Erfüllungsort einer Bürgschaft

Erfüllungsort der Bürgschaft ist der (Wohn-) Sitz des Bürgen, wenn nicht die Maßgeblichkeit des Erfüllungsortes der Hauptverbindlichkeit ausdrücklich vereinbart worden ist1.

Erfüllungsort einer Bürgschaft

Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 Abs. 1 ZPO liegt auch nicht deshalb am Wohnsitz der Gläubigerin, weil es sich bei der Bürgschaftsschuld um eine Geldschuld handelt. Bei Geldschulden handelt es sich anders als die Klägerin ausführt nicht um Bringschulden, sondern um qualifizierte Schickschulden mit der Folge, dass der Erfüllungsort gem. §§ 270 Abs. 4, 269 Abs. 1 BGB der Wohnsitz des Schuldners ist, er aber gem. § 270 Abs. 1 BGB nochmals leisten muss, wenn das Geld auf dem Weg zum Schuldner verlorengeht.Es kann hier dahinstehen, ob eine richtlinienkonforme Auslegung von Art. 3 Abs. 1 lit. c ii der Richtlinie 2000/35/EG (Zahlungsverzugsrichtlinie) dazu führen muss, dass die bloße Versendung des Geldes einen etwaigen Zahlungsverzug nicht beendet oder dessen Eintritt nicht hindert, weil der Gläubiger erst mit der Gutschrift auf seinem Konto sicher über den Betrag verfügen kann und ihn somit im Sinne der genannten Vorschrift „erhalten“ hat2. Zwar wird in Rechtsprechung und Literatur z.T. vertreten, dass diese Auslegung in der Folge dazu führe, dass Geldschulden in Abkehr von der bisherigen herrschenden Meinung zum nationalen Recht nunmehr als Bringschulden zu qualifizieren seien3 und mithin der Erfüllungsort am Sitz des Gläubigers liege4.

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Dem schließt sich das Oberlandesgericht Hamm nicht an.

Sowohl die Zahlungsverzugsrichtlinie, als auch die zitierte Entscheidung des EuGH befassen sich ausschließlich mit der Frage der Verzugsbeendigungs- bzw. Hinderungswirkung einer Zahlung und postulieren insoweit den Zeitpunkt des Erhalts beim Gläubiger als maßgeblich. Eine Zielrichtung dahingehend, dass hierdurch auch die nationalen Regelungen zum Leistungsort und in der Folge auch zum besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes betroffen sein sollen, lässt sich hingegen nicht feststellen. Folglich ist eine richtlinienkonforme Auslegung auch lediglich im Rahmen der Verzugsregeln, namentlich bei § 286 Abs. 1 BGB vorzunehmen, soweit dies hierdurch den Vorgaben der Richtlinie ausreichend effektiv Geltung verschafft werden kann. Dies mag dazu führen, dass fortan für das Tatbestandsmerkmal der Nichtleistung im Rahmen von § 286 Abs. 1 BGB nicht mehr auf die Leistungshandlung abzustellen ist, sondern auf den Leistungserfolg5. Jedenfalls aber ist eine von der bisherigen und auch weiterhin vertretenen6 Handhabung der §§ 269, 270 BGB abweichende Auslegung nicht geboten, weil in Bezug auf die Bestimmung des Leistungsortes kein Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht festzustellen ist. Die Gegenmeinung führte zur Schaffung eines allgemeinen Klägergerichtsstandes für den Gläubiger von Geldschulden, der im Gegensatz zu dem in §§ 12, 13 ZPO verankerten Grundsatz stünde. Danach soll dem Beklagten, der gegen seinen Willen mit einer Klage überzogen werden kann, mit dem allgemeinen Gerichtsstand des Wohnortes die Prozessführung erleichtert werden und dieser davor geschützt werden, den Prozess vor einem auswärtigen Gericht führen zu müssen7. Hierfür besteht aber keine Veranlassung, da – wie oben ausgeführt – auch eine auf die Verzugsregelungen beschränkte richtlinienkonforme Auslegung ausreicht.

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Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 23. September 2014 – 32 SA 59/14

  1. vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30 Aufl., § 29 Rn 25 „Bürgschaft u Garantie“[]
  2. so EuGH NJW 08, 1935[]
  3. so z.B. LG Bonn, BeckRS 2005, 13025 als Ausgangsgericht für die v.g. EUGH-Entscheidung; Knöpper, NJW-spezial 09, 105; Klimke, VersR 10, 1259, 1261; ähnlich Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 270 Rn. 1, der aber den Gerichtsstand des Erfüllungsortes gleichwohl am Sitz des Schuldners sieht[]
  4. Staudinger, DNotZ 09, 196, 208 f.[]
  5. vgl. Schwab, NJW 11, 2833[]
  6. vgl. etwa MünchKomm-BGB/Krüger, 6. Aufl., § 270 Rn. 1, 2, 17; Jauernig/Stadler, BGB, 15. Aufl., § 270 Rn. 1[]
  7. MünchKomm-BGB/ZPO-Patzina, 4. Aufl., § 13 Rn. 1[]

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