Das im maßgeblichen Zeitpunkt vorhandene Wissen der Finanzbehörde wird einer anderen Behörde desselben Rechtsträgers auch dann zugerechnet, wenn diese die Informationen erst im Laufe des Rechtsstreits zum Zwecke der Aufrechnung einholt.

Die vom Bundesgerichtshof angenommene aufgabenbezogene Handlungs- und Informationseinheit1 entsteht ab dem Zeitpunkt, ab dem eine Behörde von der Möglichkeit der Wissensbeschaffung bei anderen Behörden desselben Rechtsträgers Gebrauch macht. In diesem Fall hat sie sich das gesamte rechtserhebliche Wissen der einbezogenen Behörden hinsichtlich des abgewickelten Vorgangs zurechnen zu lassen, mithin auch das Wissen um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zum Zeitpunkt des § 140 InsO.
Ab dem Zeitpunkt der Wissensbeschaffung ist auf das zuzurechnende Gesamtwissen der beteiligten Behörden abzustellen2.
Es genügt für die Wissenszurechnung, dass die Möglichkeit bestand, die Informationen im maßgeblichen Zeitpunkt innerhalb der Organisation zusammenzuführen. Die Wissenszurechnung findet deshalb auch statt, wenn die zuständige Behörde erst zu einem späteren Zeitpunkt – vorliegend erst im Prozess über die eingeklagte Bauforderung – prüft, ob sie mit rückständigen Steuerforderungen aufrechnen kann.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. Juni 2014 – IX ZR 200/12