Der Bundesgerichtshof hatte sich aktuell in einer Entscheidung mit der Frage zu befassen, wie ein Mietvertrag ausgelegt werden kann, der eine unwirksame Befristung enthält.

Der Beklagte mietete von der Klägerin ab dem 1. November 2004 eine Wohnung. Der Vertrag enthält folgende Bestimmung: „Das Mietverhältnis ist auf Verlangen des Mieters auf bestimmte Zeit abgeschlossen. Es beginnt am 1. November 2004 und endet am 31. Oktober 2011, wenn es nicht verlängert wird mit 2 x 3-jähriger Verlängerungsoption.“
Mit Schreiben vom 28. Februar 2011 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31. August 2011. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 kündigte sie fristlos. Ihrer Räumungsklage wurde in den Vorinstanzen vom Amtsgericht und Landgericht Waldshut-Tiengen aufgrund der Eigenbedarfskündigung stattgegeben1.
Die vom Landgericht zugelassene Revision des beklagten Mieters hatte vor dem Bundesgerichtshof Erfolg, der Bundesgerichtshof entschied, dass für die Dauer der unwirksamen Befristung im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein beiderseitiger Kündigungsverzicht anzunehmen ist.
Im zu entscheidenden Fall war die Befristung des Mietvertrages unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 575 Abs. 1 Satz 1 BGB* nicht vorlagen; gemäß § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB galt der Vertrag deshalb als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die dadurch im Vertrag entstandene Lücke ist durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Dabei ist zu berücksichtigen, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Vertragsbestimmung bekannt gewesen wäre. Da das von beiden Parteien verfolgte Ziel einer langfristigen Bindung an den Mietvertrag durch einen beiderseitigen Kündigungsverzicht erreicht werden kann, ist ein solcher Ausschluss der ordentlichen Kündigung für die Dauer der Befristung anzunehmen.
Die während der Dauer des Kündigungsausschlusses ausgesprochene Kündigung der Klägerin vom 28. Februar 2011 ist daher unwirksam.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Landgericht Waldshut-Tiengen zurückverwiesen, weil dieses keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die weitere (fristlose) Kündigung der Klägerin wirksam ist.
Bundesgerichshof, Urteil vom 10. Juli 2013 – VIII ZR 388/12
- AG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 29.06.2012 – 7 C 280/11; LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 08.11.2012 – 2 S 39/12[↩]