Grundstücksverkauf zwischen zwei Verwaltungsträgern

An der privatrechtlichen Natur eines Grundstückskaufvertrags ändert sich nicht dadurch etwas, dass auf beiden Seiten Träger öffentlicher Verwaltung beteiligt sind und der Verkäufer mit der Gewährung eines Preisnachlasses einen öffentlichen Zweck verfolgt. Für Streitigkeiten aus einem solchen Vertrag ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben, da es sich um eine bürgerliche Streitigkeit gemäß § 13 GVG handelt.

Grundstücksverkauf zwischen zwei Verwaltungsträgern

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn eine gesetzliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Natur eines durch Vertrag begründeten Rechtsverhältnisses bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist1. Für die Zuordnung ist maßgeblich, ob die Vereinbarungen mit ihrem Schwerpunkt öffentlich- oder privatrechtlich ausgestaltet sind und welcher Teil dem Vertrag das entscheidende Gepräge gibt2.

Der Schwerpunkt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ist dem Zivilrecht zuzuordnen3.

Der Vertrag ist seinem wesentlichen Inhalt nach auf die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück der Klägerin gegen Zahlung des vereinbarten Kaufpreises gerichtet und damit ein Grundstückskaufvertrag, der dem Zivilrecht (§ 433, § 311b Abs. 1 BGB) zuzurechnen ist. An der privatrechtlichen Natur ändert sich auch dann nichts, wenn auf einer oder beiden Seiten Träger öffentlicher Verwaltung beteiligt sind4. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erhält der Grundstückskaufvertrag dadurch, dass der erwerbende Verwaltungsträger – was regelmäßig der Fall sein wird – das Grundstück für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben nutzen will, nicht einen öffentlichrechtlichen Charakter. Denn die fiskalische Beschaffung der erforderlichen Mittel für die Aufgabenerfüllung vollzieht sich grundsätzlich nach den Regeln des Privatrechts5.

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Der Umstand, dass zu dem Grundstückskauf ein weiterer Regelungsgegenstand in Form des Verbilligungsabschlags hinzutritt, mit dessen Gewährung die Klägerin den öffentlichen Zweck verfolgte, dem beklagten Land zu einer angemessenen Ausstattung an Grundstücken für unmittelbare Verwaltungszwecke zu verhelfen, führt nicht dazu, dass der Grundstückskaufvertrag als öffentlichrechtlich anzusehen wäre. Die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in der Gestaltungsform des Privatrechts hat zwar zur Folge, dass die Normen des Privatrechts durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert werden können6. Solche, auch von den ordentlichen Gerichten zu berücksichtigende7, öffentlich-rechtlichen Bindungen ändern aber nichts an der Rechtsnatur des von den Parteien geschlossenen Grundstückskaufvertrages als privatrechtlichem Vertrag.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. September 2012 – V ZB 86/12

  1. GmS-OBG, Beschluss vom 10.04.1986 – GmS-OBG 1/85, BGHZ 97, 312, 314 mwN[]
  2. BGH, Beschluss vom 27.01.2005 – III ZB 47/04, BGHZ 162, 78, 80 f; BGH, Beschluss vom 06.07.2000 – V ZB 50/99, WM 2000, 2118, 2119; BGH, Urteil vom 12.11.1991 – KZR 22/90, BGHZ 116, 339, 342; BVerwGE 92, 56, 59; BVerwGE 22, 138, 140[]
  3. zu ähnlichen Verträgen vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2009 – V ZR 63/09, NVwZ 2010, 531 Rn. 9; Urteil vom 21.07.2006 – V ZR 158/05, WM 2006, 2101 Rn. 22; für einen Verbilligungsabschlag im Rahmen sog. „Einheimischenmodelle“: Urteil vom 29.11.2002 – V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 96 f. mwN; BVerwGE 92, 56, 58 f.[]
  4. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl., § 14 Rn. 10; Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 132; vgl. auch BGH, Beschluss vom 02.10.2003 – V ZB 8/03, NJW-RR 2004, 142, 143[]
  5. GmS-OBG, Beschluss vom 10.04.1986 – GmS-OBG 1/85, BGHZ 97, 312, 315 f. mwN; Kissel/Mayer, GVG, 5. Aufl., § 13 Rn. 62 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 40 Rn. 25b; Schlette, aaO S. 149[]
  6. BGH, Urteil vom 06.11.2009 – V ZR 63/09, NVwZ 2010, 531, 532; BGH, Urteil vom 07.02.1985 – III ZR 179/83, BGHZ 93, 372, 381[]
  7. BGH, Urteil vom 16.04.2010 – V ZR 175/09, NJW 2010, 3505, 3506 mwN[]
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Beweiswürdigung durch den Sachverständigen