Die Gebührenbefreiung der Nr. 14110 Z. 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2 GNotKG-KV begünstigt auch die Eintragung eines Erben des eingetragenen Eigentümers, dessen Erwerb erfolgt ist durch die Ausübung eines erbvertraglich eingeräumten Übernahmerechts, Abschluss eines Übernahmevertrags zwischen sämtlichen Erben einschließlich Auflassung, Eintragungsbewilligung und -antrag.

Während in § 60 Abs. 4 KostO geregelt war, dass die Gebühren nach den Abs. 1-3 nicht erhoben werden bei Eintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird, hat der Gesetzgeber die hier zur Anwendung kommende Gebührennorm Nr. 14110 GNotKG-KV abgeändert:
„Eintragung
- eines Eigentümers oder von Miteigentümern oder
- von den Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Wege der Grundbuchberichtigung 1, 0
I 1 Die Gebühr wird nicht für die Eintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers oder von Erben des Gesellschafters bürgerlichen Rechts erhoben, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird. 2 Dies gilt auch, wenn die Erben erst infolge einer Erbauseinandersetzung eingetragen werden.
II ….“
Im Gesetzentwurf der Bundesregierung1 ist hierzu ausgeführt:„Abs. 1 der Anm. übernimmt die in § 60 Abs. 4 KostO enthaltene Privilegierung für die Eintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers und erweitert diese um Erben des Gesellschafters bürgerlichen Rechts… Die Grundbuchberichtigung dient dem öffentlichen Interesse an der Richtigkeit der Grundbücher. S. 2 der Anm. ist neu und soll die umstrittene Frage, ob Erben, die infolge einer Erbauseinandersetzung im Grundbuch eingetragen werden, noch an der Gebührenvergünstigung teilnehmen2, positiv entscheiden. Durch diese Vergünstigung soll die zeitnahe Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften gefördert werden, um die Perpetuierung im Grundbuch möglichst zu vermeiden. Andernfalls kann es bereits nach wenigen aufeinanderfolgenden Erbfällen zu höchst unübersichtlichen Grundbüchern kommen, deren Bereinigung oftmals auch erhebliche materiell-rechtliche Schwierigkeiten nach sich ziehen kann.“
Bei der erforderlichen Subsumtion unter die Gebührennorm der Nr. 14110 GNotKG ist vorliegend festzustellen, dass es sich um die Eintragung eines Erben des eingetragenen Eigentümers handelt, allerdings nicht im Wege der Grundbuchberichtigung, sondern nach Ausübung des erbvertraglich eingeräumten Übernahmerechts, Abschluss eines Übernahmevertrages zwischen sämtlichen Erben einschließlich Auflassung, Eintragungsbewilligung und -antrag.
Nachdem dieser auch binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht worden ist, verbleibt ausschließlich die Problematik, ob das vom Erblasser eingeräumte und von sämtlichen Erben vollzogene Übernahmerecht bezüglich eines Nachlassgegenstandes, des streitgegenständlichen Grundstücks, unter den Begriff der Erb-auseinandersetzung fällt.
Denn der Erwerb aufgrund Erbauseinandersetzung ist gebührenfrei. Voraussetzung ist – wie vorliegend erfüllt, dass an der Auseinandersetzung ausschließlich Erben beteiligt sind. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, der auf die Eintragung „der Erben“ im Wege der Erbauseinandersetzung abstellt. Unerheblich ist, auf welchem Weg die Erbauseinandersetzung erfolgt. Privilegiert sind sowohl die dingliche Übertragung des Grundstücks selbst durch Auflassung und Eintragung3 als auch die Auseinandersetzung durch Übertragung des Erbteils (§ 2033 BGB) und die formlose Abschichtungsvereinbarung aller Erben4.
Vorliegend hat der Erblasser selbst in dem notariellen Erbvertrag eine Anordnung für die Auseinandersetzung gemäß § 2048 BGB getroffen, indem er einem Miterben, dem Kostenschuldner, das Recht eingeräumt hat, einen Nachlassgegenstand, das streitgegenständliche Grundstück, unter Anrechnung eines bestimmten bzw. eines zu bestimmenden Wertes zu übernehmen.
Ein solches Übernahmerecht verpflichtet den Miterben nicht zur Übernahme des zugewiesenen Gegenstands, sondern es steht ihm nach der Erblasseranordnung frei, diesen gegen Wertausgleich zu übernehmen. Er hat ein Gestaltungsrecht in Form eines Übernahmerechts. Der Anspruch auf Übertragung zum Übernahmepreis entsteht erst durch seine Erklärung; vom Übernahmerecht Gebrauch machen zu wollen5.
Ob dieses Übernahmerecht eine Teilungsanordnung (ohne Begünstigungswillen des Erblassers) beinhaltet oder ein Vorausvermächtnis zu Gunsten eines Miterben, um diesem einen Vermögensvorteil gegenüber den anderen Miterben einzuräumen6, bedarf im Grundbuchverfahren und dem sich hieraus ergebenden Kostenansatz keiner Entscheidung. Denn auch beim Vorliegen eines Vorausvermächtnisses (§ 2150 BGB) wird der Miterbe nicht zu einem bloßen Vermächtnisnehmer, der schon begrifflich kein Erbe ist, sondern er behält seine Erbenstellung, die Voraussetzung für die Gebührenfreiheit nach Nr. 14110 GNotKG-KV ist7.
Unerheblich ist dabei, dass ihm das Vermächtnis auch verbleiben würde, wenn er das Erbe ausschlägt – wie hier gerade nicht. Dann würde die Gebührenbefreiung allein schon am Verlust der Erbenstellung scheitern.
Die letztwillige Anordnung des Übernahmerechts durch den Erblasser beinhaltet danach aber zweifellos die Anordnung einer Erbauseinandersetzung gemäß § 2048 BGB und erfüllt damit die Gebührenprivilegierung der Nr. 14110 GNotKG-KV.
Dass durch die Ausübung des Übernahmerechts lediglich eine Teilauseinandersetzung stattgefunden hat und die Erbengemeinschaft bezüglich des verbleibenden Nachlasses bestehen bleibt, steht der Gebührenfreiheit nicht entgegen, da die Erbauseinandersetzung bezüglich des durch ein Übernahmerecht zugewiesenen Grundstücks bei dessen Ausübung und Vollzug endgültig abgeschlossen ist und von dem Fortbestehen der Erbengemeinschaft hinsichtlich des weiteren Nachlasses nicht berührt wird, so dass der gesetzgeberische Zweck der Begünstigung zur Verhinderung der Perpetuierung von Erbengemeinschaften bezogen auf das hier allein betroffene Grundbuchrecht nicht als verfehlt angesehen werden kann8.
Demzufolge nimmt der Kostenschuldner zu Recht die Gebührenbefreiung der Nr. 14110 Z. 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2 GNotKG-KV in Anspruch und auf seine Beschwerde waren die Erinnerungsentscheidung des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt und der Kostenansatz des Grundbuchamts Stuttgart-Feuerbach bezüglich der Eigentumsänderung in Höhe von 535 EUR abzuändern bzw. aufzuheben.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 8 W 255/15
- BT-Drs. 17/11471, Seite 206[↩]
- vgl. dazu Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Auflage, § 60 Rnrn. 59, 60[↩]
- Auseinandersetzungsvertrag/Teilungsanordnung mit Auflassung, §§ 2042, 2048, 925 BGB[↩]
- Böhringer BWNotZ 2014, 17 ff.; Gutfried in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2014, Nr. 14110 GNotKG-KV Rn. 22-23; Heyl in Korintenberg, GNotKG, 19. Auflage 2015, Nr. 14110 GNotKG-KV Rn. 44-46; Drempetic in Fackelmann/Heinemann, GNotKG, 1. Auflage 2013, Nr. 14110 GNotKG-KV Rn. 23; Schulz in Renner/Otto/Heinze, GNotKG, 2013, Nr. 14110 GNotKG-KV Rn. 12; je m.w.N.[↩]
- Ann in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 2048 BGB Rn. 7 und 10; Lohmann in Beck’scher online-Kommentar BGB, Hrsg. Bamberger/Roth, Stand 1.11.2014, § 2048 BGB Rn. 2; Hoeren in Schulze u.a., BGB, 8. Auflage 2014, § 2048 BGB Rn. 1 ff.; Werner in Staudinger, BGB, 2010, § 2048 BGB Rn. 6 ff.; Weidlich in Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, § 2048 BGB Rn. 9; je m.w.N.[↩]
- Hoeren in Schulze u.a., a.a.O., § 2048 BGB Rn. 3 ff.; Stürner in Jauernig, BGB, 15. Auflage 2014, Rn. 4; Ann in Staudinger, a.a.O., § 2048 BGB Rn. 6 ff.; BGHZ 36, 115; BGH MDR 1962, 470; BGH FamRZ 1987, 475; je m.w.N.[↩]
- Heyl in Korintenberg, a.a.O., Nr. 14110 GNotKG-KV Rn. 42, m.w.N.[↩]
- vgl. zur Problematik: Heyl in Korintenberg, a.a.O., Nr. 14110 GNotKG-KV Rn. 47[↩]