Nach § 2057 a Abs. 1 S. 1 und 2 BGB kann ein Abkömmling, der den Erblasser während längerer Zeit gepflegt und dadurch in besonderem Maße dazu beigetragen hat, das Vermögen des Erblassers zu erhalten oder zu vermehren, bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangt sind. Die Vorschrift ordnet die entsprechende Geltung des § 2052 BGB an, so dass die Regelung im Zweifel auch dann gilt, wenn der Erblasser die Abkömmlinge testamentarisch auf dasjenige als Erben eingesetzt hat, was sie auch als gesetzliche Erben erhalten würden. Dieser Fall liegt hier vor.

Die Pflegeleistung muss „während längerer Zeit“ erbracht sein. Bei der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs sind Sinn und Zweck der Norm zu beachten: Die Vorschrift will Gerechtigkeit unter den Abkömmlingen herstellen, indem derjenige einen Ausgleich erhält, der über das übliche Maß hinaus Leistungen für den Erblasser erbracht hat, weshalb es nicht darum geht, geringfügige Unterschiede in den Hilfestellungen der verschiedenen Kinder auszugleichen. Die Unterstützungsleistung muss vielmehr auch in zeitlicher Hinsicht deutlich über das hinausgehen, was von anderen Erben erbracht worden ist1. Auszugleichen sind überobligatorische Leistungen, das im Rahmen einer normalen Eltern-Kind-Beziehung Geleistete kann nicht zurückgefordert werden2.
Die auszugleichende Pflegeleistung muss zur Mehrung oder Erhaltung des Erblasservermögens „in besonderem Maße“ beigetragen haben. Dabei dürfen die Anforderungen an die Substantiierung des klägerischen Vortrags nicht übersteigert werden. Im Fall, der dem Urteil des BGH vom 08.03.20063 zugrundeliegt – dieser Fall weist einige Ähnlichkeit mit dem vorliegenden Fall auf, hatte die andere Tochter vorgetragen, ihre Mutter im Hinblick auf deren sich verschlechternden Gesundheitszustand 16 Jahre gepflegt zu haben. Die Vorinstanzen waren dennoch zu dem Ergebnis gekommen, es fehle an ausreichend substantiierten Vortrag zu den besonderen Umständen und eine Ausgleichung nach § 2057a BGB wegen etwaiger Pflegeleistungen sei auch mit Blick auf kostenfreies Wohnen der dortigen Beklagten im Haus der Erblasserin unbillig. Das hat der BGH indes deutlich anders gesehen und in seiner die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisenden Entscheidung ausgeführt, es liege durchaus Vortrag zu dem für eine Berücksichtigung von Pflegeleistungen erforderlichen „besonderen Maße“ vor. Der BGH bezog sich dabei auf die vorgetragene 16jährige, mit den Jahren wegen des Gesundheitszustands der Erblasserin sich steigernde Pflege und Versorgung. Wenn sich diese Umstände als zutreffend erweisen würden – so der BGH, müsse das zu einer Ausgleichung nach § 2057a BGB führen.
Es kommt im Übrigen darauf an, dass die Pflegeleistung jedenfalls zum Erhalt des Erblasservermögens geführt hat. Er liegt bei den von Abkömmlingen erbrachten Pflegeleistungen häufig in der Ersparnis der Beträge, die – auch bei fiktiver Gegenrechnung von Leistungen der Pflegeversicherung – zusätzlich aus dem Erblasservermögen für eine professionelle Pflege oder gar für eine Heimunterbringung hätten ausgegeben werden müssen4. Wird der weitere gesetzgeberische Sinn und Zweck der Norm bedacht, Pflegeleistungen aus dem Kreis der Abkömmlinge im Interesse der Erblasser und zur Verhinderung von Heimunterbringung gerade zu fördern und zu honorieren, darf man aber nicht zu eng darauf abstellen, in welchem Umfang ohne die Unterstützung des Abkömmlings professionelle Hilfe in Anspruch genommen worden wäre. Vor diesem Hintergrund limitiert zudem die etwaige Erhaltung des Vermögens durch die Pflegeleistung des Abkömmlings die Ausgleichungspflicht nicht abschließend nach oben. Im Rahmen von § 2057a Abs. 3 BGB ist nämlich mit Rücksicht auf die Faktoren Dauer und Umfang der Leistung auch die besondere Bedeutung dieser Pflege für den Erblasser – ihr immaterieller Wert – zu bedenken. Die Ausgleichung für den pflegenden Abkömmling kann deshalb durchaus höher ausfallen als der in Geld ausgedrückte Wert, um den diese Leistungen das Vermögen des Erblassers erhalten haben. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main5 eine Vermögensmehrung bzw. -erhaltung von bis zu 25.000 € (in vier Jahren Pflege) errechnet, dies aber nur als Ausgangspunkt bei der Bemessung der Ausgleichungshöhe nach Billigkeit gemäß § 2057a Abs. 3 BGB genommen. Es hat sodann aber bedacht, dass dieser Ausgangspunkt gerade bei Pflegeleistungen nach § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB keine abschließende Grenze nach oben darstellt. Im Ergebnis ist dort dem einen Abkömmling ein Ausgleichungsbetrag von 50.000 €, und dem anderen ein solcher von 5.000 € zugebilligt worden.
Geht es um die konkrete Höhe der Ausgleichung, könnten sich unüberwindliche praktische Schwierigkeiten auftun, soweit Vorgänge von oft vielen zurückliegenden Jahren betroffen sind. Diesen Schwierigkeiten will § 2057a Abs. 3 BGB vorbeugen. Danach ist der Ausgleich so zu bemessen, „wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht“. Schon 1992 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, für die Bemessung des unter Heranziehung dieser Kriterien zu ermittelnden Ausgleichs sei eine Aufrechnung aller Einzelposten nicht erforderlich6. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat daran anknüpfend in seinem Urteil vom 15.06.20127 erläutert, dass für die Bestimmung der Höhe der Ausgleichung nach § 2057a BGB keine minutiösen Einzelfeststellungen erforderlich sind, sondern vielmehr eine „Gesamtschau“ in drei Prüfungsstufen vorzunehmen ist:
- Danach sind zunächst die Dauer und der Umfang der auszugleichenden Leistung zu berücksichtigen, insbesondere der Leistungszeitraum und der tägliche Aufwand. Sodann ist in die Erwägungen einzubeziehen, in welchem Umfang der Nachlass erhalten wurde.
- Daneben sind – im Rahmen der Billigkeit – einerseits der (immaterielle) Wert der Pflege des Abkömmlings für den Erblasser, andererseits auch die Nachteile (etwa Einkommensverluste) sowie ggf. die Vorteile (etwa Wohnvorteile oder lebzeitige Schenkungen) für den pflegenden Abkömmling einzustellen.
- Schließlich müssen die Vermögensinteressen der übrigen Erben und der Pflichtteilsberechtigten sowie die Höhe des gesamten Nachlasses berücksichtigt werden; der Ausgleichungsbetrag darf nicht den Wert des gesamten Nachlasses erreichen8.
Weil beim Berliner Testament – wie es hier vorliegt – der Erstverstorbene neben dem Letztverstorbenen als Erblasser gilt, kann schließlich ein als Schlusserbe berufener Abkömmling, der Pflegeleistungen für den Erstverstorbenen erbracht hat, Ausgleichung von seinen Geschwistern verlangen9. Deswegen kommt hier eine Ausgleichung auch mit Rücksicht darauf in Betracht, dass der Sohn etwa nicht nur seine Mutter sondern auch seinen 2002 verstorbenen Vater gepflegt hat. Die Schlusserbenberufung der Kinder zu gleichen Teilen ist ein Fall des § 2052 BGB. Ein – hier eingreifendes – Sonderproblem ergibt sich beim Berliner Testament wegen der Gesetzesänderung in § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB ab dem 01.01.2010, wenn der Elternteil, dem die Pflegeleistungen des Abkömmlings zugutegekommen ist, vor diesem Stichtag verstirbt, der Längerlebende aber nach dem Stichtag. Es ist auch in diesem Fall die jüngere Fassung der Norm anzuwenden, weil der Ausgleichungsanspruch wegen der Schlusserbenberufung der Abkömmlinge eben erst anknüpfend an den Tod des Längerlebenden zum Tragen kommt. Gerade der vorliegende Fall zeigt, dass es nicht um zwei verschiedene Ausgleichungen geht, sondern um eine Ausgleichung anknüpfend an die Schlusserbenstellung der Abkömmlinge entsprechend gesetzlicher Erbfolge nach dem Tod der Mutter und wegen geltend gemachter Pflegeleistungen zugunsten beider Elternteile. Die Ausgleichungspflicht ist wegen Anwendbarkeit allein der jüngsten Fassung von § 2057a BGB insgesamt nicht abhängig davon, ob der Sohn vor 2010 wegen der Pflege auf berufliches Einkommen verzichtet hat.
Sodann wirft das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht die Frage auf, was unter Pflegeleistungen im Sinne von § 2057a Absatz 1 Satz 2 BGB zu verstehen ist. In den Kommentierungen wird zutreffend darauf hingewiesen, dass Pflegeleistungen nach Satz 2 der in Satz 1 von Absatz 1 der Norm angesprochenen Mitarbeit des Abkömmlings im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers gleichgestellt seien10. Einige Kommentierungen heben weiter zutreffend hervor, dass Pflegeleistungen sich dadurch auszeichnen, dass sie dem Erblasser in Person erbracht werden11. Vor diesem Hintergrund können Pflegeleistungen allerdings durchaus auch Leistungen im Haushalt des Erblassers umfassen, die ihm nämlich auch als Person zugutekommen.
In der Rechtsprechung12 werden Pflegeleistungen und Ausgleichungsansprüche dafür gerade (wenn auch nicht ausschließlich) in Fällen angenommen, wo der Erblasser in Pflegestufen nach dem SGB XI eingestuft war. Es liegt deshalb nahe, unter Pflegeleistungen im Sinne von § 2057a BGB auch solche Leistungen zu verstehen, die im Rahmen des Begriffes der Pflegebedürftigkeit in § 14 SGB XI aufgeführt werden. Dort wird auf die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens abgestellt, für die Pflegebedürftige Hilfe bedürfen. Abs. 4 dieser Norm nennt wiederkehrende Verrichtungen im Bereich der Körperpflege nämlich das Waschen, Duschen Baden, Zahnpflege, Kämmen etc., daneben aber auch solche im Bereich der Ernährung wie das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung etc., oder solche im Bereich der Mobilität wie das Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, und schließlich solche im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung wie das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung.
Mithin handelt es sich bei der gesamten hauswirtschaftlichen Tätigkeit, die der Sohn in dem hier entschiedenen Fall vorgetragen hat und insbesondere auch bei der von ihm vorgetragenen Hilfe im Bereich der Ernährung – deren Zubereitung und Reichung – sowie auch bei den Hilfen im Bereich der Mobilität insgesamt um Pflegeleistungen im Sinne des § 2057a BGB. Weil nach Sinn und Zweck dieser Norm aber gerade beabsichtigt ist, im Interesse der Pflegebedürftigen eine Heimunterbringung oder eine Versorgung durch fremde professionelle Kräfte möglichst zu vermeiden, ist zusätzlich auch die bloße Anwesenheit des Abkömmlings als Teil der Pflegeleistung iSv § 2057a BGB anzusehen, soweit er nämlich für Gespräche einerseits und für die Sicherheit des Pflegebedürftigen im Fall plötzlich notwendig werdender Hilfe zur Verfügung steht.
Dabei teht der Subsumtion unter den Begriff der Pflegeleistung und der Ausgleichungspflicht dafür nach § 2057a BGB nicht entgegen, dass etwa die Reinigung und Pflege der Wohnung sowie des Grundstücks, ebenso das Zubereiten des Essens etc. auch dem Sohn selbst zugutekam. Das ist nämlich zwangsläufig damit verbunden, wenn ein Abkömmling wegen der Pflege eines Elternteils zur Vermeidung von professioneller Pflege oder Heimunterbringung – wie hier – bei dem Elternteil wohnt (oder ihn etwa in sein eigenes Haus aufnimmt). Weil diese Verrichtungen aber gerade einen wesentlichen Teil der Pflegeleistung ausmachen, die § 2057a BGB fördern und honorieren will, können sie nicht wegen der Eigenvorteile für den pflegenden Abkömmling (die im Folgenden aber noch gesondert zu betrachten sind) insgesamt im Rahmen der Ausgleichung unberücksichtigt bleiben.
Zu bedenken ist sodann, dass im 2. Prüfungsschritt Billigkeitsüberlegungen anzustellen sind, wie dies § 2057a Abs. 3 BGB fordert. Vor diesem Hintergrund limitiert die errechnete Erhaltung des Vermögens durch die Pflegeleistung des Abkömmlings die Ausgleichungspflicht gerade nicht abschließend nach oben. Hier ist in jeder Hinsicht angemessen, den Betrag der ermittelten Vermögenserhaltung unter dem Aspekt der Billigkeit für die Ermittlung des Ausgleichungsbetrags zu verdoppeln. Dafür sprechen folgende Gesichtspunkte:
- Im Rahmen von § 2057a Abs. 3 BGB ist mit Rücksicht auf die Faktoren Dauer und Umfang der Leistung auch die besondere Bedeutung dieser Pflege für die Erblasserin, ihr immaterieller Wert, zu bedenken. Gerade im vorliegenden Fall wird aus den Zeugenaussagen sehr deutlich, dass die Pflegeleistung des Sohnes für die Erblasserin von großem immateriellen Wert war, weil sie gegenüber mehreren Zeugen betont hat, wie wichtig es ihr war, zu Hause bleiben zu können und nicht im Heim gepflegt werden zu müssen.
- Zudem haben die Zeugen, insbesondere auch die professionellen Pflegekräfte, deutlich darauf hingewiesen, wie besonders sorgfältig und gründlich der Sohn im Rahmen der Pflege seiner Mutter vorgegangen ist und selbst für die Pflegekräfte eine große, letztlich der Erblasserin zugutekommende Hilfe war.
- Des Weiteren ist die hier sehr erhebliche zeitliche Ausdehnung der Pflege zu bedenken und die über Jahre erforderliche, aber eben auch geleistete ständige Anwesenheit des Sohnes, der vor diesem Hintergrund zugunsten seiner Mutter Eigeninteressen in beruflicher und privater Hinsicht deutlich zurückgestellt hat.
Lässt man die aufgezeigten Punkte, wie zwingend erforderlich, in die Wertung im Rahmen der Billigkeit angemessen mit einfließen, erschien es dem OLG Schleswig im vorliegenden Fall erforderlich, zum Zweck der Ermittlung des billigen Ausgleichungsbetrages die festgestellte Summe für den Erhalt des Nachlasses zu verdoppeln13.
Die Verdoppelung rscheint dem Oberlandesgericht zudem unter einem weiteren hinzutretenden Aspekt berechtigt zu sein, der mit dem Vater des Erblassers zusammenhängt. Es ist jedenfalls unstreitig, dass für den Vater seit dem 01.08.2002 ein Grad der Behinderung von 100 % festgestellt worden war (vorher bereits über fast 20 Jahre 70 %). Unstreitig war der Vater des Sohnes ab Anfang September 2002 bis zu seinem Tod am 18.11.2002 nicht im Krankenhaus, sondern zu Hause. Es liegt jedenfalls für diesen Zeitraum nahe und erscheint geradezu zwangsläufig, dass dem Vater die Anwesenheit des Sohnes – wenngleich sie in erster Linie möglicherweise der Betreuung der Mutter galt – ebenfalls zugutegekommen ist und ihm ermöglicht worden ist, die letzten drei Monate seines Lebens zu Hause zu verbringen, was auch im Interesse der Mutter gewesen sein dürfte.
Im Rahmen des 2. Prüfungsschrittes – und damit weiter im Rahmen der Billigkeit – sind schließlich sonstige Vor- und Nachteile für den Ausgleichungsberechtigten einzustellen.
Dabei war im hier entschiedenen Fall einerseits zu berücksichtigen, dass der Sohn zuvor in X äußerst günstig wohnte und nur Mietkosten von 100 € hatte, weshalb ihm durch den Umzug in das Haus der Mutter auch nicht grundsätzlich höhere Ersparnisse angerechnet werden können. Anderseits ist berücksichtigt worden, dass ihm im Haus der Eltern die Möglichkeit eröffnet war, eine Werkstatt einzurichten, auf deren Grundlage er die Kleinreparaturen vornehmen konnte, mit denen er ausweislich der Zeugenaussagen seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte.
Die Vorteile des pflegenden Abkömmlings sind nur im Rahmen der Billigkeit nach § 2057a Abs. 3 BGB gegenzurechnen- Dabei sind jeweils auch die ihm entstehenden Nachteile zu berücksichtigen. Das Gesetz möchte gerade fördern, dass Abkömmlinge bereit sind, ihre Eltern privat zu pflegen und ihnen insbesondere auch zu ermöglichen, in ihrer gewohnten Umgebung bis zum Lebensende zu bleiben. Es liegt auf der Hand, dass dann, wenn Abkömmlinge in dieser Situation der Pflegebedürftigkeit der Eltern sogar bereit sind, zu ihnen zu ziehen, kaum nennenswerte Ausgleichungsbeträge verbleiben würden, wenn man dies nicht berücksichtigen würde. Bei der Bestimmung der Vorteile für den pflegenden Abkömmling kann angesichts des Gesetzeszwecks nicht von dem abstrakten Mietwert des Hauses der Eltern und den dort anfallenden Betriebs- und Nebenkosten ausgegangen werden, sondern muss ausgegangen werden von der zuvor vorhandenen Situation des pflegenden Abkömmlings und muss zudem seine Bereitschaft als dem Vorteil gegenüberstehender Nachteil mit einbezogen werden, seine eigenen Interessen und Lebensplanungen zurückzustellen.
Hatte der Sohn hier vor dem Umzug eine ganz einfache Mietunterkunft zu 100 € ohne Garage, kann ihm als Vorteil nicht die wesentlich höheren fiktive Miete für das halbe Haus der Eltern angerechnet werden, und auch nicht die Mitnutzung einer dort vorhandenen, von der Erblasserin sonst nicht benötigten Garage. Es erscheint selbst fraglich, ob fiktive Mietkosten von 150 €/mtl. für die Werkstatt einzustellen sind, denn ausweislich der Zeugenbefragung ermöglichte die Werkstatt dem Sohn doch nur, immerhin in geringem Umfang zu verdienen. Das aber kam wieder der Erblasserin zugute, die den Sohn insoweit nicht unterhalten musste.
Den genannten Vorteilen müssen ohnehin in der wertenden Betrachtung die Nachteile für den pflegenden Abkömmling gegenüber gestellt werden. Diese bestehen hier augenscheinlich darin, dass der Sohn wegen der Pflege insbesondere der Erblasserin über viele Jahre jedenfalls in zeitlicher Hinsicht sehr eingeschränkt war, was die Möglichkeit zu eigenen Arbeitsleistungen und zur Freizeit anging. or diesem Hintergrund muss als Nachteil eingestellt werden, dass er durch die jahrelange Tätigkeit für die Erblasserin auf einen – wenn auch der Höhe nach nicht genauer greifbaren – jedenfalls möglichen Mehrverdienst verzichtet hat.
Auf der 3. Prüfungsebene sind die Vermögensinteressen der übrigen Erben und Pflichtteilsberechtigten sowie die Gesamthöhe des Nachlasses zu berücksichtigen (als weiterer Teil der Billigkeitsprüfung).
Schleswig -Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22. November 2016 – 3 U 25/16
- OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2013, 11 U 134/11 9[↩]
- LG Magdeburg, Urteil vom 20.10.2010, 9 O 1070/01, BeckRS 2011, 20919 74[↩]
- BGH, Urteil vom 08.03.2006 – IV ZR 263/04, FamRZ 2006, 777 ff 5, 15, 29 f, 34 f[↩]
- OLG Schleswig ZEV 2013, 86 ff = NJW-RR 2013, 205 f[↩]
- OLG Frankfurt/Main, a.a.O.[↩]
- BGH NJW 1993, 1197 f; unter Hinweis auch auf BGHZ 101, 57, 64[↩]
- OLG Schleswig, Urteil vom 15.06.2012, NJW-RR 2013, 205 f = ZEV 2013, 86 ff[↩]
- zu Letzterem OLG Schleswig a.a.O.; LG Magdeburg a.a.O.; Baldus in Staudinger, Neubearb.2016, § 2057a Rn. 29; Ann in MünchKomm-BGB, 6. A.2013, § 2057a Rn. 35, 41; Palandt/Weidlich, BGB, 75. A., 2016, § 2057a Rn. 9; Flechtner in Burandt/Rojahn, Erbrecht, 2. A.2014, § 2057a Rn. 35; a.A. allerdings Soergel/Wolf, BGB, 13. A.2002, 2057a Rn. 10, 17; offengelassen vom BGH in NJW 1993, 1197 f = FamRZ 1993, 535 ff[↩]
- Ann in MünchKomm-BGB, a.a.O., § 2057a Rn. 7; Baldus in Staudinger, a.a.O., § 2057a Rn. 6 f[↩]
- Baldus in Staudinger, aaO, Rn. 17; Juchem in Frieser, Fachanwaltskommentar Erbrecht, 4. Aufl., § 2057 a Rn. 13[↩]
- Flechtner in Burandt/Rojahn, a.a. O., Rn. 26; Schermann in jurisPK-BGB, 7. Aufl.2014, § 2057 a Rn. 42[↩]
- OLG Schleswig a.a.O., OLG Frankfurt a.a.O.[↩]
- ähnlich wie auch im Fall des OLG Frankfurt a. a. O.[↩]