Die auf Gläubigeranfechtung gestützte Zahlungsklage hemmt die Verjährung auch bezüglich eines alternativ gegebenen, auf Zahlung gerichteten Bereicherungsanspruchs, wenn dessen Voraussetzungen mit dem Sachvortrag der Klage dargelegt sind.

Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung unter anderem durch die Erhebung der Klage auf Leistung gehemmt. Der Umfang der Hemmung wird grundsätzlich durch den Streitgegenstand der Klage bestimmt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hemmt die Erhebung der Klage die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch1. Der prozessuale Anspruch wird durch den vom Kläger gestellten Antrag und durch den zur Begründung des Antrags vorgetragenen Sachverhalt bestimmt2. Auf die rechtliche Begründung des Klägers kommt es nicht an. Die Hemmungswirkung erfasst alle materiellrechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem vorgetragenen Lebenssachverhalt herleiten lassen3. Soweit der zur Begründung einer Anfechtungsklage vorgetragene Sachverhalt zugleich das Eingreifen weiterer Anspruchsgrundlagen, beispielsweise nach § 812 oder § 826 BGB, rechtfertigt, gehören auch diese mit zum Streitgegenstand4.
Nach diesen Grundsätzen ist die Verjährungsfrist durch die Erhebung der vorliegenden Klage nicht nur hinsichtlich eines Anspruchs nach dem Anfechtungsgesetz, sondern auch hinsichtlich eines Herausgabeanspruchs wegen ungerechtfertigter Bereicherung gehemmt worden. Zwar war die Klage ausdrücklich als Anfechtungsklage bezeichnet, und auch der in der Klageschrift angekündigte Antrag, den Beklagten wegen der Forderung des Klägers aus dem gegen W. Z. erwirkten Urteil zur Zahlung zu verurteilen, sprach dafür, dass mit der Klage die sich aus dem Anfechtungsgesetz ergebenden Rechte geltend gemacht werden sollten. Zur Begründung seines Zahlungsantrags hat der Kläger aber bereits in der Klageschrift vorgetragen, W. Z. habe am 25.02.2005 auf der Grundlage einer von Y. L. erteilten Vollmacht und der von ihr unterzeichneten Verfügung vom 10.12 2003 unter anderem den streitgegenständlichen Geldbetrag von einem Konto der Y. L. abgehoben und ihn an den Beklagten weitergegeben. Der Formmangel des Schenkungsversprechens sei dabei nicht durch einen wirksamen Vollzug geheilt worden.
Aus diesem Sachverhalt lässt sich ein Zahlungsanspruch sowohl unter dem Gesichtspunkt der §§ 4, 11 AnfG wie auch der ungerechtfertigten Bereicherung herleiten. Der Anspruch nach dem Anfechtungsgesetz setzt voraus, dass der Titelschuldner – hier W. Z. – einem Dritten aus seinem Vermögen eine unentgeltliche Leistung zugewandt hat. Nicht erforderlich ist, dass der Kläger die Anfechtung ausdrücklich erklärt oder sich auch nur auf diese Rechtsgrundlage beruft5. Für den Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung ist – neben dem fehlenden Rechtsgrund – entscheidend, ob der Beklagte den Geldbetrag aus dem Vermögen der Y. L. erhalten hat, sei es durch eine Leistung oder auf sonstige Weise. Beide Ansprüche stehen insoweit in einem Verhältnis der Alternativität, als der Anfechtungsanspruch gegeben ist, wenn W. Z. als Erstempfänger des Geldes in eigenem Namen auftrat mit der Folge, dass der Geldbetrag zunächst in sein Vermögen gelangte, während der Bereicherungsanspruch eingreift, wenn W. Z. als Vertreter der Y. L. über deren Vermögen verfügte. Zur mithin entscheidenden Frage, ob W. Z. für sich selbst oder für Y. L. handelte, ist dem in der Klageschrift vorgetragenen Sachverhalt nichts zu entnehmen. Deshalb gehört zu dem vorgetragenen Lebenssachverhalt sowohl die Möglichkeit, dass der Geldbetrag zunächst in das Vermögen des W. Z. gelangte, als auch dass der Beklagte den Geldbetrag unmittelbar aus dem Vermögen der Y. L. erwarb. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts, wonach eine Hemmung der Verjährung nicht eingetreten sei, weil der Kläger noch nicht in der Klageschrift, sondern erst mit der Berufungserwiderung seinen Anspruch auch auf § 812 BGB gestützt habe, verkennt, dass es für die Bestimmung des prozessualen Anspruchs allein auf den vorgetragenen Lebenssachverhalt ankommt und nicht darauf, wie der Kläger den von ihm vorgetragenen Lebenssachverhalt rechtlich beurteilt hat.
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.09.20086 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Soweit dort angenommen wurde, der erstmals im Revisionsverfahren verfolgte Bereicherungsanspruch stelle gegenüber dem zunächst erhobenen insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch einen neuen prozessualen Anspruch dar, beruhte dies darauf, dass ein Anspruch nach § 816 Abs. 2 BGB geltend gemacht wurde, der eine besondere, in den Tatsacheninstanzen nicht behauptete Genehmigung voraussetzte. Die erforderliche Genehmigung konnte nur in der Revisionsbegründung gesehen werden. Es wurde deshalb mit der Revision ein neuer Sachverhalt behauptet, der zuvor nicht eingeführt worden war. Anders verhält es sich im Streitfall. Hier steht ein Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Rede, dessen Voraussetzungen von dem in der Klageschrift unterbreiteten Sachverhalt mitumfasst sind.
Der Annahme eines einheitlichen Streitgegenstands lässt sich auch nicht entgegenhalten, der Bereicherungsanspruch diene einem anderen Interesse als der Anfechtungsanspruch7. Wird, wie hier, die Anfechtbarkeit einer Zahlung nach den Bestimmungen des Anfechtungsgesetzes geltend gemacht, soll die Folge der mit der Zahlung verbundenen Vermögensverschiebung beseitigt und ein entsprechender Geldbetrag aus dem Vermögen des Anfechtungsgegners demjenigen des anfechtenden Gläubigers zugeführt werden. Ein entsprechendes Ziel verfolgt der Bereicherungsanspruch, wenn sich der Vermögenserwerb des Anfechtungsgegners als eine unmittelbar aus dem Vermögen des Anfechtenden oder seines Rechtsvorgängers rechtsgrundlos erlangte Zuwendung erweist. Beide materiellrechtlichen Ansprüche dienen im Streitfall dem einen Interesse des Klägers, den Vermögenswert, den die ursprünglich Berechtigte Y. L. durch das Handeln des W. Z. an den Beklagten verloren hatte, in das Vermögen des Klägers als Erbe der Y. L. zurückzuführen.
Der Regelung des § 204 BGB liegt das Prinzip zugrunde, dass die Verjährung durch eine aktive Rechtsverfolgung des Gläubigers gehemmt wird, die einen auf die Durchsetzung seines Anspruchs gerichteten Willen für den Schuldner erkennbar macht; der Gläubiger muss dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so klar machen, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch nach Ablauf der (ursprünglichen) Verjährungszeit in Anspruch genommen zu werden. Entscheidend ist mithin, ob die konkrete Maßnahme der Rechtsverfolgung die geforderte Warnfunktion erfüllt. Der Anspruchsgegner muss erkennen können, „worum es geht“8. Dies war hier der Fall. Die Klage machte dem Beklagten klar, dass die Zuwendung, die er am 25.02.2005 letztlich aus dem Vermögen der Y. L. erhalten hatte, rückgängig gemacht werden sollte, sei es mittels der Gläubigeranfechtung, sei es mittels eines Bereicherungsanspruchs.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. Oktober 2015 – IX ZR 222/13
- BGH, Urteil vom 04.05.2005 – VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005 mwN[↩]
- etwa BGH, Urteil vom 03.04.2003 – I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f; vom 13.09.2012 – I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 18[↩]
- BGH, Urteil vom 04.07.1983 – II ZR 235/82, NJW 1983, 2813; vom 17.10.1995 – VI ZR 246/94, NJW 1996, 117, 118; vom 18.07.2000 – X ZR 62/98, NJW 2000, 3492, 3493[↩]
- MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 13 Rn. 44[↩]
- BGH, Urteil vom 29.04.1986 – IX ZR 163/85, BGHZ 98, 6, 9; vom 20.03.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140, 149 f; vom 13.05.2004 – IX ZR 128/01, ZIP 2004, 1370, 1371[↩]
- BGH, Beschluss vom 16.09.2008 – IX ZR 172/07, NJW 2008, 3570[↩]
- zur Bedeutung eines beanspruchten Interesses bei der Bestimmung des Streitgegenstands vgl. Althammer, Streitgegenstand und Interesse, S. 265 ff[↩]
- BGH, Urteil vom 18.06.2015 – III ZR 198/14, WM 2015, 1319 Rn. 18[↩]