In den Schutzbereich der nach § 1 Abs. 2 GVO bestehenden, der Sicherung des Unterlassungsanspruchs nach § 3 Abs. 3 VermG dienenden Amtspflicht, eine Grundstücksverkehrsgenehmigung (nur) unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen zu erteilen, ist nur der materiell restitutionsberechtigte Antragsteller einbezogen.

Die Grundstücksverkehrsgenehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung dient der Sicherung des Unterlassungsanspruchs aus § 3 Abs. 3 VermG und damit der Sicherung eines öffentlichrechtlichen Restitutionsanspruchs1. Zu diesem Zweck gelten das Gebot des § 3 Abs. 3 VermG, den Restitutionsanspruch nachhaltig beeinträchtigende Rechtshandlungen (insbesondere Veräußerung des Vermögenswerts und Einräumung dinglicher Rechte) zu unterlassen, und das Verbot der Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung nach § 1 GVO bereits dann, wenn – nicht offensichtlich unbegründete (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 GVO) – Restitutionsansprüche angemeldet worden sind, die noch zu prüfen sind und deren Berechtigung daher noch nicht feststeht. Auf die sachliche Begründetheit des angemeldeten Anspruchs kommt es insofern nicht an2. Würde das Unterlassungsgebot erst gelten, wenn der Restitutionsanspruch des Antragstellers feststeht, könnte dies in zahlreichen Fällen zu spät und das Recht des Restitutionsberechtigten nachhaltig beeinträchtigt sein.
Aus dem unabhängig von der materiellen Berechtigung des Antragstellers zeitlich schon mit dem Restitutionsantrag einsetzenden Unterlassungsgebot nach § 3 Abs. 3 VermG – und dem seiner Sicherung dienenden Erfordernis einer Grundstücksverkehrsgenehmigung – folgt indes nicht, dass jeder Antragsteller, dessen angemeldeter Restitutionsanspruch nicht offensichtlich unbegründet ist, unabhängig von seiner materiellen Restitutionsberechtigung in den Schutzbereich von § 3 Abs. 3 VermG und der Grundstücksverkehrsordnung einbezogen ist.
Sinn und Zweck des Unterlassungsgebots nach § 3 Abs. 3 VermG ist es, die Position des restitutionsberechtigten Antragstellers möglichst wirkungsvoll zu schützen3. Ziel ist mithin der Schutz des Restitutionsberechtigten und seines Anspruchs4, nicht hingegen, einen nicht restitutionsberechtigten Antragsteller zu schützen. Zwar löst auch der Antrag des letzteren, soweit er nicht offensichtlich unbegründet ist, das Unterlassungsgebot aus und verhindert auch sein Antrag die Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung. Daraus folgt jedoch nicht die Einbeziehung seiner – außerhalb des Vermögensgesetzes und von Restitutionsansprüchen liegenden – Vermögensinteressen in den Schutzbereich des § 3 Abs. 3 VermG und der Grundstücksverkehrsordnung.
Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Dresden5 – auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.07.20126. Diese betrifft lediglich die Mitteilungspflicht nach § 31 Abs. 2 Satz 1 VermG der nach §§ 24, 25 VermG zuständigen Behörden, die (bereits) durch einen Restitutionsantrag nach § 30 VermG ausgelöst wird und nicht die Berechtigung des Antrags zur Voraussetzung hat. Die vom OLG Dresden herangezogene Textstelle der BGH-Entscheidung betraf dementsprechend nur die – in der unterbliebenen Mitteilung nach § 31 Abs. 2 Satz 1 VermG liegende – Amtspflichtverletzung und nicht den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht. Letzterer war zweifelsfrei betroffen, da dem dortigen Kläger ein Restitutionsanspruch zustand7. Das Oberlandesgericht Dresden hat die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zu einer Amtspflichtverletzung mithin im Sinne einer Aussage zum Schutzbereich von § 31 Abs. 2 Satz 1 VermG missverstanden.
Auch ergibt sich aus dem Urteil des V. Zivilsenats vom 15.04.19948 nicht, dass § 1 Abs. 2 GVO jeden schützt, der einen – nicht offensichtlich unbegründeten – Restitutionsantrag gestellt hat. Die Entscheidung des V. Zivilsenats betrifft allein die Voraussetzungen von § 3 Abs. 3 VermG und § 1 Abs. 2 GVO, nicht hingegen den Schutzbereich dieser Normen. Aus ihr folgt nicht, dass derjenige, der durch die Stellung eines nicht offensichtlich unbegründeten Antrags die Wirkungen der vorgenannten Normen auslöst, bereits in Folge seiner formalen Rechtsposition in deren Schutzbereich einbezogen ist. Der faktische Schutz, den auch der nicht restitutionsberechtigte Antragsteller bis zur Entscheidung über seinen Antrag genießt, ist vielmehr nur ein „Reflex“ und eine notwendige Folge der Gesetzessystematik, die – vorübergehend – auch den Nichtberechtigten faktisch schützen muss, um einen wirkungsvollen Schutz des Berechtigten zu erreichen.
Eine Einbeziehung des Antragstellers in den Schutzbereich der vorgenannten Normen käme zwar in Betracht, wenn der Schutzbereich auch auf das betreffende Grundstück bezogene Ansprüche – etwa solche eines Erben – außerhalb des Vermögens- und Restitutionsrechts umfassen würde. Hiervon kann indes nicht ausgegangen werden. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GVO setzt zur Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung das Fehlen eines Antrags nach § 30 Abs. 1 VermG beziehungsweise die bestandskräftige Ablehnung eines solchen Antrags oder seine Rücknahme voraus. Das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG ist an das Vorliegen eines Antrags nach § 30 VermG geknüpft. Daraus wird der besondere, auf Restitutionsberechtigte begrenzte Schutzzweck dieser beiden Normen deutlich. Er umfasst die – materielle – Rechtsposition des Klägers nur, wenn und soweit sie durch das Vermögensgesetz geschützt wird.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. November 2014 – III ZR 494/13
- vgl. Entwurf des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes, BT-Drs. 12/5553 S. 156; BVerwGE 143, 1 Rn. 18; OVG Berlin, VIZ 1997, 655, 656 mwN; OVG Frankfurt an der Oder, VIZ 2002, 40, 42[↩]
- BGH, Urteil vom 15.04.1994 – V ZR 79/93, BGHZ 126, 1, 9[↩]
- BGH, Urteile vom 17.06.2004 – III ZR 335/03, VersR 2005, 1732; und vom 24.02.2011 – III ZR 95/10, VersR 2011, 672 Rn. 7, 11[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 17.06.2004; und vom 24.02.2011, jeweils aaO; vgl. ferner Unterrichtung der Bundesregierung zum Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen als Anlage zum Einigungsvertrag, BT-Drs. 11/7831 S. 4[↩]
- OLG Dresden, Urteil vom 18.10.2013 – 1 U 485/12[↩]
- BGH, Urteil vom 12.07.2012 – III ZR 104/11, VersR 2012, 1436 Rn. 17 ff[↩]
- BGH aaO Rn. 23[↩]
- BGH, Urteil vom 15.04.1994, aaO[↩]