Dem Klagantrag des Pflichtteilsberechtigten, den Erben zu verurteilen, Auskunft über den Bestand des realen und fiktiven Nachlasses durch ein privates Nachlassverzeichnis zu erteilen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Pflichtteilsberechtigte bereits verurteilt ist, diese Auskunft durch ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erteilen. Dem Privatverzeichnis kommt im Verhältnis zum notariellen Nachlassverzeichnis keine höhere Richtigkeitsgewähr zu.

Daneben kann ein „Privatverzeichnis“ wegen der „Rechtsmissbräuchlichkeit“ dieses Zweitverlangens nicht mehr gefordert werden1.
So auch in dem hier vom Oberlandesgericht Celle entschiedenen Fall: Mit Teilanerkenntnisurteil hat das Landgericht den Erben verurteilt, der Pflichtteilsberechtigtein Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zum Zeitpunkt des Todes durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen. Auch wenn dieser Vollstreckungstitel den fiktiven Nachlass, auf den sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten nach § 2325 Abs. 1 BGB richtet, nicht ausdrücklich nennt, ist die Verurteilung jedoch dahin auszulegen, dass der Erbe ein vollständiges notarielles Verzeichnis i. S. d. § 2314 BGB schuldet. In ihr Auskunftsbegehren hat die Pflichtteilsberechtigtenin zuvor im Rechtsstreit immer den fiktiven Nachlass einbezogen. Es ist kein ausreichender Anhaltspunkt für die Feststellung ersichtlich, dass die Verurteilung auf den realen Nachlass beschränkt sein sollte.
Das von dem Erben vorzulegende notarielle Verzeichnis hat also alle erforderlichen Angaben zum fiktiven Nachlass zu enthalten2 und der Erbe ist verpflichtet, die Fragen des Notars vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten3. Die Pflichtteilsberechtigtenin hat die Möglichkeit, den Notar auf offene Fragen, die im Verzeichnis zu beantworten sind, hinzuweisen und gegebenenfalls die Zwangsvollstreckung zur vollständigen Erfüllung des Titels zu betreiben4. Insoweit ist kein Grund ersichtlich, der für die Pflichtteilsberechtigtenin einen weiteren Vollstreckungstitel erfordert, um ihr Auskunftsbegehren durchzusetzen, insbesondere kommt dem Privatverzeichnis im Verhältnis zum notariellen Nachlassverzeichnis keine höhere Richtigkeitsgewähr zu.
Das Oberlandesgericht vertritt auch nicht die Auffassung, dass der Notar bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses Ermittlungen zu Vorschenkungen nicht anzustellen habe. Wie weit die Prüfungspflicht des Notars reicht, etwa im Hinblick auf die Prüfung von Kontoauszügen, ist Sache des Einzelfalls5.
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 17. März 2022 – 6 U 67/21
- vgl. BGH, Urteil vom 02.11.1960 – V ZR 124/59, Rn. 22[↩]
- vgl. hierzu Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Aufl.2022, § 2314 Rn. 9[↩]
- Grüneberg/Weidlich, a. a. O., Rn. 7[↩]
- Grüneberg/Weidlich, a. a. O., Rn.20[↩]
- OLG Celle, Beschluss vom 25.03.2021 – 6 U 74/20, ZErb 2021, 199[↩]
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