Gewährleistungsfristen im Gebrauchtwagenhandel

Die gesetzliche Verjährungsfrist kann durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Zentralverbandes des Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) nicht wirksam verkürzt werden.

Gewährleistungsfristen im Gebrauchtwagenhandel

In dem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall erwarb die Käuferin beim beklagten Autohändler einen gebrauchten Pkw, an dem aufgrund von Produktionsfehlern Korrosionsschäden auftraten. Mit ihrer Klage verlangt sie die Kosten für eine Beseitigung dieser Schäden. Dem Kaufvertrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Autohändlers zugrunde, die der „Unverbindlichen Empfehlung des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK)“ mit Stand 3/2008 entsprechen. Sie lauten auszugsweise wie folgt:

VI. Sachmangel

  1. Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden.

[…]

  1. Abschnitt VI Sachmangel gilt nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt VII Haftung.

VII. Haftung

  1. Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt:

    Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, etwa solcher, die der Kaufvertrag dem Verkäufer nach seinem Inhalt und Zweck gerade auferlegen will oder deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Käufer regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Diese Haftung ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt.

[…]

  1. Die Haftungsbegrenzungen dieses Abschnitts gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Amtsgericht Waldshut-Tiengen hat der auf Zahlung von 2.158,73 € (Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer) gerichteten Klage stattgegeben1. Auf die Berufung des Autohändlers hat das Landgericht Waldshut-Tiengen2 die Klage abgewiesen. Die vom Landgericht Waldshut-Tiengen zugelassene Revision hatte vor dem Bundesgerichtshof Erfolg und führte zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils:

Die Verjährungsverkürzung gemäß Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB*) unwirksam, entschied der Bundesgerichtshof, und der Autohändler ist deshalb wegen Verletzung seiner Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB*) zur Zahlung des von der Käuferin begehrten Schadensersatzes verpflichtet.

Ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Kunde kann den – widersprüchlichen – Regelungen in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 und VI Nr. 5, VII nämlich nicht entnehmen, ob er Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung bereits nach einem Jahr oder aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren nicht mehr geltend machen kann.

Denn einerseits sollen nach Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ansprüche wegen Sachmängeln nach einem Jahr verjähren. Danach darf der Verkäufer nach Ablauf dieser Zeit die Nacherfüllung wegen eines Sachmangels verweigern, so dass auch für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht kein Raum mehr wäre. Andererseits ergibt sich aus den Regelungen des Abschnitts VI Nr. 5 und VII, dass für sämtliche Schadensersatzansprüche die Verjährungsfrist nicht verkürzt ist und die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren gilt. Danach kann der Käufer einen Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr mit Erfolg geltend machen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geben somit – aus der maßgeblichen Sicht des Kunden – keine eindeutige Antwort darauf, binnen welcher Frist er vom Verkäufer Schadensersatz wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht verlangen kann.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. April 2015 – VIII ZR 104/14

  1. AG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 26.07.2013 – 7 C 308/12[]
  2. LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 13.03.2014 – 2 S 34/13[]

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