Ersatzzustellung – und die angeblich nicht mehr genutzte Wohnung

Die Ersatzzustellung nach § 182 ZPO setzt voraus, dass der Adressat der zuzustellenden Sendung die Wohnung, in der der Zustellungsversuch unternommen wird, tatsächlich innehat, das heißt dort lebt und insbesondere auch schläft.

Ersatzzustellung – und die angeblich nicht mehr genutzte Wohnung

Sie verliert ihre Eigenschaft als Wohnung, wenn der Zustellungsempfänger sie nicht mehr zu den vorgenannten Zwecken nutzt, sondern den räumlichen Mittelpunkt seines Lebens an einen anderen Aufenthaltsort verlagert.

Dabei kann nicht allein auf die bloße Absicht des bisherigen Inhabers abgestellt werden, sondern sein Wille muss, ähnlich wie bei der Aufhebung des Wohnsitzes gemäß § 7 Abs. 3 BGB, in seinem gesamten Verhalten zum Ausdruck kommen. Aufgabewille und Aufgabeakt müssen, wenn auch nicht gerade für den Absender eines zuzustellenden Schriftstücks oder den mit der Zustellung beauftragten Postbediensteten, so doch jedenfalls für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar sein1.

Die urkundliche Erklärung des Postbediensteten, der Zustellungsempfänger sei „in der Wohnung“ nicht angetroffen worden, begründet ein beweiskräftiges Indiz, das nur durch eine plausible Gegendarstellung entkräftet werden kann.

Die Beweislast, dass er zum Zeitpunkt der Zustellung (hier: von Mahn- und Vollstreckungsbescheid) nicht unter der Anschrift der Ersatzzustellung wohnhaft war, obliegt in diesem Fall dem Zustellungsempfänger.

Dabei kann von einem Zustellungsempfänger, der sich darauf beruft, an dem Zustellungsort nicht gewohnt zu haben, erwartet werden, dass er klare und vollständige Angaben über seine tatsächlichen Wohnverhältnisse macht2.

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Im vorliegenden Fall trug der Beklagte ohne Beweisantritt lediglich vor, die meiste Zeit in Spanien zu verbringen und nur gelegentlich nach Deutschland zu reisen. Er habe deswegen auch der Deutsche Post AG einen Auftrag für die Nachsendung von Briefsendungen an seine Anschrift in Spanien erteilt, was jedoch nicht funktioniert habe. Jener Nachsendeauftrag datierte hier freilich zeitlich nach der Zustellung von Mahn- und Vollstreckungsbescheid. Auch wird dort als Grund für die Nachsendung nicht etwa „Umzug“, sondern nur „vorübergehende Abwesenheit“ angegeben. Dies lässt darauf schließen, dass der Beklagte zu den Zustellzeitpunkten seinen Wohnsitz im Sinne von § 182 ZPO (noch) nicht nach Spanien verlegt hatte.

Landgericht Rottweil, Urteil vom 3. Juni 2015 – 1 S 18/15

  1. BGH NJW-RR 2005, 415[]
  2. BGH NJW 1996, 2581[]

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