Kauf eines Gemeindegrundstücks – unter der aufschiebenden Bedingung eines Bebauungsplans

Ein Kaufvertrag, mit dem eine Gemeinde ein Grundstück unter der aufschiebenden Bedingung verkauft, dass ein Bebauungsplan mit einem bestimmten Inhalt zustande kommt, verstößt nicht gegen das Koppelungsverbot des § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Der Käufer kann sich von einem in dieser Weise aufschiebend bedingten Vertrag lösen, wenn ihm ein Zuwarten auf das Gelingen der Bauleitplanung unzumutbar geworden ist.

Kauf eines Gemeindegrundstücks – unter der aufschiebenden Bedingung eines Bebauungsplans

Ein solcher Grundstückskaufvertrag ist nicht nach § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Satz 2, Abs. 8 BauGB nichtig.

Im Ausgangspunkt entbehren zwar vertragliche Zusagen einer Gemeinde, einen inhaltlich näher bestimmten Bebauungsplan innerhalb bestimmter Zeit aufzustellen oder zumindest die Aufstellung in Übereinstimmung mit dem Vertragspartner zu fördern, gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB der Wirksamkeit1. Aufgrund von § 1 Abs. 8 BauGB gilt dasselbe für vertragliche Verpflichtungen zur Abänderung eines Bebauungsplans. Entgegen der von der Käuferin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof geäußerten Ansicht enthält § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB kein Verbot, das sich nur an die betroffene Gemeinde wendet und deshalb nicht zur Unwirksamkeit von Vereinbarungen führte, die auf die Verkürzung der Bauleitplanung zielen. Die nach Maßgabe von § 1 Abs. 5 bis 7 BauGB vorzunehmende Abwägung setzt eine Auseinandersetzung mit den in § 1 Abs. 6 BauGB beschriebenen Belangen voraus, die grundsätzlich ungebunden und umfassend sein soll. Ein der Einleitung des Planungsverfahrens vorgegebener, mehr oder weniger festgelegter und in dieser Festlegung von einem Begünstigten erzwingbarer Planinhalt würde sich innerhalb des Planungsverfahrens nahezu notwendig als eine zu missbilligende und daher zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führende Verkürzung der gebotenen Abwägung darstellen2. Eine Verpflichtung zur Verkürzung dieser Abwägung widerspricht dem zentralen Anliegen der Allgemeinheit und ist nicht nur der Gemeinde verboten, sondern auch dem Bürger oder Unternehmen, das die Gemeinde mit diesem Ziel in die Pflicht nehmen will.

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Nichtig sind indessen nur Vereinbarungen der Gemeinden mit Bürgern oder Unternehmern, die in der beschriebenen Weise auf eine Verkürzung des bei der Bauleitplanung vorzunehmenden Planabwägungsvorgangs zielen. Eine solche Auswirkung hat eine privatrechtliche Vereinbarung selbst dann grundsätzlich nicht, wenn sie für den Fall des Ausbleibens des Bauleitplans oder der Verwirklichung eines von den Vorstellungen der Parteien abweichenden Planinhalts die Gemeinde mit einer Schadens- oder Aufwendungsersatzverpflichtung belastet. Solche privatrechtlichen Vereinbarungen sind im Interesse des redlichen Grundstücksverkehrs und der Förderung der für die bauliche Entwicklung der Gemeinden notwendigen Privatinitiative der Grundeigentümer grundsätzlich nicht zu missbilligen3. Der von Vereinbarungen solcher Art ausgehende „indirekte Zwang“ zu einer den Wünschen der Vertragspartner entsprechenden Bauleitplanung kann den Wirkungen einer öffentlichrechtlichen Zusage bestimmter Planungsakte nicht gleichgesetzt werden, weil er der Einhaltung der zu beachtenden Bindungen rechtlich nicht im Wege steht4. Eine Gemeinde darf deshalb eigene Grundstücke zu einem durch die sich abzeichnende Bauleitplanung gerechtfertigten (höheren) Preis verkaufen und die Folgen einer Enttäuschung dieser Erwartung regeln. Es kommt deshalb im vorliegenden Fall darauf an, ob sich die Parteien mit dem Kaufvertrag in diesem Gestaltungsrahmen gehalten haben.

Das war für den Bundesgerichtshof im hier entschiedenen Rechtsstreit der Fall.

Auszugehen ist davon, dass die Parteien im Zweifel dasjenige wollen, was gesetzeskonform und nach den Maßstäben der Rechtsordnung zu einer vernünftig und sachgerechten Regelung führt5. Sind im Zusammenhang mit dem Verkauf eines gemeindeeigenen Grundstücks, das erst durch die Planung bebaubar werden soll, privatrechtliche Vereinbarungen nur in einem bestimmten Gestaltungsrahmen zulässig, ist anzunehmen, dass die Parteien eine Vereinbarung treffen wollen, die sich im Rahmen des danach Zulässigen bewegt. So liegt es auch hier.

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Die Parteien haben vorliegend in ihrem Kaufvertrag nicht geregelt, dass das verkaufte Grundstück in einer bestimmten Weise bebaubar sein soll. Die Gemeinde wollte, wie der umfassende Ausschluss der Sachmängelhaftung im Vertrag zeigt, eine solche Beschaffenheit nicht versprechen und eine Haftung dafür auch nicht übernehmen. Das wäre ihr nicht gelungen, wenn die Bebaubarkeit als Beschaffenheit vereinbart worden wäre. Denn dann erfasste der Haftungsausschluss diese Beschaffenheit gerade nicht6. Schon das schließt es aus, in der Verpflichtung, die Bebaubarkeit herzustellen, die Übernahme einer entsprechenden Leistungspflicht zu sehen. Dagegen spricht gerade auch die von dem Oberlandesgericht Oldenburg7 in der Vorinstanz für seine gegenteilige Auffassung angeführte Verknüpfung dieser Verpflichtung mit der Fälligkeitsregelung. Die von der Beklagten im Vertrag übernommene Bauverpflichtung haben die Parteien zwar als echte Leistungsverpflichtung ausgestaltet und nicht besonders sanktioniert mit der Folge, dass die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zur Anwendung kommen. Als Folge des Ausbleibens der in Aussicht genommenen Änderung des Bebauungsplans haben die Parteien aber nur eine Regelung hinsichtlich der Fälligkeit des Kaufpreises getroffen. Nach den Bestimmungen des Kaufvertrages ist der Kaufpreis erst zur Zahlung fällig, wenn der Notar u.a. mitteilt, dass die im Vertrag aufgeführten Voraussetzungen gegeben sind. Weitere Sanktionen für die Verletzung der Verpflichtung der Gemeinde sind nicht vorgesehen. Das Ausbleiben der Planung soll also folgenlos bleiben. Seine einzige Folge ist, dass die Käuferin die Grundstücke dann nicht abnehmen und bezahlen muss.

Dem Bemühen der Parteien, den Spielraum für zulässige privatrechtliche Vereinbarungen einzuhalten, entspricht es, in der dargestellten Verknüpfung der Verpflichtung zur Planänderung mit der Fälligkeit eine aufschiebende Bedingung des Kaufvertrages zu sehen. Die Parteien wollten eine Leistungspflicht vermeiden. Dem würde eine Auslegung als bloße Fälligkeitsregelung nicht gerecht, weil die „Verpflichtung“ zur Planänderung dann als Leistungspflicht zu verstehen wäre, die eben nur nicht fällig würde. Die Käuferin sollte die Grundstücke zu dem der erwarteten Planung entsprechenden Preis nur für den Fall erwerben, dass es der Gemeinde gelingt, eine den zugrunde gelegten Vorstellungen entsprechende Änderung der bestehenden Bauleitplanung herbeizuführen. Die Zahlungsverpflichtung der Käuferin sollte bei einem Scheitern der Bemühungen nicht nur nicht fällig sein, sondern gar nicht erst entstehen. Die Parteien wollten der Käuferin keinen einklagbaren Anspruch der Käuferin auf Änderung des Bebauungsplans verschaffen. Damit haben sie den Kaufvertrag unter die aufschiebende Bedingung gestellt, dass der Gemeinde eine entsprechende Änderung des Plans gelingt. Die Gemeinde hat es lediglich übernommen, die Bebaubarkeit des Grundstücks zu fördern. Ihre „Verpflichtung“, diese Änderung herbeizuführen, ist deshalb keine Leistungspflicht mit einem korrespondierenden Leistungsanspruch der Käuferin, sondern eine Ausformung der Treuepflicht der Parteien eines schwebend unwirksamen Vertrags. Sie sind gehalten, sich um den Eintritt der Bedingung zu bemühen8.

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Die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung stellt kein unzulässiges, mit der Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB verbundenes Umgehungsgeschäft dar9. Ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Risikoübernahme der Gemeinde zulässig, die Zahlungsansprüche zugunsten des Käufers auslösen kann, muss dies erst recht gelten für eine Vereinbarung, nach der ein Kaufvertrag über ein gemeindeeigenes Grundstück nicht zustande kommt, wenn die Bebaubarkeit nicht erreicht wird.

Rücktritt der Käuferin

Der Zahlungsanspruch der Gemeinde scheitert im hier entschiedenen Fall auch an dem Rücktritt der Käuferin. Durch einen wirksamen Rücktritt wäre der Kaufvertrag zwar in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden und die Leistungspflicht der Käuferin nach § 346 Abs. 1, § 323 Abs. 1 BGB entfallen. Der Rücktritt ging hier aber ins Leere, da mangels Eintritts der aufschiebenden Bedingung in Gestalt der Änderung des Bebauungsplans der Vertrag noch nicht wirksam geworden war.

Dem Zahlungsanspruch steht nach den getroffenen Feststellungen eine wirksame Lösung der Käuferin von dem Vertrag nach § 242 BGB nicht entgegen. Eine solche Lösung ist aber auch nicht auszuschließen.

Die Parteien eines schwebend unwirksamen Vertrags sind, wie bereits ausgeführt, grundsätzlich verpflichtet, sich um das Wirksamwerden des Vertrags zu bemühen. Dabei kann es zu einer längeren Schwebezeit vor allem dann kommen, wenn der Eintritt der Bedingung allein von dem Verhalten einer Partei abhängt. Eine zeitlich grenzenlose Bindung der anderen Vertragspartei wäre mit dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht vereinbar. Deshalb ist in einem solchen Fall der anderen Partei das Recht zuzugestehen, sich im Falle der Unzumutbarkeit eines weiteren Abwartens von dem Vertrag loszusagen. Eine entsprechende Möglichkeit hat der Bundesgerichtshof für die Fälle schwebender Unwirksamkeit von Verträgen aufgrund noch nicht erteilter behördlicher Genehmigungen bejaht10. Diese Grundsätze gelten auch hier.

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Die Käuferin kann sich hiernach von dem Kaufvertrag lösen, wenn ihr ein weiteres Zuwarten auf die Herstellung der Bebaubarkeit des Grundstücks durch die Gemeinde nach Abwägung der Interessen und Umstände des Einzelfalles unzumutbar geworden wäre. Maßgeblich sind insoweit nicht nur die verstrichene Zeitdauer, sondern insbesondere die Hintergründe für die eingetretene Verzögerung in der Bauplanung. Die bisherigen Feststellungen rechtfertigen die Annahme nicht, ein weiteres Festhalten an dem Vertrag sei der Beklagten unzumutbar gewesen. Festgestellt ist bislang nämlich nur, dass die Parteien bis Juni 2011 verhandelt haben, dass die Gemeinde mit Schreiben vom 02.08.2011 der Käuferin einen Entwurf der textlichen Festsetzungen für die Änderungen des Bebauungsplans zugesandt hat, in dem sie die Grundflächenzahl auf 0, 8 festgesetzt hat, und dass die Käuferin mit Schreiben vom 30.01.2012 der Gemeinde eine kurze Frist zur Änderung des Bebauungsplans gesetzt hat.

Es lässt sich allerdings nicht ausschließen, dass die seit dem Abschluss des Vertrags verstrichene Zeit und das Verhalten der Gemeinde der Beklagten ein weiteres Festhalten an dem Vertrag unzumutbar gemacht hat. Dazu fehlen aber Feststellungen.

Dem Zahlungsanspruch der Gemeinde steht schließlich auch kein Freistellungsanspruch der Käuferin wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten (culpa in contrahendo) nach § 249, § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, und § 241 Abs. 2 BGB entgegen. Ein solcher Anspruch kommt nur bei einem Verhalten der Gemeinde in Betracht, das der Käuferin ein weiteres Festhalten an dem Vertrag unzumutbar macht. Ersatzfähig wäre auch nur ein Schaden, der der Beklagten dadurch entstanden ist, dass sie auf die Wirksamkeit des Vertrags vertraut hat. Dafür ist hier nichts ersichtlich.

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Es wird daher nunmehr festzustellen sein, ob der Käuferin unter Würdigung des Verlaufs der Vertragsdurchführung und des Verhaltens der Parteien ein weiteres Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zuzumuten war. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Rücktrittserklärung, die gegebenenfalls als Lösung von dem Vertrag auszulegen wäre.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 2. Oktober 2015 – V ZR 307/13

  1. vgl. BGH, Urteil vom 11.05.1989 – III ZR 88/87, NJW 1990, 245; Urteil vom 22.11.1979 – III ZR 186/77, BGHZ 76, 16, 22; Urteil vom 08.06.1978 – III ZR 48/76, BGHZ 71, 386, 390; BVerwG, NVwZ 2006, 458; NVwZ 2006, 336 f.; NJW 1980, 2538, 2539; Ernst/Zinkhahn/Söfker, BauGB [2015], § 1 Rn. 42 f.; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 1 Rn. 31; Spannowsky/Uechtritz/Dirnberger, BauGB, 2. Aufl., § 1 Rn. 57; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29.10.2009 – V ZR 54/09, NJW 2010, 297[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 28.05.1976 – III ZR 137/74, BGHZ 66, 322, 325; Urteil vom 11.11.1976 – III ZR 114/75, BGHZ 67, 320, 325; Urteil vom 08.06.1978 – III ZR 48/76, BGHZ 71, 386, 389 f.; Urteil vom 22.11.1979 – III ZR 186/77, BGHZ 76, 16, 26; BVerwGE 45, 309, 315[]
  3. BGH, Urteil vom 22.11.1979 – III ZR 186/77, BGHZ 76, 16, 27; Urteil vom 08.06.1978 – III ZR 48/76, BGHZ 71, 386, 390; vgl. auch BVerwGE 45, 309, 317; Ernst/Zinkhahn/Söfker, BauGB [2015], § 1 Rn. 42 f.; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 1 Rn. 31; Spannowsky/Uechtritz/Dirnberger, BauGB, 2. Aufl., § 1 Rn. 57[]
  4. BGH, Urteil vom 22.11.1979 – III ZR 186/77, BGHZ 76, 16, 26 f.[]
  5. BGH, Urteil vom 23.01.1997 – IX ZR 69/96, BGHZ 134, 325 Rn.20 mwN; BGH, Urteil vom 14.03.2003 – V ZR 278/01, NJW-RR 2003, 1136 Rn. 10; MünchKomm-BGB/Busche, 7. Aufl., § 133 Rn. 63; Palandt/Ellenberger, 74. Aufl., § 133 Rn. 26[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31[]
  7. OLG Oldenburg, Urtiel vom 22.11.2013 – 6 U 89/13[]
  8. BGH, Urteil vom 10.07.1998 – V ZR 76/97, VIZ 1998, 577 und Urteil vom 25.06.1976 – V ZR 121/73, BGHZ 67, 34, 35[]
  9. vgl. hierzu Staudinger/Sack/Seibl, BGB [2011], § 134 Rn. 144 ff.[]
  10. vgl. BGH, Urteil vom 10.07.1998 – V ZR 76/97, VIZ 1998, 577, 578; Urteil vom 14.03.1980 – V ZR 115/78, BGHZ 76, 242, 248[]
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