Die Zulässigkeit der Berufung ist von Amts wegen zu prüfen1. Dabei hat der Berufungsführer den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründungsschrift zu beweisen2.

Besonderheiten gelten allerdings in Bezug auf gerichtsinterne Vorgänge, in die Außenstehende in der Regel keinen Einblick und damit auch keine Anhaltspunkte für etwaige Fehlerquellen haben. Es ist daher zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen3.
So hat zwar im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall der Berufungsführer durch die Vorlage des mit einem „OK“Vermerk versehenen Sendeberichts keinen Nachweis für den ordnungsgemäßen Zugang der Berufungsbegründungsschrift per Telefax erbracht. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet die durch einen „OK“Vermerk belegte ordnungsgemäße Absendung eines Schreibens per Telefax nicht den Anscheinsbeweis für dessen tatsächlichen Zugang beim Empfänger. Der „OK“Vermerk belegt nur das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät4.
Allerdings ist das Berufungsgericht seiner Pflicht zur Aufklärung eventueller gerichtsinterner Fehlerquellen nicht in dem hier gebotenen Maße nachgekommen. Ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des beim Berufungsgericht tätigen Anwenderbetreuers soll das Telefaxgerät des Beklagtenvertreters drei Anwahlvorgänge durchgeführt haben, von denen nur der erste und der dritte erfolgreich waren. Im Faxjournal der Poststelle des Landgerichts Leipzig wurden diese beiden Anwahlvorgänge jedoch nicht dokumentiert. Die Telefaxnummer des Beklagtenvertreters wird dort nur einmal mit der Zeitangabe 11.21 Uhr aufgeführt, wobei dieser Vorgang 20 Seiten betroffen haben soll. Ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Anwenderbetreuers handelt es sich bei dem vermerkten Ergebnis „NG“ um eine Fehlermeldung. Auch diese Angabe betrifft jedoch weder den ersten noch den dritten Anwahlvorgang, die beide zu einer zumindest teilweisen Übertragung des Telefaxes geführt haben. Dies weckt Zweifel sowohl an der Zuverlässigkeit des Faxjournals als auch an den hierauf aufbauenden Schlussfolgerungen in der Stellungnahme des Anwenderbetreuers. Ebenfalls ungeklärt ist, wie es zur „Auffindung“ der Seiten 21 bis 23 der Berufungsbegründungsschrift gekommen ist und warum diese in den vom Empfangsgerät angebrachten Kopfzeilen die Angaben 021/023, 022/023 und 023/023 tragen, obwohl beim dritten Anwahlversuch nur die Seiten 21 bis 23 übertragen worden sein sollen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es für die Fristwahrung maßgeblich nicht auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem die Rechtsmittelbegründungsschrift im Telefaxgerät des Gerichts ausgedruckt worden ist, sondern auf den Zeitpunkt, in dem die gesendeten Signale vom Empfangsgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) wurden5.
Allerdings dürfte im hier entschiedenen Fall ein der Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden des Beklagtenvertreters im Hinblick auf den „OK“Vermerk auf dem von ihm vorgelegten Sendebericht und im Hinblick auf die zusätzliche telefonische Nachfrage der Rechtsanwaltsfachangestellten F. bei dem Landgericht Leipzig ausscheiden6.
Sollte die Berufungsbegründungsfrist hingegen erst am Folgetag abgelaufen sein, könnte es dem am Gerichtsort ansässigen Beklagtenvertreter zuzumuten gewesen sein, nach dem Hinweis des Gerichts auf den unvollständigen Eingang des Telefaxes die Berufungsbegründung erneut und eventuell auf einem anderen Weg zu übermitteln7.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. September 2019 – XI ZB 9/19
- BGH, Urteile vom 31.05.2017 – VIII ZR 224/16, NJW 2017, 2285 Rn.19; und vom 27.02.2018 – XI ZR 452/16, NJW 2018, 1689 Rn. 14[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.12 1994 – VIII ZR 153/93, WM 1995, 341, 342 und Beschluss vom 08.10.2013 – VIII ZB 13/13, NJW-RR 2014, 179 Rn. 10[↩]
- BGH, Urteile vom 30.03.2000 – IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872, 1873 sowie vom 31.05.2017, aaO Rn.20 und Beschluss vom 08.10.2013, aaO Rn. 14[↩]
- BGH, Urteil vom 07.12 1994 – VIII ZR 153/93, WM 1995, 341, 343 f.; Beschlüsse vom 14.05.2013 – III ZR 289/12, NJW 2013, 2514 Rn. 11; und vom 08.10.2013 – VIII ZB 13/13, NJW-RR 2014, 179 Rn. 12[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 08.05.2007 – VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 12; und vom 17.04.2012 – XI ZB 4/1119[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 01.03.2016 – VIII ZB 57/15, WM 2016, 1850 Rn. 18 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 21.07.2011 – IX ZB 218/10 4; und vom 14.09.2017 – IX ZB 81/16, FamRZ 2017, 1946 Rn. 8[↩]