Mit der Ausgangskontrolle bei der Telefaxversendung fristgebundener Schriftsätze hatte sich jetzt der Bundesgerichtshof zu befassen.

Anlass hierfür bot ein Verfahren, bei dem die Beschwerdebegründung nicht an das Beschwerdegericht (Oberlandesgericht), sondern an das erstinstanzliche Amtsgericht gefaxt worden war. Auf den vom Oberlandesgericht erteilten Hinweis auf die Fristversäumung hat der Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist beantragt: Die Beschwerdebegründung sei versehentlich an das Amtsgericht gefaxt worden. Mit der Überwachung des Fristablaufes und der Sicherstellung der rechtzeitigen Übermittlung des Schriftsatzes sei in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners die langjährig beschäftigte und äußerst zuverlässige Mitarbeiterin G. betraut worden, die eigens ihren Urlaub unterbrochen habe, um den Fristablauf am 30.12 2013 bearbeiten und überwachen zu können. Der zuvor diktierte Beschwerdebegründungsschriftsatz sei an diesem Tag von der Mitarbeiterin geschrieben und korrekt an das Oberlandesgericht adressiert worden. Die Verfahrensbevollmächtigte habe den ihr vorgelegten Schriftsatz auf inhaltliche Richtigkeit und korrekte Adressenangabe überprüft. Bei der Auswahl der auf dem Schriftsatz vermerkten Telefaxnummer sei der Mitarbeiterin G. ein bislang noch nie vorgekommener Fehler unterlaufen, weil sie versehentlich die Telefaxnummer des Amtsgerichts „aus dem PC gezogen“ habe. Der Sendebericht sei darauf kontrolliert worden, ob sämtliche Seiten korrekt übermittelt worden seien, was der Fall gewesen sei. Der Sendebericht sei daraufhin in der Handakte abgeheftet und der Originalschriftsatz zur Post gegeben worden.
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Beschwerde des Antragsgegners verworfen1. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Hamburger Entscheidung:
Die Beschwerdebegründung ist erst damit nach Ablauf der Frist zur Begründung der Beschwerde bei dem Oberlandesgericht eingegangen. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor, denn der Antragsgegner hat die Beschwerdebegründungsfrist nicht unverschuldet versäumt. Das OLG Hamburg hat, so der Bundesgerichtshof, zutreffend erkannt, dass das Versäumnis jedenfalls auf einem Organisationsverschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten hinsichtlich der gebotenen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze beruht, welches sich der Antragsgegner nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Über- mittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst da- nach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Dabei darf sich die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, z.B. be- reits in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen, sondern der Abgleich hat anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können2.
Das Hanseatische Oberlandesgericht konnte dem Vorbringen des Antragsgegners in seinem Wiedereinsetzungsgesuch und der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin G. lediglich entnehmen, dass der Sendebericht nach erfolgter Absendung des Telefaxes daraufhin zu kontrollieren war, ob sämtliche Seiten korrekt übermittelt worden sind. Die Rechtsbeschwerde macht schon selbst nicht geltend, dass in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners eine darüber hinausgehende organisatorische Regelung bestand, die einen nochmaligen selbständigen Abgleich der im Sendebericht ausgedruckten Telefaxnummer mit einer zuverlässigen Quelle vorsah.
Allerdings kann dem Erfordernis, durch organisatorische Anweisungen Fehler bei der Ermittlung der Telefaxnummer auszuschließen, auch mit einer Anweisung genügt werden, die im Sendebericht ausgedruckte Faxnummer mit der auf dem versendeten Schriftstück niedergelegten Faxnummer zu ver- gleichen, wenn die schriftlich niedergelegte Faxnummer ihrerseits aus einer zuverlässigen Quelle ermittelt worden ist3.
Auch dieser Gesichtspunkt vermag der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, wobei es unentschieden bleiben kann, ob eine „aus dem PC gezogene“ Telefaxnummer ohne nähere Darlegungen generell die Gewähr dafür bietet, aus einer zuverlässigen Ausgangsquelle zu stammen. Denn auch wenn die Telefaxnummer zunächst einer zuverlässigen Quelle entnommen und auf dem Schriftsatz niedergelegt worden ist, ist ein Abgleich zwischen Sendebericht und zuverlässiger Ausgangsquelle nach der Versendung nur dann entbehrlich, wenn darüber hinaus die generelle Anordnung besteht, die erste Ermittlung der auf dem Schriftsatz niedergelegten Telefaxnummer vor der Versendung nochmals auf ihre Richtigkeit zu überprüfen4. Eine solche Büroorganisation in der Kanzlei seiner Verfahrensbevollmächtigten hat der Antragsgegner in seinem Wiedereinsetzungsgesuch nicht dargelegt. Das Vorbringen des Antragsgegners, wonach die Mitarbeiterin G. von seiner Verfahrensbevollmächtigten „mit der Übermittlung des Schriftsatzes per Telefax und der Überwachung des ordnungsgemäßen Sendeberichts beauftragt worden“ sei, rechtfertigt auch nicht die Annahme, dass eine auf Überprüfung der Richtigkeit der auf dem Schriftsatz vermerkten Telefaxnummer zielende Einzelanweisung erteilt worden sein könnte5.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. August 2014 – XII ZB 255/14
- OLG Hamburg, Beschluss vom 25.03.2014 – 12 UF 233/13[↩]
- vgl. BGH Beschlüsse vom 24. Okto- ber 2013 – V ZB 154/12 NJW 2014, 1390 Rn. 8; vom 10.09.2013 – VI ZB 61/12 NJW-RR 2013, 1467 Rn. 7; vom 07.11.2012 – IV ZB 20/12 NJW-RR 2013, 305 Rn. 9; vom 12.05.2010 – IV ZB 18/08 NJW 2010, 2811 Rn. 11; und vom 04.02.2010 – I ZB 3/09 VersR 2011, 1543 Rn. 14, jeweils mit weiteren Nachweisen[↩]
- vgl. BGH Beschlüsse vom 24.10.2013 – V ZB 154/12 NJW 2014, 1390 Rn. 8; und vom 12.05.2010 – IV ZB 18/08 , NJW 2010, 2811 Rn. 14[↩]
- BGH Beschlüsse vom 24.10.2013 – V ZB 154/12 NJW 2014, 1390 Rn. 8; und vom 12.05.2010 – IV ZB 18/08 NJW 2010, 2811 Rn. 14; vgl. auch Toussaint FD-ZVR 2014, 354392[↩]
- vgl. dazu BGH Beschluss vom 04.02.2010 – I ZB 3/09 VersR 2011, 1543 Rn. 16 f.[↩]