Wird bei der Operation einer Schulterverletzung der Positionsfehler einer einzubringenden Schraube deshalb nicht erkannt, weil der Operateur auf die gebotene Bildgebung in zwei Ebenen verzichtet und sich nur auf seine eigenen Augen und Erfahrung verlassen hat, ist der Befund grob fehlerhaft erhoben worden.

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Hamm in dem hier vorliegenden Fall unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Arnsberg einem Patienten 8.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Anfang Mai des Jahres 2010 zog sich der seinerzeit 21 Jahre alte Kläger aus Arnsberg beim Fußballspielen eine Schultereckgelenksprengung Tossy III links zu, die noch am selben Tag im Krankenhaus des beklagten Krankenhausträgers in Wickede u.a. mit einer Verschraubung des Schlüsselbeins operativ versorgt wurde. Wenige Wochen später musste die Schraube mit einer Revisionsoperation entfernt werden, weil sie ausgerissen war. Mit der Begründung, er sei mit einer nicht richtig platzierten Schraube fehlerhaft operiert worden, so dass die Schraube herausgebrochen und deswegen die Revisionsoperation notwendig geworden sei, hat der Kläger vom beklagten Krankenhaus Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 Euro.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm sei die bei der ersten Operation eingebrachte Schraube falsch positioniert worden, sie habe zu nahe am Gelenk gesessen. Dieser Positionsfehler könne bei der Bohrung zwar auch einem erfahrenen Chirurgen passieren. Er habe aber intraoperativ – durch eine Bildgebung in zwei Ebenen (Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Projektionsrichtungen) – erkannt und dann korrigiert werden müssen. So wäre der Positionsfehler noch während der Operation festzustellen und dann durch eine erneute Bohrung oder ein anderes Verfahren zu korrigieren gewesen. Auf die gebotene Bildgebung habe der Operateur verzichtet und sich mit zwei Aufnahmen aus zwei dicht beieinander liegenden Winkeln begnügt, die nicht aussagekräftig gewesen seien. Wenn er sich dabei nur auf seine eigenen Augen und Erfahrung verlassen habe, sei der Befund grob fehlerhaft erhoben worden. Aufgrund der hiermit verbundenen Beweislastumkehr gehe die Revisionsoperation zu Lasten des beklagten Krankenhauses. Es sei nicht auszuschließen, dass die zweite Operation bei ordnungsgemäßer Befundung zu vermeiden gewesen wäre.
Aufgrund dieses groben Befunderhebungsfehlers hat das Oberlandesgericht dem Kläger 8.000 Euro zuerkannt.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 18. Februar 2014 – 26 U 152/13