Die Höhe der erstattungsfähigen Kosten für das Entfernen eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs bemisst sich nach den ortsüblichen Kosten für das Abschleppen und für die unmittelbar mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs verbundenen Dienstleistungen.

Dem Grundstücksbesitzer steht gegen den Falschparker dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB zu. Das unberechtigte Abstellen des Fahrzeugs auf dem Kundenparkplatz des Grundstücksbesitzerin stellte eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB dar, der sich die Grundstücksbesitzerin nach § 859 Abs. 1 bzw. Abs. 3 BGB erwehren durfte, indem sie das Fahrzeug abschleppen ließ1. Der Falschparker ist deshalb verpflichtet, den ihr aus der verbotenen Eigenmacht entstandenen Schaden zu ersetzen.
Der Umfang des zu ersetzenden Schadens bemisst sich nach § 249 Abs. 1 BGB; ersatzfähig sind solche Schäden, die in adäquatem Zusammenhang mit der von dem Kläger verübten verbotenen Eigenmacht stehen und von dem Schutzbereich der verletzten Norm erfasst werden2. Unter diesen Gesichtspunkten bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Grundstücksbesitzerin die Beklagte umfassend mit der Beseitigung der Besitzstörung beauftragt hat3.
Danach gehören zu den erstattungsfähigen Kosten nicht nur die reinen Abschleppkosten, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstanden sind, etwa durch die Überprüfung des unberechtigt abgestellten Fahrzeugs, um den Halter ausfindig zu machen, die Zuordnung des Fahrzeugs in eine bestimmte Fahrzeugkategorie und das Anfordern eines geeigneten Abschleppfahrzeugs4. Danach sind die Kosten für die Leistungen des Abschleppunternehmens insoweit ersatzfähig, als es um
- die Zuordnung des Fahrzeugs in eine Fahrzeugkategorie,
- das Anfordern eines geeigneten Lade- und Transportmittels und
- – im Hinblick auf die Ermittlung des Fahrzeughalters – die visuelle Sichtung des Fahrzeugs auf Fahrzeugbeschriftung und
- die visuelle Sichtung des Fahrzeuginneren von außen
Darüber hinaus sind – entgegen der Ansicht des Landgerichts Berlin vom 25.10.20115, dessen Entscheidung der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 06.07.20126 aufgehoben hat – auch die Kosten für weitere und von dem Abschleppunternehmen durchzuführende Maßnahmen, nämlich
- Prüfen des Fahrzeugs auf Sicherung gegen unbefugtes Benutzen,
- Prüfen auf StVO-Zulassung,
- Abschätzung des Transportgutes auf Länge, Breite, Höhe, Gewicht und Gewichtsverteilung,
- visuelle äußere technische Sichtung/Messung des Fahrzeugs hinsichtlich der Lademöglichkeiten und Ladungssicherung während des Transports sowie
- Prüfen des Fahrzeugs auf Sicherung gegen Wegrollen
ersatzfähig. Sie dienen ebenfalls der Vorbereitung des Abschleppvorgangs, sowohl im Hinblick auf den Transport selbst als auch im Hinblick auf den Verbringungsort (öffentlicher Parkraum oder – beim Fehlen ausreichender Sicherungen gegen Abhandenkommen – private gesicherte Fläche). Schließlich sind die Kosten für die
- visuelle äußere Sichtung auf bereits vorhandene Schäden und deren Protokollierung
ersatzfähig. Diese Maßnahmen stehen zwar nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung des Abschleppvorgangs. Aber sie dienen der Beweissicherung und damit der späteren Abwicklung des Abschleppvorgangs, um unberechtigte Schadensersatzansprüche wegen angeblicher Beschädigungen abwehren zu können. Solche Kosten werden von dem Schutzbereich der verletzten Norm (§ 858 Abs. 1 BGB) erfasst7.
Nicht ersatzfähig sind dagegen die Kosten für die Bearbeitung und außergerichtliche Abwicklung des Schadensersatzanspruchs8 sowie die Kosten für die Überwachung des Grundstücks im Hinblick auf unberechtigtes Parken9. Danach schuldet der Falschparker nicht die Kosten für die
- Überprüfung/Kontrolle der Objekte/Flächen hinsichtlich widerrechtlich abgestellter Fahrzeuge gemäß den Auftraggeberanweisungen und vorgaben.
Hierbei handelt es sich um reine Parkraumüberwachungsmaßnahmen, welche unabhängig von einem konkreten Parkverstoß durchgeführt werden. Auch die Kosten für
- Beweissicherung vor Ort, Datum und Zeitpunkt der Besitzstandsstörung durch das unberechtigte Fahrzeug,
welche laut der Leistungsbeschreibung in der Anlage 2 ebenfalls anfallen, muss der Kläger nicht erstatten. Denn diese Maßnahme dient ausschließlich der späteren Bearbeitung und Abwicklung des Schadensersatzanspruchs10.
Im Grundsatz zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass er
Auch die Kosten für die Durchsetzung der Schadensersatzforderung schuldet der Falschparker im Grundsatz nicht11.
Die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes wird durch das Gebot der Wirtschaftlichkeit begrenzt. Dieses findet gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst12. Danach hat der Geschädigte unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage grundsätzlich den wirtschaftlichsten Weg zu wählen13. Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde14.
Diese Grundsätze gelten auch in dem hier maßgeblichen Anwendungsbereich des § 249 Abs. 1 BGB13. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass geprüft werden muss, ob sich die Grundstücksbesitzerin bei der Auswahl des Abschleppunternehmens und bei der Vereinbarung des Pauschalbetrags von 250 € an das Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten hat.
Kosten der Parkraumüberwachung sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ersatzfähig, denn sie dienen nicht der Beseitigung der Besitzstörung, sondern sind im Zusammenhang mit deren Feststellung angefallen und zählen nicht zu dem adäquat verursachten und damit erstattungsfähigen Schaden9.
Davon abzurücken, etwa wenn die Kosten für Parkraumüberwachungsmaßnahmen pauschal pro Schadensfall geltend gemacht werden, besteht kein Anlass. Der Vergleich mit der rechtlichen Behandlung sogenannter Fangprämien im Zusammenhang mit Ladendiebstählen ist für die Beurteilung der Frage, ob die Kosten für die Parkraumüberwachung zu dem ersatzpflichtigen Schaden des Grundstücksbesitzers zählen, unergiebig. Denn dessen Schadensersatzanspruch hat seine Grundlage in der Besitzstörung bzw. entziehung (§ 858 Abs. 1 BGB). Allgemeinen Überwachungskosten fehlt der konkrete Bezug dazu. Die Fangprämie weist dagegen insoweit einen konkreten Bezug zu dem einzelnen Ladendiebstahl auf, als sie im Grundsatz erst durch diesen und erst deshalb erwächst, weil der konkret drohende Eigentumsverlust Anlass zu dem Eingreifen gegeben hat, das durch die Prämie honoriert werden soll15.
Es muss geklärt werden, wie hoch die ersatzfähigen Kosten der Grundstücksbesitzerin unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitspostulats sind. Darlegungs- und beweispflichtig dafür ist die Grundstücksbesitzerin.
Ein unmittelbarer Vergleich mit den Gebühren, welche von der Polizei oder der Verwaltungsbehörde nach einem Parkverstoß im öffentlichen Straßenbereich für die Umsetzung des verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugs in Rechnung gestellt werden, scheidet aus. Die Maßnahmen zur Vorbereitung des Abschleppvorgangs sind Bestandteil der allgemeinen polizeilichen oder sonstigen behördlichen Tätigkeit. Auch kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Kosten, die der Polizei oder der Behörde für einen Abschleppvorgang in Rechnung gestellt werden, ebenso hoch sind wie die Kosten, die von einem privaten Auftraggeber verlangt werden16. Diese Besonderheiten sind bei der vergleichenden Kostenbetrachtung zu berücksichtigen.
Unmittelbar vergleichbar sind deshalb nur die Kosten, die andere Unternehmen für das Abschleppen fremder Fahrzeuge von privaten Grundstücken verlangen. Diesen reinen Abschleppkosten sind diejenigen Kosten hinzuzurechnen, die für vorbereitende Maßnahmen entstehen, soweit sie ersatzfähig sind. Dabei ist regionalen Unterschieden dadurch Rechnung zu tragen, dass nur die am Ort der Besitzstörung üblichen Kosten in den Vergleich einbezogen werden. Nur diese sind ersatzfähig17. Lassen sie sich anhand eines Angebotsvergleichs nicht bestimmen, müssen sie von einem Sachverständigen ermittelt werden.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 4. Juli 2014 – V ZR 229/13
- vgl. BGH, Urteil vom 02.12 2011 – V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 6; Urteil vom 05.06.2009 – V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 16[↩]
- BGH, Urteil vom 02.12 2011 – V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 7[↩]
- vgl. KG, DWW 2011, 222, 223[↩]
- BGH, Urteil vom 02.12 2011 – V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 11[↩]
- LG Berlin, Urteil vom 25.10.2011 – 85 S 77/11[↩]
- BGH, Urteil vom 06.07.2012 – V ZR 268/11, NJW 2012, 3373[↩]
- LG München I, DAR 2011, 333, 335[↩]
- BGH, Urteil vom 05.06.2009 – V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 21[↩]
- BGH, Urteil vom 02.12 2011 – V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 12[↩][↩]
- aA KG, DWW 2011, 222, 223 mwN; LG München I, aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 05.06.2009 – V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 21[↩]
- BGH, Urteil vom 22.09.2009 – VI ZR 312/08, NJW 2009, 3713 Rn. 7[↩]
- BGH, Urteil vom 06.03.2007 – VI ZR 120/06, BGHZ 171, 287 Rn. 6[↩][↩]
- BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NZV 2014, 255 Rn. 7[↩]
- BGH, Urteil vom 06.11.1977 – VI ZR 254/77, BGHZ 75, 230, 238[↩]
- vgl. KG, DWW 2011, 222, 224[↩]
- ebenso Koch, NZV 2010, 336, 339[↩]