Fristenkontrolle, Gegenkontrolle – und der urlaubsabwesende Rechtsanwalt

Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in alle geführten Fristenkalender eingetragen worden sind. Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisungen zur Berechnung und Notierung laufender Rechtsmittelfristen einschließlich deren Eintragung in den Fristenkalender eigenverantwortlich zu prüfen.

Fristenkontrolle, Gegenkontrolle  – und der urlaubsabwesende Rechtsanwalt

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor, wenn die Partei die Beschwerdebegründungsfrist nicht unverschuldet versäumt hat. Beruht das Versäumnis auf einem Organisationsverschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten, muss sich dies der Antragsteller nach (hier: § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit) § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

Die Sorgfaltspflicht in Fristsachen verlangt von einem Rechtsanwalt, alles ihm Zumutbare zu tun, um die Wahrung von Rechtsmittelfristen zu gewährleisten. Überlässt er die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in alle geführten Fristenkalender eingetragen worden sind. Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisungen zur Berechnung und Notierung laufender Rechtsmittelfristen einschließlich deren Eintragung in den Fristenkalender eigenverantwortlich zu prüfen1, wobei er sich dann grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf2.

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Etwas anderes gilt auch nicht, weil den Verfahrensbevollmächtigten die Handakten bei Ablauf der Beschwerdefrist wegen Ortsabwesenheit nicht vorgelegt und die vom gleichen Tage datierte Beschwerdeschrift mit einer hinterlegten Blankounterschrift unterzeichnet worden ist.

Das Gericht kann davon ausgehen, dass der Rechtsanwalt den Inhalt eines mit seiner Blankounterschrift versehenen Schriftsatzes so genau festgelegt hat, dass er dessen eigenverantwortliche Prüfung bestätigen kann3.

Einen Sachverhalt, aus dem sich hier ergeben könnte, dass die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners die Bearbeitung und inhaltliche Festlegung der mit ihrem Diktatzeichen versehenen Beschwerdeschrift gänzlich ohne Vorlage der Handakte vorgenommen hat, lies sich darüber hinaus im vorliegend vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall selbst dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde nicht entnehmen4. Denn dieses beschränkt sich auf die Behauptung, der Verfahrensbevollmächtigten habe die Handakte am 22.11.2012 nicht vorgelegen. Dies schließt es beispielsweise nicht aus, dass der Verfahrensbevollmächtigten die Handakte bereits am Vortag als Fristsache zum Diktat der Beschwerdeschrift vorgelegen haben könnte.

Sonstige Umstände, die ein Verschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten im Zusammenhang mit der Gegenkontrolle bei der Vorlage der Handakten zur Bearbeitung der Beschwerdeschrift hätten ausschließen können, hat der Antragsgegner im vorliegenden Fall nicht dargelegt. Er hat schon nicht dargetan, dass in der Kanzlei seiner Verfahrensbevollmächtigten eine den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens genügende Fristenkontrolle vorgesehen war. Insbesondere hat der Antragsgegner nichts dazu vorgetragen, in welcher Weise die Gegenkontrolle in den Handakten zur Eintragung der Fristen organisiert worden ist. Fehlt es insoweit an den erforderlichen Darlegungen zu den Abläufen innerhalb der Kanzleiorganisation des Verfahrensbevollmächtigten, ist es nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, einen bislang fehlenden Vortrag über die Sicherheitsvorkehrungen bei der Fristenkontrolle einzufordern.

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Vielmehr darf das Beschwerdegericht auch in diesem Falle grundsätzlich davon ausgehen, dass der um Wiedereinsetzung nachsuchende Beteiligte seiner sich aus § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergebenden Verpflichtung zur vollständigen Angabe der ihm günstigen Tatsachen nachgekommen ist, welche die Wiedereinsetzung begründen sollen. Auch die Rechtsbeschwerde rügt insoweit nicht, dass das Beschwerdegericht gegen seine Hinweispflicht verstoßen habe.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. November 2013 – XII ZB 116/13

  1. vgl. BGH, Beschlüsse vom 02.11.2011 – XII ZB 317/11, FamRZ 2012, 108 Rn. 11; und vom 19.10.2011 – XII ZB 250/11, FamRZ 2012, 106 Rn. 9 jeweils mwN[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2013 – XII ZB 167/11 FamRZ 2013, 1117 Rn. 11; BGH, Beschlüsse vom 10.03.2011 – VII ZB 37/10 NJW 2011, 1597 Rn. 12; und vom 22.01.2008 – VI ZB 46/07 NJW 2008, 1670 Rn. 6 mwN[]
  3. vgl. BGH, Beschlüsse vom 12.09.2012 – XII ZB 642/11 FamRZ 2012, 1935 Rn. 17; vom 23.06.2005 – V ZB 45/04 NJW 2005, 2709, 2710; und vom 21.12.2010 – VI ZB 28/10 FamRZ 2011, 558 Rn. 9[]
  4. zur Verpflichtung des Rechtsanwalts, die Vorlage der Handakte zur Fristenkontrolle zu veranlassen vgl. BGH, Beschluss vom 20.12.2012 – III ZB 47/12[]