Die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristensachen verlangt zuverlässige Vorkehrungen, um den rechtzeitigen Ausgang fristwahrender Schriftsätze sicherzustellen. Zu den Aufgaben des Rechtsanwalts gehört es deshalb, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden. Der Anwalt hat sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen.

Die zur wirksamen Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen müssen zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen werden. Beantragt der Prozessbevollmächtigte eine Fristverlängerung, so muss das beantragte Fristende bei oder alsbald nach Einreichung des Verlängerungsantrags im Fristenkalender eingetragen, als vorläufig gekennzeichnet und rechtzeitig, spätestens nach Eingang der gerichtlichen Mitteilung überprüft werden, damit das wirkliche Ende der Frist festgestellt werden kann1.
Im vorliegend vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hat der Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass es in seiner Kanzlei die Anweisung gab, das beantragte Fristende bei oder alsbald nach Einreichung des Verlängerungsantrags in dem Fristenkalender einzutragen. Dies erlaubt den Schluss, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben2.
Die mangelhafte Organisation des Fristenwesens war für die Fristversäumung ursächlich3. Wäre das beantragte Fristende nebst Vorfrist im Fristenkalender eingetragen worden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten die Berufungsbegründungsfrist gewahrt worden. Hätte es in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten eine (allgemeine) Anweisung des Inhalts gegeben, die vorläufige Notierung des hypothetischen Endes einer beantragten Fristverlängerung nach Erhalt der Mitteilung über die Gewährung der Fristverlängerung zu überprüfen, wäre bereits am Tag des Eingangs der Fristverlängerung der Widerspruch zu dem zuvor notierten hypothetischen Fristende aufgefallen. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hätte dies zur korrekten Notierung des Fristendes geführt.
In diesem Zusammenhang lehnt der Bundesgerichtshof auch die Ansicht ab, dem Anwalt falle die Unterlassung der Eintragung des Endes der beantragten Fristverlängerung als vorläufig im Fristenkalender nicht zur Last, wenn das Gericht die Frist so verlängert, wie es beantragt ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Gewährung der Verlängerung der Frist hier, wie die Rechtsbeschwerde weiter anführt, deshalb nicht ungewiss war, weil der Prozessbevollmächtigte mit dem Antrag, die Berufungsbegründungsfrist um zwei Wochen zu verlängern, die Verlängerungsmöglichkeit des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht einmal ausgeschöpft gehabt habe. Die Pflicht zur Eintragung des beantragten Fristendes nebst Vorfrist soll eine zusätzliche Fristensicherung bieten, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung der ursprünglichen und der verlängerten Fristen auszuschließen sowie gegebenenfalls die Fristwahrung selbst dann zu gewährleisten, wenn bei der Eintragung der ursprünglichen und der verlängerten Frist Fehler unterlaufen. Eine Unterscheidung der Maßnahmen zur Fristenkontrolle danach, in welchem zeitlichen Abstand zum Ende der ursprünglichen Berufungsbegründungsfrist ein Fristverlängerungsantrag gestellt wird, ob von der Verlängerung der Frist auszugehen ist und ob die Frist antragsgemäß verlängert wird, ist daher nicht geboten4.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. Februar 2014 – II ZB 5/13 –
- st. Rspr., BGH, Beschluss vom 22.03.2011 – II ZB 19/09, NJW 2011, 1598 Rn. 12 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 26.11.2013 – II ZB 13/12 12; Beschluss vom 24.01.2012 – II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 11 f.[↩]
- zur Kausalität vgl. BGH, Beschluss vom 22.03.2011 – II ZB 19/09, NJW 2011, 1598 Rn. 14; Beschluss vom 18.04.2000 – XI ZB 1/00, NJW 2000, 2511, 2512 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 22.03.2011 – II ZB 19/09, NJW 2011, 1598 Rn. 12, 16[↩]