Ansprüche des Schuldners auf eine höchstpersönliche Dienstleistung unterliegen nicht dem Insolvenzbeschlag, denn sie sind nicht übertragbar und deshalb auch nicht pfändbar.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall beauftragte der Kaufmann B. (fortan: Schuldner) den Beklagten im Januar 2008, ihn in einer wirtschaftlichen Krise zu beraten. Die Abrechnung sollte nach erbrachter Leistung erfolgen. Am 1.02.2008 leistete der Schuldner an den Beklagten einen Vorschuss. Mit Beschluss vom 04.02.2008 bestellte das Amtsgericht auf den Eigenantrag des Schuldners einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners nur noch mit dessen Zustimmung wirksam sind. Am 17.03.2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Auf die vom Insolvenzverwalter erhobene Stufenklage wurde der Beklagte verurteilt, über den erhaltenen Vorschuss abzurechnen. In Fortführung der vom Insolvenzverwalter erhobenen Stufenklage begehrt die Klägerin, an die der Insolvenzverwalter eventuelle Zahlungsansprüche gegen den Beklagten abgetreten hatte, vom Beklagten insoweit die Rückzahlung des Vorschusses, wie er erst in der Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch die Tätigkeit des Beklagten verbraucht worden ist. Der Bundesgerichtshof hat diese Klage abgewiesen:
Der Vertrag, durch den sich der Beklagte gegenüber dem Schuldner zur entgeltlichen wirtschaftlichen Beratung verpflichtete, ist rechtlich als Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter einzuordnen1. Gewährt der Dienstberechtigte in einem solchen Fall dem Berater einen Vorschuss auf künftige Vergütungsansprüche, kann er auf vertraglicher Grundlage oder in zumindest entsprechender Anwendung von § 667 BGB die Rückzahlung des Vorschusses verlangen, soweit sich der Berater die Vergütung nicht durch entsprechende Leistungen verdient hat2. Ein solcher Anspruch scheidet im noch anhängigen Umfang aus, weil der Beklagte Leistungen erbracht hat, die einen fälligen Vergütungsanspruch in entsprechender Höhe begründeten, und die Anrechnung des Vorschusses auf diesen Vergütungsanspruch trotz der während der Zeit der Leistungserbringung bestehenden Verfügungsbeschränkung des Schuldners (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO) wirksam war.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte während der Dauer der vorläufigen Insolvenzverwaltung gegenüber dem Schuldner Beratungsleistungen erbracht hat, die nach der getroffenen Vereinbarung mit einem Honorar in der geltend gemachten Höhe von 4.105,50 € zu vergüten waren.
Diese Honorarforderung war fällig und durchsetzbar. Ihr stand nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrags entgegen. Der Beklagte war durch die an den Schuldner erbrachte Leistung von seiner Leistungspflicht frei geworden, weil dieser trotz der Anordnung des Insolvenzgerichts, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO), für die Beratungsleistungen empfangszuständig geblieben war.
Verfügungsbeschränkungen im vorläufigen Insolvenzverfahren und ihre Rechtsfolgen (§ 24 Abs. 1, §§ 81, 82 InsO) erstrecken sich nur auf Gegenstände der (künftigen) Insolvenzmasse, nicht auf das beschlagsfreie Vermögen des Schuldners3. Nicht zur Insolvenzmasse gehören Forderungen, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO). Um eine solche unpfändbare Forderung handelte es sich bei dem Anspruch des Schuldners auf die Beratungsleistungen, denn dieser war nach gesetzlicher Regelung nicht übertragbar (§ 613 Satz 2 BGB) und deshalb nicht pfändbar (§ 851 Abs. 1, § 857 Abs. 1 und 3 ZPO4).
Die Übertragbarkeit des Anspruchs auf eine Dienstleistung ist nach § 613 Satz 2 BGB zwar nur „im Zweifel“ ausgeschlossen. Der Anspruch kann übertragbar sein, wenn dies vereinbart ist oder es sich aus den Umständen ergibt. Dies ist hier aber nicht der Fall. Der Dienstvertrag hatte die Beratung des Schuldners in der Krisensituation seines Unternehmens zum Gegenstand. Das schloss auch die Beratung des Schuldners in seinem Verhältnis zum Insolvenzgericht und zu einem vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalter ein. Mit diesem an die Vertragsparteien persönlich gebundenen Inhalt der Leistungspflicht des Beklagten war eine Übertragung des Leistungsanspruchs auf einen Dritten nicht zu vereinbaren.
Auch der Grundsatz des § 851 Abs. 1 ZPO, wonach nur übertragbare Forderungen pfändbar sind, kennt Ausnahmen, etwa wenn das Befriedigungsinteresse der Gläubiger im konkreten Fall die schutzwürdigen Belange des Schuldners überwiegt5. Auch ein solcher Ausnahmefall liegt aber wegen des besonderen Inhalts der dem Schuldner höchstpersönlich zu erbringenden Leistung nicht vor, zumal eine Pfändung des Anspruchs auf die Dienstleistung kaum geeignet gewesen wäre, die Befriedigungsaussichten der Gläubiger zu verbessern.
Der fällig und durchsetzbar entstandene Vergütungsanspruch des Beklagten wurde durch Anrechnung des gezahlten Vorschusses erfüllt, ohne dass es einer besonderen Aufrechnung bedurfte. Im entsprechenden Umfang verringerte sich der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung des nicht verbrauchten Teils des Vorschusses.
Die Ansicht, die Verrechnung sei gescheitert, weil sie auf der Grundlage einer Verrechnungsvereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Beklagten vorgenommen wurde, die eine Vorausverfügung darstelle und mit der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts am 4.02.2008 mangels Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO unwirksam geworden sei, trifft nicht zu.
Der Sachverhalt bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass der Schuldner bei der Leistung des Vorschusses im Voraus über seinen Anspruch auf Rückzahlung verfügte. Grundsätzlich kann eine Aufrechnung zwar auch durch einen Vertrag vollzogen werden, der dann Verfügungen über die aufgerechneten Forderungen enthält. Bezieht sich der Vertrag auf künftige Forderungen, ist die Verfügung aufschiebend bedingt6. Im Streitfall ist eine solche Gestaltung aber nicht gegeben. Nach dem Vortrag des ursprünglichen Klägers erbat der Beklagte mit Schreiben vom 01.02.2008 einen Vorschuss auf das zu erwartende Honorar mit der Maßgabe, dass die Abrechnung nach erbrachter Leistung erfolgen sollte. Der Schuldner kam dieser Bitte nach. Weitere Vereinbarungen wurden nicht getroffen. Leistet der Dienstberechtigte dem aus einem Dienstvertrag Verpflichteten einen Vorschuss, handelt es sich regelmäßig um eine vorweggenommene Tilgung des Vergütungsanspruchs, die ohne Aufrechnung oder sonstige Erklärung die Erfüllung des später entstehenden Lohnanspruchs bewirkt7.
So liegt der Fall auch hier. Mit seinem Vorschuss erfüllte der Schuldner den Vergütungsanspruch des Beklagten im Umfang der späteren Abrechnung. Die Verfügung, die in der Zahlung des Vorschusses lag, war mit der Übergabe des Vorschusses an den Beklagten abgeschlossen. Die damit einhergehende stillschweigend getroffene Absprache betreffend die spätere Abrechnung hatte einen ausschließlich schuldrechtlichen Charakter. Für die Annahme, es sei eine aufschiebend bedingte Aufrechnungsvereinbarung getroffen worden, ist daher kein Raum. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob eine vereinbarte Aufrechnung als Vorausverfügung unwirksam wäre, weil ein Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO angeordnet wurde, bevor die aufzurechnende Vergütungsforderung entstand.
Eine der angeordneten Verfügungsbeschränkung unterfallende und deshalb mangels Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters unwirksame Verfügung des Schuldners, die den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch begründen könnte, lässt sich auch sonst nicht feststellen. Der Abruf von weiteren Beratungsleistungen durch den Schuldner nach Anordnung der Verfügungsbeschränkung, der zu Vergütungsansprüchen des Beklagten und damit zur Verminderung des Anspruchs des Schuldners auf Rückzahlung des Vorschusses führte, stellte kein Verfügungsgeschäft dar, sondern allenfalls ein Verpflichtungsgeschäft. Verpflichtungsgeschäfte kann der Schuldner auch nach der Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts uneingeschränkt eingehen8.
Die Klage ist im noch anhängigen Umfang abzuweisen. Sie ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung begründet (§§ 129 ff, § 143 Abs. 1 InsO). Die Klägerin ist für einen solchen Anspruch nicht aktivlegitimiert, weil sich die mit dem Insolvenzverwalter am 8./9.07.2009 geschlossene Abtretungsvereinbarung nicht auf Ansprüche wegen Insolvenzanfechtung erstreckte. Nach dem Wortlaut der Erklärung trat der Insolvenzverwalter sämtliche Ansprüche des Schuldners gegen den Beklagten im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit für den Schuldner an die Klägerin ab, insbesondere den Anspruch auf ordnungsgemäße Abrechnung des Vorschusses sowie auf Zahlung des gemäß ordnungsgemäßer Abrechnung zur Rückzahlung anstehenden Betrages. Das Recht zur Insolvenzanfechtung steht allein dem Insolvenzverwalter zu, Ansprüche auf anfechtungsrechtliche Rückgewähr sind deshalb keine Ansprüche des Schuldners im Sinne der Abtretungsvereinbarung. Der Insolvenzverwalter hat im Übrigen im vorliegenden Rechtsstreit selbst vorgetragen, er habe die streitgegenständlichen Ansprüche auf Abrechnung und Rückzahlung des Überschusses abgetreten, Anfechtungsansprüche seien hingegen „mitnichten“ Gegenstand des Rechtsstreits. Gegen die Einbeziehung von Anfechtungsansprüchen in die Abtretungserklärung spricht ferner, dass die rechtliche Möglichkeit der Abtretung von Anfechtungsansprüchen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung erst später anerkannt wurde9. Es kommt deshalb weder darauf an, ob die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs gegeben waren, noch braucht die im Urteil vom 17.02.201110 offen gelassene Frage entschieden zu werden, ob der Zessionar einen abgetretenen Anfechtungsanspruch auch dann noch weiterverfolgen kann, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Februar 2013 – IX ZR 69/12
- vgl. BGH, Urteil vom 26.01.1994 – VIII ZR 39/93, WM 1994, 501, 502[↩]
- BGH, Urteil vom 03.02.1988 – IVa ZR 196/86, WM 1988, 763, 764; zum Vorschuss beim Rechtsanwaltsmandat Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 20. Aufl., § 9 Rn. 22[↩]
- HK-InsO/Kayser, 6. Aufl., § 82 Rn. 7; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 82 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, 2. Aufl., § 82 Rn. 4; Jaeger/Windel, InsO, § 82 Rn. 6[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2003 – IX ZR 336/01, WM 2004, 540, 541[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.03.1999 – IX ZR 223/97, BGHZ 141, 173; Beschluss vom 17.02.2005 – IX ZB 62/04, BGHZ 162, 187, 191 f mwN[↩]
- Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 387 Rn.19 ff[↩]
- MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 18; Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Aufl., § 614 Rn. 3; BAGE 103, 1, 6[↩]
- BGH, Urteil vom 10.12.2009 – IX ZR 1/09, WM 2010, 222 Rn. 26[↩]
- BGH, Urteil vom 17.02.2011 – IX ZR 91/10, WM 2011, 1080[↩]
- BGH, Urteil vom 17.02.2011 – aaO Rn. 12 f[↩]