Rechtsgrundlose Zahlungen auf das Teuhandkonto eines vorläufigen Insolvenzverwalters

Bereicherungsansprüche wegen rechtsgrundloser Zahlungen auf das Vollrechtstreuhandkonto eines vorläufigen Insolvenzverwalters richten sich gegen den vorläufigen Verwalter persönlich und nicht gegen den Schuldner.

Rechtsgrundlose Zahlungen auf das Teuhandkonto eines vorläufigen Insolvenzverwalters

Im vorliegend vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war das Konto, auf das die Auszahlungen erfolgten, ein auf den Namen des Beklagten lautendes Treuhandkonto. Ob es sich dabei um ein Anderkonto im eigentlichen Sinne handelte, das Angehörigen bestimmter Berufsgruppen vorbehalten ist und besonderen Bedingungen unterliegt1, kann dahinstehen. Entscheidend ist, dass es sich um ein offenes Treuhandkonto handelte, aus dem allein der Beklagte persönlich gegenüber der kontoführenden Bank berechtigt und verpflichtet war, mithin um ein Vollrechts- und nicht lediglich um ein Ermächtigungstreuhandkonto.Als bloß mitbestimmender vorläufiger Insolvenzverwalter, dem die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht übertragen war, hatte der Beklagte gar nicht die Rechtsmacht, ein Konto zu eröffnen, aus dem die Schuldnerin berechtigt und verpflichtet wurde.

Geld, das Drittschuldner auf ein solches Vollrechtstreuhandkonto einzahlen, fällt nicht in das Vermögen des späteren Insolvenzschuldners und nach Insolvenzeröffnung auch nicht in die Insolvenzmasse. Durch die Überweisungen der beiden Banken an den Beklagten hat die Schuldnerin deshalb nichts erlangt, was nach Bereicherungsrecht herauszugeben wäre2. Die Klägerin kann deshalb hinsichtlich ihres Rückforderungsanspruchs aus abgetretenem Recht der beiden Banken nicht auf das Insolvenzverfahren verwiesen werden.

Das Leistungsverhältnis, in dem eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu erfolgen hat, ist in diesem Fall das Verhältnis zwischen der überweisenden Bank und dem vorläufigen Insolvenzverwalter als Inhaber des Treuhandkontos3. Die Zahlung auf ein Treuhandkonto, dessen Rechtsinhaber der Treuhänder ist, stellt eine Vermögensverschiebung an den Treuhänder und nicht an den Treugeber dar. Der Bereicherungsanspruch des Leistenden bei rechtsgrundloser Zahlung entsteht daher gegen den Treuhänder und nicht gegen den Treugeber4. Der Umstand, dass die Banken durch die Überweisungen einen Auszahlungsanspruch der Schuldnerin erfüllen und letztlich deren Vermögen mehren wollten, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn aufgrund der dem Beklagten vom Insolvenzgericht erteilten Ermächtigung, Forderungen der Schuldnerin einzuziehen, konnten die Banken durch die Zahlung an den Beklagten ihre vermeintliche Verbindlichkeit gegenüber der Schuldnerin erfüllen. Sie zahlten an den vorläufigen Verwalter statt an die Schuldnerin.

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Die vom Oberlandesgericht Bamberg5 herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Bank des Schuldners, die auf der Grundlage einer rechtsgrundlosen Gutschrift eine Auszahlung an den vorläufigen Insolvenzverwalter vornimmt, ihren Bereicherungsanspruch im Insolvenzverfahren geltend machen muss6, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Es handelt sich um eine allgemeine, von den dort entschiedenen Sachverhalten gelöste Aussage, die nicht auf den besonderen Fall einer Zahlung auf ein Vollrechtstreuhandkonto des vorläufigen Insolvenzverwalters bezogen ist.

Den beiden klagenden Banken stehen damit Ansprüche gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter auf Herausgabe der Bereicherung zu, die dieser durch die Überweisungen der Banken auf sein Treuhandkonto nach der Rückbuchung der entsprechenden Lastschrifteinzüge erlangt hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 398 BGB).

Die Überweisungen, die – wie ausgeführt – als Leistungen der beiden Banken an den vorläufigen Insolvenzverwalter zu beurteilen sind, erfolgten ohne rechtlichen Grund. Ein auszahlungsfähiges Guthaben der Schuldnerin war nicht mehr vorhanden, weil sie darüber zuvor wirksam im Wege von Lastschrifteinzügen verfügt hat

Im Zuge der Erledigung der von den Banken im Einzugsermächtigungsverfahren eingereichten Lastschriften hatten die beiden Banken zunächst entsprechende Belastungsbuchungen auf den Konten der Schuldnerin vorgenommen. Diese Buchungen waren von Anfang an wirksam, weil die Lastschrifteinzüge von der Schuldnerin selbst veranlasst waren und zugunsten eines Kontos der Schuldnerin erfolgten. Bei Personenidentität zwischen Zahlungspflichtigem und Zahlungsempfänger greift die Zahlstelle aufgrund eines von dem Zahlungspflichtigen an die erste Inkassostelle erteilten Auftrags und damit berechtigt auf dessen Konto zu. Ein solcher vom Kontoinhaber ausgelöster Zahlungsvorgang erfolgt mit dessen Einwilligung und ist deswegen von vornherein wirksam. Die Schuldnerbank erwirbt in diesem Fall bereits mit der Ausführung der Lastschrift einen Aufwendungsersatzanspruch in Höhe des Lastschriftbetrages, ohne dass es auf eine Genehmigung der Lastschrift ankäme7. Indem die Banken der Schuldnerin nach dem vom Beklagten erklärten Widerruf die Lastschriftbeträge dem Konto der Schuldnerin wieder gutschrieben, wollten sie ihrer girovertraglichen Pflicht zur Kontoberichtigung nachkommen, die aber tatsächlich nicht bestand. Die Rückbuchung begründete unter diesen Umständen keine Forderung der Schuldnerin gegen ihre Banken, sondern lediglich eine Buchposition8. Konnte aber die Schuldnerin die Auszahlung des ausgewiesenen Guthabens nicht beanspruchen, fehlte den gleichwohl vorgenommenen Überweisungen der rechtliche Grund.

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Der vorläufige Insolvenzverwalter hat deshalb den auf Kosten der beiden Schuldnerbanken erlangten, auf die Rückbuchungen der Lastschriften zurückgehenden Betrag in der geltend gemachten Höhe von 124.648 € herauszugeben.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. März 2015 – IX ZR 302/13

  1. vgl. Hadding/Häuser in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Aufl., § 38 Rn. 1 ff; Kuder, ZInsO 2009, 584, 585[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 18.12 2008 – IX ZR 192/07, WM 2009, 562 Rn. 10; vom 12.05.2011 – IX ZR 133/10, WM 2011, 1178 Rn. 9 f[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2007 – IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 10; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.05.2013 – 15 U 78/12, nv[]
  4. BGH, Urteil vom 27.04.1961 – VII ZR 4/60, WM 1961, 651 f; MünchKomm-BGB/Schwab, 6. Aufl., § 812 Rn. 153; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 812 Rn. 55[]
  5. OLG Bamberg, Urteil vom 05.06.2013 – 8 U 170/12[]
  6. BGH, Urteil vom 01.03.2011 – XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn.19; vom 27.09.2011 – XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 21[]
  7. BGH, Urteil vom 10.05.2011 – XI ZR 391/09, WM 2011, 1471 Rn. 14 mwN[]
  8. vgl. BGH, Urteil vom 29.01.2015 – IX ZR 258/12, WM 2015, 385 Rn. 14 mwN[]