Mit der Abgrenzung zwischen einem Mietvertrag über Geschäftsräume und einem Immobilienleasingvertrag hatte sich aktuell der Bundesgerichtshof zu befassen:

Das Immobilienleasing stellt eine besondere Form des Finanzierungsleasings dar1, um den Erwerb von Grundstücken oder die Errichtung baulicher Anlagen zu finanzieren. Auch für einen Immobilienleasingvertrag ist daher kennzeichnend, dass der Leasinggeber dem Leasingnehmer eine Sache oder eine Sachgesamtheit gegen ein in Raten gezahltes Entgelt zum Gebrauch für eine fest vereinbarte und beim Immobilienleasing regelmäßig lange Vertragslaufzeit überlässt, wobei die Gefahr und Haftung für Instandhaltung, Sachmängel, Untergang und Beschädigung der Sache allein den Leasingnehmer trifft2.
Der Leasingnehmer deckt mit den während der Vertragslaufzeit entrichteten Leasingraten die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten des Leasinggebers, beim Immobilienleasing möglicherweise noch durch ein zusätzlich zu gewährendes Mieterdarlehen, vollständig ab3.
Danach stellte sich für den Bundesgerichtshof im hier entschiedenen Fall der Anlagen-Mietvertrag als ein Immobilienleasingvertrag dar, der zusammen mit den weiteren in dem notariellen Rahmenvertrag enthaltenen vertraglichen Regelungen allein dem Interesse der „Mieterin“ an der Finanzierung des Grundstückserwerbs und der Errichtung des ausschließlich von dieser Gesellschaft genutzten Geschäftsgebäudes dienen sollte.
Dafür spricht schon, dass die ursprünglichen Vertragsparteien den Anlagen-Mietvertrag selbst in dessen Überschrift als Leasingvertrag bezeichnet haben. Auch in der Überschrift des Rahmenvertrags ist von einem „Leasingvertrag mit Bestellung eines Ankaufsrechts“ die Rede. Zwar kann aus der von den Vertragsparteien gewählten Bezeichnung eines Vertrags nicht zwingend auf dessen Rechtsnatur geschlossen werden. Diese ist vielmehr nach seinem gesamten Vertragsinhalt zu bestimmen4. Die gewählte Bezeichnung stellt aber jedenfalls ein Indiz dafür dar, welchen Zweck die Parteien mit dem Vertrag verfolgen wollten5.
Entscheidend ist jedoch, dass sich der Inhalt des Anlagen-Mietvertrags von einem gewöhnlichen Mietvertrag über Geschäftsräume in erheblicher Weise unterscheidet. Bestimmende Kriterien des Mietvertrags sind die Ge- brauchsüberlassung einer Sache gegen Zahlung eines regelmäßig nach Zeitabschnitten bemessenen Mietzinses. Beim Leasingvertrag tritt zu diesen auch für ihn wesentlichen Merkmalen regelmäßig hinzu, dass der Leasinggeber zum Zwecke der Befriedigung eines Investitionsbedarfs des Leasingnehmers das zum Gebrauch zu überlassende Leasinggut beschafft und vorfinanziert6.
Eine Gesamtschau der in dem Anlagen-Mietvertrag getroffenen Regelungen zeigt, dass der Anlagen-Mietvertrag rechtlich als Finanzierungsleasingvertrag zu qualifizieren ist.
So haben die Vertragsparteien in der Anlage 1 zu § 2 des Anlagen- Mietvertrags eine Mietzeit von insgesamt 30 Jahren vereinbart, während der das Mietverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann (§ 13 des Anlagen-Mietvertrags). Die Haftung der Vermieterin für Fehler und Mängel bei der Vertragsdurchführung wird durch § 9 des Anlagen-Mietvertrags auf den Umfang beschränkt, in dem sie von Dritten Ersatz verlangen kann, und im Übrigen ausgeschlossen. Die von der Vermieterin im Rahmen der Abwicklung des Mietvertrags abzuschließenden Verträge bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Mieterin (§ 7 Abs. 2 des Anlagen-Mietvertrags). Bereits damit haben die Parteien in dem Anlagen-Mietvertrag Regelungen getroffen, die für einen Finanzierungsleasingvertrag typisch sind7 und einer am Leitbild der mietrechtlichen Bestimmungen orientierten Inhaltskontrolle teilweise nicht standhalten dürften8.
Insbesondere zeigen die in dem Anlagen-Mietvertrag enthaltenen Regelungen zu den Zahlungspflichten der Mieterin, dass die für die Grundmietzeit vereinbarte Miete nicht nur das Entgelt für eine zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung darstellt, wie es für einen Mietvertrag typisch wäre, sondern damit zugleich die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten der Vermieterin abgedeckt werden sollten. In § 5 Nr. 1 des Anlagen-Mietvertrags haben die Vertragsparteien die Gesamtinvestitionskosten, also alle von der Vermieterin für den Erwerb des Grundstücks, für die Errichtung des Gebäudes und für die Finanzierung des Mietobjekts getätigten aktivierungsfähigen Aufwendungen, zur Bemessungsgrundlage für die von der Mieterin zu leistenden Zahlungen bestimmt. Auf der Grundlage der Gesamtinvestitionskosten und unter Berücksichtigung der steuerlichen Abschreibungen für das Gebäude sowie eines jährlichen Verwaltungskostenbeitrags in Höhe von 0, 25 % der Gesamtinvestitionskosten haben die Vertragsparteien die Jahresmieten festgelegt. Für eine Anpassung der geschuldeten Miete haben die Mietvertragsparteien nicht wie für einen Gewerberaummietvertrag üblich eine Staffelmiete oder eine Wertsicherungsklausel vereinbart. § 4 Nr. 3 b des Anlagen-Mietvertrags ermöglicht der Vermieterin vielmehr, zwölf Monate vor Ablauf der ersten auf 20 Jahre festgesetzten Mietperiode die Gesamtjahresmiete unter Berücksichtigung der dann gegebenen Kapitalmarktverhältnisse, der steuerrechtlich zulässigen Abschreibungen und der Verwaltungskosten neu festzusetzen. Damit wird der Vermieterin die Möglichkeit eingeräumt, bei höheren Aufwendungen für die Refinanzierung der Investitionskosten eine Anpassung der Jahresmiete vorzunehmen, um eine Amortisation ihrer Aufwendungen zu erreichen. Schließlich enthält der Vertrag die Verpflichtung der Mieterin, zur Abgeltung der Kosten der Zwischenfinanzierung an die Vermieterin eine Vormiete zu bezahlen (§ 4 Nr. 2 des Anlagen-Mietvertrags) und der Vermieterin ein Mieterdarlehen zu gewähren (§ 4 Nr. 4 des Anlagen-Mietvertrags).
Damit erfüllt der Anlagen-Mietvertrag die für einen Finanzierungsleasingvertrag kennzeichnenden Merkmale. Er enthält die für einen Leasingvertrag typischen Regelungen zur Sach- und Preisgefahr sowie zur Gewährleistung. Die vertraglichen Zahlungspflichten der Mieterin sind darauf ausgerichtet, dass sich die gesamten Aufwendungen der Vermieterin für das Leasinggut durch die während der Grundmietzeit entrichtete Miete und gegebenenfalls durch die Ausreichung eines Mieterdarlehens vollständig amortisieren.
Unerheblich ist insoweit, dass der Mieterin in dem Anlagen-Mietvertrag kein Ankaufsrecht eingeräumt ist. Denn einerseits ist die Vereinbarung eines Ankaufsrechts des Leasingnehmers oder eines Andienungsrechts des Leasinggebers für einen Leasingvertrag nicht begriffsnotwendig9. Andererseits haben die Vertragsparteien in der Anlage D des Rahmenvertrags der ursprünglichen Mieterin ausdrücklich ein auf das Leasingobjekt bezogenes Ankaufsrecht eingeräumt.
Schließlich können bei der Beurteilung der Rechtsnatur des Anlagen-Mietvertrags auch nicht die weiteren in dem notariellen Rahmenvertrag vom 05.05.1983 enthaltenen Verträge unberücksichtigt bleiben. Der als Anlage A bezeichnete Kaufvertrag, durch den die ehemalige Vermieterin das Grundstück, auf dem das Geschäftshaus errichtet werden sollte, erwarb und der in Anlage C enthaltene Generalübernehmervertrag, mit dem die D. GmbH von der ehemaligen Vermieterin mit der schlüsselfertigen Herstellung des Bürogebäudes beauftragt wurde, zeigen, dass der Zweck des gesamten Vertragswerks allein auf die Realisierung einer Investitionsentscheidung der D. GmbH ausgerichtet war und die ehemalige Vermieterin wie es für einen Leasinggeber typisch ist nur zur Finanzierung des Bauvorhabens eingeschaltet worden ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. November 2014 – XII ZR 120/13
- vgl. BGHZ 106, 304 = NJW 1989, 1279[↩]
- vgl. BGH, Urteil BGHZ 158, 19 = NZM 2004, 340, 342; BGH Urteil vom 11.03.1998 – VIII ZR 205/97 NJW 1998, 1637, 1638 mwN[↩]
- Engel NZM 1998, 785, 788[↩]
- Palandt/Weidenkaff BGB 73. Aufl. Einf. vor § 535 Rn. 15[↩]
- BeckOK BGB/Ehlert [Stand: 1.05.2014] § 535 Rn. 48[↩]
- BGHZ 111, 84 = NJW 1990, 1785, 1787 f.[↩]
- vgl. hierzu Staudinger/Stoffels BGB [2014] Leasing Rn. 12[↩]
- vgl. Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 1751[↩]
- vgl. BGH, Urteil BGHZ 158, 19 = NZM 2004, 340, 342[↩]
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