Kann ein Bahnreisender bei einer Kontrolle keinen gültigen Fahrausweis vorweisen, hat er einen erhöten Fahrpreis zu zahlen. Dieser ermäßigt sich auf 7 Euro, wenn der Reisende innerhalb einer Woche ab dem Feststellungstag bei einem Bahnhof der befördernden Eisenbahn nachweist, dass er im Zeitpunkt der Feststellung Inhaber eines gültigen Fahrausweises war. Für den Fall, dass der Reisende eine Bahncard erworben hat, die lediglich noch nicht übersandt worden ist, zählt das Gleiche. Allerdings gilt hier nicht die Fristbestimmung von 1 Woche, da die Einhaltung der Frist nicht in der Sphäre des Kunden liegt.

So das Amtsgericht München in dem hier vorliegenden Fall einer Münchenerin, die einen erhöhten Fahrpreis von 109 Euro nicht zahlen wollte und nachträglich ihre Bahncard vorgelegt hat. Sie erwarb Ende Januar 2012 eine Jahresbahncard 50. Sie erhielt eine vorläufige Bahncard 50, gültig vom 20.1. bis 19.3.12. Die Übersendung der eigentlichen Bahncard ließ auf sich warten. Die Bahnkundin erhielt sie erst im Juli 2012. Zwischenzeitlich ?fuhr die Kundin allerdings mit dem Zug Ende April 2012 nach Düsseldorf. Sie kaufte einen auf der Grundlage der Bahncard 50 berechneten Fahrschein und zeigte diesen sowie die abgelaufene vorläufige Bahncard 50 bei der Kontrolle in Würzburg vor. Der Kontrolleur berechnete daraufhin einen erhöhten Fahrpreis von 109 Euro (Fahrpreis bis zur Kontrollstelle 27 Euro x 2, also 54 Euro sowie 55 Euro für die Weiterfahrt nach Düsseldorf). Er begründete dies damit, dass ein Reisender ohne gültigen Fahrausweis das Doppelte des gewöhnlichen Fahrpreises für die zurückgelegte Strecke zu bezahlen habe, hinzu komme noch der Preis für die Weiterfahrt, wobei er hier allerdings die Bahncard 50 zugrunde legte. Die Bahnkundin zahlte jedoch nicht, sondern legte im Juli die Bahncard 50 der Deutschen Bahn vor. Diese akzeptierte das nicht und verklagte die Münchnerin auf Zahlung von 109 Euro vor dem Amtsgericht München.
In seiner Urteilsbegründung verweist das Amtsgericht München auf § 12 der Eisenbahnverkehrsordnung (EVO), wonach der Reisende zur Zahlung eines erhöhten Fahrpreises verpflichtet sei, wenn er sich einen gültigen Fahrausweis beschafft habe, ihn jedoch bei einer Prüfung der Fahrausweise nicht vorzeigen könne. Der erhöhte Fahrpreis betrage nach dieser Vorschrift das Doppelte des gewöhnlichen Fahrpreises für die vom Reisenden zurückgelegte Strecke. Der erhöhte Fahrpreis ermäßige sich jedoch auf 7 Euro, wenn der Reisende innerhalb einer Woche ab dem Feststellungstag bei einem Bahnhof der befördernden Eisenbahn nachweise, dass er im Zeitpunkt der Feststellung Inhaber eines gültigen Fahrausweises war.
Diese Norm sei aufgrund ihres Sinnes und Zwecks erweiternd so auszulegen, dass auch für den Fall einer erworbenen Bahncard, die lediglich noch nicht übersandt worden sei, nur ein Betrag von 7 EUR geschuldet werde. Die Fristbestimmung von 1 Woche gelte insoweit nicht, da die Einhaltung der Frist nicht in der Sphäre des Kunden liege. Schließlich würde es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn es die Klägerin bei tatsächlicher Berechtigung der Beklagten zur Bezahlung des hälftigen Fahrpreises durch die erst spätere Übersendung der Bahncard 50 erreichen könnte, dass die Beklagte für eine durchgeführte Fahrt den vollen Fahrpreis zahlen müsse. Zahlen müsse die Beklagte jedoch die als Verwaltungsgebühr anzusehenden 7 EUR. Dies sei auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben, denn es wäre ihre Obliegenheit gewesen, sich um die rechtzeitige Zusendung der Bahncard 50 frühzeitig zu kümmern.
Amtsgericht München, Urteil vom 27. Dezember 2012 – 173 C 21023/12