Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte – unter der EuErbVO

Deutsche Nachlassgerichte sind für die Erteilung eines Erbscheins nicht international zuständig, wenn der Erblasser unter Geltung der EuErbVO verstorben ist und seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat der EuErbVO hatte.

Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte – unter der EuErbVO

In dem hier vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg entschiedenen Fall ist der Erblasser im September 2015 an seinem letzten Wohnsitz in Spanien verstorben. Damit ist die gemäß seinem Art. 84 am 17.08.2015 in Kraft getretene EUErbVO anzuwenden.

Gemäß Art. 4 EUErbVO sind für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass die Gerichte desjenigen Mitgliedstaates zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat.

Entscheidung im Sinne dieser Verordnung ist gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchstabe g jede von einem Gericht eines Mitgliedstaates in einer Erbsache erlassenen Entscheidung ungeachtet ihrer Bezeichnung, somit auch ein Erbschein.

Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes in Art. 4 EUErbVO als einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, der für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, muss in der gesamten Europäischen Gemeinschaft eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten1.

Nach Erwägungsgrund Nr. 23 der EUErbVO ist bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vorzunehmen, wobei alle relevanten Tatsachen zu berücksichtigen sind, insbesondere die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthalts des Erblassers in dem betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe. Der so bestimmte gewöhnliche Aufenthalt sollte unter Berücksichtigung der spezifischen Ziele dieser Verordnung eine besonders enge und feste Bindung zu dem betreffenden Staat erkennen lassen.

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Im vorliegenden Fall wohnte der Erblasser bereits seit 2 jahren in Torrevieja/Spanien. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Erblasser tatsächlich zeitweilig wieder in Hamburg gewesen sein sollte.

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Erblasser gemäß Art. 22 Abs. 2 EU-ErbRVO konkludent mit den Bestimmungen seines Testamentes eine Rechtswahl hinsichtlich des deutschen Rechts vorgenommen hat, würde ein deutsches Nachlassgericht nur unter den Voraussetzungen des Art. 7 EUErbVO zuständig, die vorliegend nicht erfüllt sind, da die beiden Kinder des Erblassers die Unzuständigkeit des deutschen Nachlassgerichts eingewandt haben.

Der Erbscheinsantrag ist jedoch nicht zurückzuweisen. Vielmehr hat sich gemäß Art. 15 EUErbVO das Gericht eines Mitgliedstaates, das in einer Erbschaftssache angerufen wird, für die es nicht zuständig ist, von Amts wegen für unzuständig zu erklären. Dieses hat im Beschwerdeverfahren das Oberlandesgericht, das im Beschwerdeverfahren an die Stelle des Amtsgerichts getreten ist, auszusprechen.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 16. November 2016 – 2 W 85/16

  1. vgl. EUGH FamRZ 2009, 843 ff 845[]

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