Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs1 werden vom Anwendungsbereich der Regelung in § 688 Abs. 2 Nr. 2, § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht nur die Fälle des Zurückbehaltungsrechts nach §§ 273, 320 BGB erfasst, sondern sämtliche Ansprüche, die Zug um Zug zu erfüllen sind, also auch der Anspruch auf den sogenannten „großen“ Schadensersatz, bei dem Ersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe eines vom Geschädigten durch das schädigende Ereignis adäquat kausal erlangten Vorteils beansprucht werden darf2.

Die demnach § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO widerstreitende Geltendmachung des „großen“ Schadensersatzes stellt, wenn der Antragsteller entgegen § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bewusst falsche Angaben macht, einen Missbrauch des Mahnverfahrens dar, der es dem Antragsteller nach § 242 BGB grundsätzlich verwehrt, sich auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids zu berufen3.
Das im Anwaltsschreiben unterbreitete Angebot der Übertragung der Rechte und Pflichten aus der Gesellschaftsbeteiligung der Klägerin genügt für die Erbringung der Gegenleistung nicht. Hierfür bedarf es der Übertragung der Rechte aus den Beteiligungen selbst. Ein durch das Angebot der Klägerin etwa begründeter Annahmeverzug der Beklagten lässt die das Mahnverfahren sperrende Abhängigkeit der geforderten Leistung von einer noch zu erbringenden Gegenleistung unberührt4. Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es in Fällen, in denen die Kapitalanlage in der Rechtsposition als Treuhandkommanditist besteht (mittelbare Beteiligung), genügt, wenn der Geschädigte im Rahmen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs als Zug um Zug zu gewährende Leistung die Abtretung sämtlicher Rechte aus der Beteiligung bzw. dem Treuhandvertrag anbietet5. Denn damit ist nur gesagt, welche Gegenleistung der Anleger Zug um Zug gegen Schadensersatz anbieten muss, nicht aber, dass mit dem Angebot bereits die von ihm geschuldete Gegenleistung erbracht wäre; sonst würde es der – auch von der Klägerin selbst vorgenommenen – Einschränkung des Anspruchs auf Leistung Zug um Zug gar nicht mehr bedürfen.
Den „kleinen“ Schadensersatz (Differenzschaden) macht die Klägerin im hier entschiedenen Fall nicht geltend, weshalb die Frage, ob es dem Anleger nur insoweit verwehrt sei, sich auf die verjährungshemmende Wirkung des Mahnbescheids zu berufen, als die im Mahnverfahren geltend gemachte Forderung den „kleinen“ Schadensersatz übersteige, im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich ist. Abgesehen davon ist es dem Gläubiger im Regelfall nach § 242 BGB auch verwehrt, sich auf eine Hemmung der Verjährung in Höhe (wenigstens) des „kleinen“ Schadensersatzes zu berufen, wenn er im Mahnverfahren als Antragsteller in Kenntnis der Vorgaben in § 688 Abs. 2 Nr. 2, § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bewusst falsche Angaben macht, indem er, obwohl er zum Vorteilsausgleich noch verpflichtet ist, erklärt, die von ihm geforderte Leistung in Höhe des „großen“ Schadensersatzes sei von einer Gegenleistung nicht abhängig oder die Gegenleistung sei erbracht6.
Nach diesen Grundsätzen darf sich die Klägerin, die den großen Schadensersatz per Mahnbescheid geltend gemacht hat, gemäß § 242 BGB nicht auf die verjährungshemmende Wirkung des Mahnbescheids berufen, so dass vorleigend etwaige Ansprüche gegen die Beklagte wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist (§ 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB) verjährt sind (§ 214 Abs. 1 BGB). Die Klägerin muss sich insoweit das Verhalten ihrer vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 166 BGB, § 85 Abs. 2 ZPO), die in ihrem Mahnantrag bewusst wahrheitswidrig angeben ließ, dass ihre Gegenleistung erbracht sei.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. August 2015 – III ZR 65/15
- BGH, Urteile vom 23.06.2015 – XI ZR 536/14, WM 2015, 1461; und vom 16.07.2015 – III ZR 238/14, WM 2015, 1559[↩]
- BGH, Urteil vom 23.06.2015, aaO S. 1463 Rn. 21 ff und BGH, Urteil vom 16.07.2015, aaO S. 1561 Rn. 21 f, jeweils mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 23.06.2015, aaO Rn. 24 ff und BGH, Urteil vom 16.07.2015, aaO S. 1562 Rn. 23, jeweils mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2015, aaO S. 1461 f Rn.20 mwN und BGH, Urteil vom 16.07.2015, aaO S. 1561 Rn.20 mwN; vgl. auch S. 1562 Rn. 25[↩]
- BGH, Urteil vom 10.07.2012 – XI ZR 272/10, NJW 2012, 2951, 2952 Rn. 11; Beschlüsse vom 20.12.2011 – XI ZR 295/11, BKR 2013, 158 Rn. 1; und vom 06.07.2010 – XI ZB 40/09, NJW-RR 2010, 1295, 1296 Rn. 14; Urteil vom 07.12.2009 – II ZR 15/08, NJW 2010, 1077, 1080 Rn. 29[↩]
- BGH, Urteil vom 23.06.2015, aaO S. 1464 Rn. 34 und BGH, Urteil vom 16.07.2015, aaO S. 1562 Rn. 30[↩]