Fristwahrung mittels Computerfax – und die eingescannte Unterschrift

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt es sich bei der Übermittlung (hier: der Berufungsbegründung) durch die elektronische Versendung einer Textdatei auf ein Faxgerät des Berufungsgerichts um ein sogenanntes Computerfax. Dabei werden mangels Vorhandenseins eines körperlichen Originalschriftstücks beim Absender die Voraussetzungen der für bestimmende Schriftsätze gesetzlich erforderlichen Schriftform gemäß § 130 Nr. 6 ZPO entweder dadurch gewahrt, dass die Unterschrift des Erklärenden eingescannt wird, oder dadurch, dass auf dem Schriftsatz der Hinweis angebracht wird, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen kann1.

Fristwahrung mittels Computerfax – und die eingescannte Unterschrift

Ein solches Computerfax wird von der Zivilprozessordung als schriftliches Dokument in der Form einer Telekopie eingeordnet. Dies folgt einerseits aus der Vorschrift des § 130 Nr. 6 ZPO, der für Telekopien die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie vorschreibt und andererseits aus § 174 Abs. 2 bis 4 ZPO, der zwischen der Zustellung eines Schriftstücks durch Telekopie und der eines elektronischen Dokuments unterscheidet2. Dabei erfolgt bei einem Computerfax (im Unterschied zum elektronischen Dokument) lediglich die Übermittlung eines vorhandenen Dokuments, das beim Empfänger erneut in schriftlicher Form vorliegen soll. Die elektronische Speicherung tritt für sich genommen nicht an die Stelle der Schriftform, sondern ist nur ein Durchgangsstadium und der Empfänger kann erst dann von einem gefaxten Schriftsatz Kenntnis nehmen, wenn er ausgedruckt vorliegt3.

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Demgegenüber besteht ein elektronisches Dokument im Sinne von § 130a ZPO aus der in einer elektronischen Datei enthaltenen Datenfolge4. Diese elektronische Form ist durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13.07.20015 ausdrücklich „als Option zur Schriftform“ eingeführt worden6. § 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO „versteht das elektronische Dokument als modifizierte Schriftform“ und sollte den Parteien erst die Möglichkeit eröffnen, Schriftsätze und Erklärungen „als elektronisches Dokument bei Gericht einzureichen“7. Ein elektronisches Dokument ist eingereicht, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet hat (§ 130a Abs. 3 ZPO). Es wahrt jedoch nur dann die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform, wenn es für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet (§ 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO) und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (§ 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO)8. Per Computer übermittelte bestimmende Schriftsätze erfordern deshalb keinen besonderen Nachweis der Urheberschaft (Authentizität) und keinen besonderen Schutz vor nachträglicher Veränderung (Integrität). Insoweit unterscheiden sie sich maßgeblich von elektronischen Dokumenten, die leicht elektronisch änderbar sind und deren Absicherung die Regelungen zur qualifizierten Signatur allein bezwecken9.

Im hier entschiedenen Fall bestätigte der Bundesgerichtshof die Versagung der Widereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründunggsfrist, die deshalb versäumt worden war, weil die Berufungsbegründung ohne eingescannte Unterschrift als Computerfax versendet worden war, da im Wiedereinsetzungsantrag nicht ausreichend zum Ausbildungsstand und zur Zuverlässigkeit der Bürokraft vorgetragen, der das Einscannen der Unterschrift der Klägervertreterin in die Berufungsbegründungsschrift übertragen wurde und die im Wiedereinsetzungsantrag sowie von der Rechtsbeschwerde lediglich als „Sekretärin“ bezeichnet wird.

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Der Umfang der von einem Rechtsanwalt zu gewährleistenden Organisation seiner Kanzlei hängt maßgebend davon ab, über welchen Ausbildungsstand und welche Berufserfahrung die von ihm zur Verrichtung einfacher Tätigkeiten herangezogenen Bürokräfte verfügen. Mit der floskelhaften Bemerkung im Wiedereinsetzungsantrag, „die stets zuverlässige Sekretärin“, Frau S. , arbeitete „bereits seit Monaten eigenverantwortlich und verlässlich“ und sei „stets pflichtbewusst“, kann der Kläger ein mögliches Organisationsverschulden seiner Prozessbevollmächtigten nicht ausräumen. Es bleibt völlig offen, über welche Ausbildung die Sekretärin verfügte, wieviel Berufserfahrung sie hatte und wie lange sie bei der Nebenintervenientin bereits mit welchen Aufgaben beschäftigt war. Ebenfalls offen bleibt, ob die Sekretärin bereits zuvor mit dem Einscannen von Unterschriften in elektronische Dokumente und deren anschließender Übermittlung per Computerfax betraut war und hierbei fehlerfrei gearbeitet hatte. Im Wiedereinsetzungsantrag ist demgegenüber wie bereits dargetan ohne nähere Konkretisierung nur davon die Rede, dass in der Kanzlei der Klägervertreterin „in das elektronische Dokument die jeweilige Signatur des Anwalts … vom Büropersonal eingesetzt wird“. Damit wird weder vorgetragen, dass diese Tätigkeit von der o.g. Sekretärin bereits zuvor ausgeführt wurde noch dass diese auch mit dem Einscannen von Unterschriften in elektronische Schriftsätze zwecks deren Übermittlung per Computerfax vertraut war. Alles dies lässt der Wiedereinsetzungsantrag im Dunkeln, weshalb es vorliegend bezüglich der Übermittlung eines Computerfaxes in der Kanzlei der Klägervertreterin an einem zusammenhängenden, auf den hier zu beurteilenden Fall zugeschnittenen Vortrag der eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen (§ 236 Abs. 2 ZPO) fehlt10.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – XI ZB 13/13

  1. GmS-OBG,Beschluss vom 05.04.2000 – GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160, 164 f.; vgl. BGH, Beschluss vom 10.10.2006 – XI ZB 40/05, WM 2006, 2331 Rn. 8; OLG Braunschweig, OLGR Braunschweig 2004, 276, 277; OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.03.2014 2 U 16/13 37[]
  2. BGH, Beschluss vom 04.12 2008 – IX ZB 41/08, WM 2009, 331 Rn. 8[]
  3. BGH, Beschlüsse vom 25.04.2006 – IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 15 ff.; und vom 15.07.2008 – X ZB 8/08, NJW 2008, 2649 Rn. 11[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 15.07.2008 – X ZB 8/08, NJW 2008, 2649 Rn. 10[]
  5. BGBl. I S. 1542[]
  6. BT-Drs. 14/4987, S. 12[]
  7. BT-Drs. 14/4987, S. 24[]
  8. BGH, Beschluss vom 14.01.2010 – VII ZB 112/08, BGHZ 184, 75 Rn. 11 ff.).

    Wegen dieser Unterscheidung wird die Wirksamkeit der Abgabe schriftlicher Erklärungen per Computerfax durch die Einfügung der Vorschriften über den elektronischen Rechtsverkehr in die Verfahrensgesetze nicht berührt, weil ein Computerfax kein elektronisches Dokument darstellt ((BVerwG, NJW 2006, 1989, 1990[]

  9. BT-Drs. 14/4987, S. 24; BGH, Beschlüsse vom 04.12 2008 – IX ZB 41/08, WM 2009, 331 Rn. 9; und vom 14.01.2010 – VII ZB 112/08, BGHZ 184, 75 Rn. 21; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.01.2014 L 3 R 1020/08 37 sowie BFHE 244, 511 Rn. 23[]
  10. vgl. BGH, Beschlüsse vom 30.10.2001 – VI ZB 43/01, NJW 2002, 443, 444 zur Vorfristnotierung; und vom 21.02.2002 – IX ZA 10/01, NJW 2002, 2180 f. zur Revisionseinlegung; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 236 Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 236 Rn. 6; Musielak/Grandel, ZPO, 11. Aufl., § 236 Rn. 4[]
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