, um die damals an die weichenden Miterben zu erbringenden Abfindungszahlungen zu finanzieren, und die bei der Veräußerung der Betriebsflächen noch nicht (vollständig) zurückgeführt waren, sind nicht anrechnungsfähig. Eine Berücksichtigung dieser Aufwendungen widerspräche dem in §§ 16 und 17 GrdstVG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, wonach den weichenden Miterben zumindest der ihrem Erbteil entsprechende Anteil am Ertragswert des Betriebs zustehen soll. Ob ausnahmsweise eine andere Betrachtung gerechtfertigt erscheint, wenn die Veräußerung einzelner Betriebsgegenstände zur Reduzierung einer drückenden Schuldenlast erforderlich war und diese – auch im Interesse der weichenden Miterben – der Aufrechterhaltung des Betriebs diente5, bedarf keiner Beantwortung. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben, weil der übernehmende Miterbe den landwirtschaftlichen Betrieb bereits vor längerer Zeit aufgegeben hat.
Auch kann der in dem Zeitraum zwischen 1994 und 2006 eingetretene Kaufkraftschwund nicht zu Gunsten des übernehmenden Miterben berücksichtigt werden, da die Nachabfindung auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Zuweisung geltenden Preisniveaus stattfindet. Die in der Rechtsbeschwerdebegründung in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einer Einbeziehung des Kaufkraftschwunds bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs nach §§ 1372 ff. BGB6 und der Anrechnung von Vorempfängen auf den Pflichtteil gemäß § 2315 BGB7 ist auf die Nachabfindung nach § 17 GrdstVG nicht übertragbar.
Der übernehmende Erbe kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine im Vergleich zu § 17 GrdstVG für den Schuldner günstigere Ausgestaltung der Abfindung in § 13 HöfeO und in § 2049 BGB berufen. Der höferechtliche Abfindungsergänzungsanspruch unterscheidet sich seit der Neufassung durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Höfeordnung vom 29.03.19768 in seinen Voraussetzungen und Rechtsfolgen grundlegend von demjenigen nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Davon, den Anspruch nach § 17 GrdstVG an die geänderte höferechtliche Regelung anzupassen, hat der Gesetzgeber entgegen früheren Überlegungen9 abgesehen. Dem Umstand, dass die Vorschrift des § 2049 BGB keine ergänzende Abfindung der weichenden Miterben vorsieht, kommt angesichts der in § 17 GrdstVG getroffenen Regelung keine Bedeutung zu.
Der Ausgleichspflicht des übernehmenden Erben steht im hier entschiedenen Fall schließlich nicht entgegen, dass dieser den Betrieb bereits vor der Zuweisung im Jahr 1994 – nach eigenen Angaben seit dem Tod des Vaters der Beteiligten im Jahr 1965 – bewirtschaftet hat. Der Nachabfindungsanspruch nach § 17 GrdstVG beruht nicht auf einer fehlenden Befähigung des Zuweisungserwerbers zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Betriebs, sondern darauf, dass dieser entgegen dem mit der Zuweisung verfolgten Zweck verwendet wird. Das schließt die Berücksichtigung einer bereits zuvor erfolgten, unter Umständen auch langjährigen, Bewirtschaftung zugunsten des Zuweisungserwerbers grundsätzlich aus.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. November 2011 – BLw 2/11
- vgl. BGH, Urteil vom 20.06.1956 – IV ZR 16/56, RdL 1956, 272; Beschluss vom 25.11.2010 – IV ZR 124/09, WM 2011, 377, 378 Rn. 5 mwN; Pikalo/Bendel, aaO, § 17 Anm. E II 2 b, S. 915[↩]
- vgl. BVerfGE 91, 346, 356; ebenso bereits die Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrs. 3/119, S. 15[↩]
- vgl. Regierungsentwurf, BTDrs. 3/119, S. 26; Pikalo/Bendel, aaO, § 17 Anm. E II 1, S. 914; ebenso bereits BGH, Beschluss vom 09.11.1978 – V BLw 23/77, WM 1979, 1189, 1190 zu § 13 HöfeO[↩]
- so bereits der Bericht des Ernährungsausschusses, BTDrs. 3/2635, S. 11; Netz, GrdstVG, 5. Aufl., Anm.07.03.02.01.6; Pikalo/Bendel, aaO, § 17 Anm. E I 7 c, S. 907 f.; Vorwerk/von Spreckelsen, GrdstVG, § 17 Rn.20; Graß, AUR 2010, 228, 231; ebenso Rötelmann, DNotZ 1961, 346, 356 zu § 13 HöfeO; wohl auch Lukanow, RdL 1962, 193, 195 f.; unklar Lange, GrdstVG, 2. Aufl., § 17 Anm. 15, S. 284[↩]
- vgl. O. Wöhrmann, GrdstVG, § 17 Rn. 14; Netz, aaO, 5. Aufl., Anm.07.03.02.01.10[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 14.11.1973 – IV ZR 147/72, BGHZ 61, 385 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 04.07.1975 – IV ZR 3/74, BGHZ 65, 75, 77[↩]
- BGBl. I, S. 881[↩]
- vgl. BTDrs. 3/2635, S. 11[↩]