Feuerwehreinsatz wegen eines angebrannten Essens

Kommt es infolge angebrannten Essens zu starker Rauchentwicklung zu einem Feuerwehreinsatz in dessen Zuge versehentlich die Tür der Nachbarwohnung aufgebrochen wird, kann die Geschädigte keinen Schadensersatz von ihrer verursachenden Nachbarin verlangen, da der Türaufbruch außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt. Die Feuerwehr handelt in eigenständiger Verantwortung, ihr Fehlverhalten ist der Verursacherin nicht zuzurechnen1.

Feuerwehreinsatz wegen eines angebrannten Essens

In dem hier vom Amtsgericht Mannheim entschiedenen Fall bewohnen die Parteien zwei unmittelbar nebeneinander gelegene Wohnungen. Am 06.04.2016 verursachte die unfähige Köchin in der von ihr angemieteten Wohnung durch angebranntes Essen eine starke Rauchentwicklung. Sie öffnete deshalb die Wohnungsfenster und ging daraufhin mit ihrem Hund spazieren. Durch Dritte wurde die Mannheimer Feuerwehr alarmiert, da ein Wohnungsbrand vermutet wurde. Die Feuerwehr öffnete im Folgenden versehentlich gewaltsam die Wohnung der Nachbarin, welche in deren Eigentum steht. Dabei wurde die Wohnungseingangstür, welche im Jahr 1971 für knapp DM 2.300, 00 eingebaut worden war, irreparabel zerstört. Für eine neu eingebaute Wohnungstür zahlte die Nachbarin EUR 1.300, 00.

Zuvor hatte die seitens der Köchin eingeschaltete Versicherungsgesellschaft, bei der sie über einen privaten Haftpflichtversicherungsvertrag verfügt, in Ansehung des Alters der Wohnungstür lediglich EUR 300, 00 auf den Sachschaden und eine Pauschale i.H.v. EUR 25, 00 für schadensbedingte Aufwendungen an die Nachbarin gezahlt. Nachdem außergerichtlich Streit über diesen Entschädigungsbetrag entstand, ließ die Versicherungsgesellschaft der Köchin ein Gutachten über den Zeitwert der Wohnungstür erstellen, der darin auf EUR 213, 32 netto bestimmt wurde. Die Nachbarin ist der Ansicht, die unfähige Köchin habe sich den fehlerhaften Feuerwehreinsatz zurechnen zu lassen. Sie habe auf Grund ihres Vorverhaltens zumindest befürchten müssen, dass Dritte auf Grund der erheblichen Rauchentwicklung einen Wohnungsbrand befürchten und die Feuerwehr alarmieren könnten. Anstatt die Fenster zu öffnen und anschließend mit ihrem Hund spazieren zu gehen, hätte die unfähige Köchin zumindest vor ihrer Wohnung oder dem Haus warten müssen. Ein Verschulden der Feuerwehr sei nicht gegeben. Die unfähige Köchin habe ihr entsprechend die Kosten für die neue Eingangstür – unter Berücksichtigung der bereits gezahlten EUR 300, 00 – vollumfänglich zu ersetzen. Ein Abzug nach den Gesichtspunkten „neu für alt“ könne wenn überhaupt nur in sehr geringem Umfang erfolgen. So sei insbesondere das Alter der Tür nicht wertmindernd zu berücksichtigen, da die Tür keinerlei Witterungseinflüssen ausgesetzt gewesen sei und entsprechend keine Abnutzung zu verzeichnen gehabt habe.

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Das Amtsgericht Mannheim gab der unfähigen Köchin Recht und wies die Klage der Nachbarin ab:

Die Nachbarin hat keinen Anspruch gegen die unfähige Köchin auf Zahlung von Schadensersatz auf Grund ihrer zerstörten Wohnungseingangstür.

Ein Schadensersatzanspruch der Nachbarin käme allenfalls nach § 823 I, II BGB in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Eigentum eines anderen widerrechtlich verletzt, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Im vorliegenden Fall mangelt es aber schon an einer schadensersatzauslösenden Verletzungshandlung der Köchin.

Deren Verhalten war für den Schaden nicht adäquat kausal.

Zwar ist die durch das Kochen verursachte Rauchentwicklung als kausal für die Zerstörung der Eingangstür zu werten, da die Feuerwehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gerufen worden wäre, wenn der Rauch nicht aus der Wohnung der Köchin getreten wäre, jedoch ist aufgrund der vorzunehmenden Einschränkung der Äquivalenztheorie durch die Adäquanztheorie eine Zurechnung nicht mehr vorzunehmen, da vorliegend die Möglichkeit des Schadenseintritts außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt2.

Unter Berücksichtigung einer objektiven nachträglichen Prognose kann im vorliegenden Fall die Kausalkette zwischen dem angebrannten Essen und der Zerstörung der Tür nicht mehr aufrechterhalten werden.

Das insoweit nur mittelbar wirkende Anbrennen und die dadurch verursachte Rauchentwicklung hat eine Verursachungskette ausgelöst, die so nicht mehr im Rahmen der Wahrscheinlichkeit anzusiedeln ist.

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Das Geschehen ist gekennzeichnet durch zwei nachgelagerte Verhaltensweisen, die beide auf einer irrtümlichen Annahme beruhen und deshalb zumindest in ihrer Addition nicht mehr als vorhersehbar eingestuft werden können.

Dies betrifft zum einen die erste Fehlentscheidung des einschreitenden Dritten, der eine durch das Anbrennen von Essen verursachte Rauchentwicklung als Wohnungsbrand wertete und die Feuerwehr alarmierte.

Diese wiederum traf anschließend die zweite Fehlentscheidung, indem sie die Wohnung der Nachbarin und nicht die der Köchin stürmte.

Ein derart gelagerter doppelter Zufall liegt nach Überzeugung des Amtsgerichts außerhalb des Wahrscheinlichen.

Darüber hinaus fehlt es auch an einem konkreten Vortrag der Nachbarseite zum Geschehensablauf in seinen Einzelheiten.

Aus deren Schriftsätzen geht insbesondere nicht detailliert hervor, in welchem Umfang es tatsächlich zu einer Rauchentwicklung kam. So wird lediglich beschrieben, dass es zu einer Rauchentwicklung in „erheblichem Umfang“ gekommen ist. Woher die Nachbarin diese Information nimmt und ob dies vor allem durch Dritte tatsächlich so gewertet werden konnte, dass ein Feuerwehreinsatz erforderlich ist, ist dem Nachbarvorbingen nicht zu entnehmen. Offen bleibt die Möglichkeit, dass vorliegend ein Dritter überreagiert haben könnt und zu Unrecht die Feuerwehr alarmiert wurde.

Ebenso wenig werden Ausführungen zum konkreten Einsatz der Feuerwehr gemacht. Warum diese die falsche Wohnungstür tatsächlich aufbrach, ist nicht ersichtlich. Die Nachbarin schreibt insofern lediglich, dass die Feuerwehr nicht gehalten war, vor Ort irgendwelche Recherchen vorzunehmen, welche Wohnungstür nun aufgebrochen werden muss, nachdem auf Klingeln niemand reagiert hatte.

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Unter Wertung dieser Gesamtbetrachtung der Geschehensabläufe kann so in der durch angebranntes Essen verursachten Rauchentwicklung keine kausale Verletzungshandlung gesehen werden.

Eine mögliche Haftung der Feuerwehr war vorliegend nicht zu prüfen. Eine mögliche Zurechnung des Fehlverhaltens der Feuerwehr war jedoch zu verneinen, die in eigenständiger Verantwortung beschlossen hat, die Tür der Nachbarin aufzubrechen3. Eine Verantwortlichkeit der Köchin scheidet mithin aus.

Amtsgericht Mannheim, Urteil vom 22. Dezember 2016 – 3 C 1207/16

  1. Fortführung von LG Berlin, Urteil vom 26.01.2011 – 49 S 106/10[]
  2. BGH NJW-RR 01, 887[]
  3. so auch LG Berlin, Urteil vom 26.01.2011 – Az. 49 S 106/10[]