Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen; vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis nach § 139 ZPO zu erhalten, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will, insbesondere aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält1.

Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör2.
Rechtliche Hinweise müssen danach den Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es diesen auch tatsächlich möglich ist, vor einer Entscheidung zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können, sie also nicht gehindert werden, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen3.
Ein rechtlicher Hinweis ist hingegen regelmäßig nicht geboten, wenn eine Partei in erster Instanz obsiegt hat, die ihr günstige Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts als zentraler Streitpunkt zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt wird und das Berufungsgericht sich sodann der Ansicht des Berufungsklägers anschließt.
In diesem Fall muss die in erster Instanz erfolgreiche Partei von vornherein damit rechnen, dass das Berufungsgericht anderer Auffassung ist; seine dementsprechende Entscheidung kann im Grundsatz nicht überraschend sein. Das Berufungsgericht hat regelmäßig keinen Anlass zu der Annahme, trotz der in der Berufung zentral geführten Auseinandersetzung über den Streitpunkt bestehe noch Aufklärungsbedarf und müsse der Partei Gelegenheit zu weiterem Vortrag und Beweisantritt gegeben werden4.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Oktober 2016 – IX ZR 305/14